Deutschboden
sagte Raoul, »Maria aus der Heimat. Die kriegt die Zähne nicht auseinander. Ein Kumpel von mir ist mit ihr mal ausgegangen. Muss ein zäher Abend gewesen sein.«
Wir blieben vor Franky’s Place, schräg gegenüber vom Friseursalon »Kamm Inn« und dem Pizza-Service »Pico Bello«, stehen. Ich zeigte auf die Auslagen des Pizza-Service: Geht ihr da manchmal hin?
Rampa: »Das ist der verbotene Laden.«
Raoul: »Da kocht ein Albaner, kein Italiener.« Rampa: »Wir gehen da seit der WM 2006 nicht mehr hin. Warum gehen wir da nicht mehr hin? Weil die Italiener Heulsusen und scheiß Petzen sind, die sich durchgefummelt und durchgemogelt haben. Genau genommen: Weil die Italiener die Frechheit besaßen, Weltmeister zu werden.«
Gute Sache. Die Jungs verweigerten einem albanischen Pizza-Service den Besuch, weil Italien Deutschland bei der WM geschlagen hatte: Gegen halb eins früh auf der Hauptstraße von Hardrockhausen klang das logisch.
Da schoss der schwarze Junge, den ich vor Tagen auf der Hauptstraße gesehen hatte, auf seinem Fahrrad an uns vorbei: Brasil-T-Shirt, kurze Hose, dünne Beine. Er sah uns extra nicht an. Weder Raoul noch Rampa grüßten. Ich ergriff die Gelegenheit, zu fragen, wer der Junge mit dem Brasil-T-Shirt war, den ich schon zweimal gesehen hatte. Rampa: »Liebes bisschen …«
Raoul: »Das ist Speedy. Ein Schwatter, ein kleiner Spinner. Wir haben ja nur drei Neger in Oberhavel, deshalb kennt man die. Das sind der Quotenneger, David Carl und Speedy. David Carl hängt mit Crooner seinem kleinen Bruder ab, der ist okay. Den kannst du auch mal Nigger nennen oder einen dummen Spruch machen. Wenn er ankommt, sagst du: Kiek mal, da kommt Farbe ins Spiel. Weeßte, sone Scheißsprüche. Kein Problem.«
Rampa: »Also, um Speedy, die Wüstenspringmaus, da brauchst du dir wirklich keinen Kopf zu machen. Verlorene Zeit.«
Raoul: »Der ist eine kleine Nummer. Fährt für Franky’s Flyer aus.«
Franky’s Place sah schon von außen wie ein wirklich übler Laden aus. Einbecker Pilsener. Vorhänge aus rosaweiß gestreiftem Tüll. Qualm hinter den Scheiben. Zwei Tische vor der Tür. Die Unscheinbarkeit des Ladens wirkte gefährlich.
Franky’s?
Rampa: »Das ist der Laden zum Abkacken.«
Raoul: »Eine qualmige Kaschemme.«
Rampa: »Eine qualmige Lasterhöhle.«
Raoul: »Früher war’s ein italienisches Lokal, sogar mit Italienern in der Küche. Mittlerweile sind da die Kurden drin. Der Besitzer heißt Franky, sein Kollege Dino. Beide nette Kerle. Wenn Dino kocht, dann schmeckt es gut. Wenn Franky kocht, dann ist es nicht so heiß.«
Rampa: »Wenn einer einen Cheeseburger bestellt, dann riecht der ganze Laden nach Fett.« Raoul: »Franky’s ist der Afterhour-Laden. Wenn nichts mehr geht. Wenn alles zu hat. Wenn man eh schon blau ist. Schön ist anders. Aber wenn man Durst hat, geht man da hin.« Rampa zog die Tür des Abkack-Ladens auf und machte die Winkbewegungen des Animateurs, der die Laufkundschaft von der Straße holte: »Nun ma’ rin in die jute Stube.«
Man bekam kaum Luft. Lila Teppichboden. Brandflecken und sonstige Flecken auf dem Teppich. Sperrholz-Tische. Metallstühle. Fahles Licht. Das nannte man eine ungünstige Beleuchtung. Alle Fenster waren geschlossen. Wir gingen ganz nach hinten ins Lokal, wo es keine Fenster gab, das Licht noch schwächer und die Luft noch dicker war.
Whisky Cola. Zwei Mal. Dazu drei große Biere. Das kleine Bier kostete 1,20 Euro, das große Bier, einen halben Liter groß, 1,80 Euro.
Man hatte uns hinterhergesehen. Im Vorbeigehen hatte Rampa zu einem Typen, der eine Brille trug und eine Hand nach Rampa ausgestreckt hatte, gesagt: »Halt dein Maul,sonst drücke ich dir einen Finger durch deine Scheiben. Du Idiot.« Nun stand der Idiot, der vollkommen dicht schien, gut zehn Meter entfernt von unserem Tisch bei einem Kollegen und deutete zu uns hinüber.
Ich sprach Rampa auf den Typen an. Ein Feind?
Rampa: »Ach Quatsch.«
Raoul: »Das ist Manni. Einfach nur ein Vollidiot. Asozialer. Allzeit-Arbeitsloser. Besoffener Kunde. Aber eigentlich auch ein ganz Netter.«
Rampa: »Der geht mir aber so was von auf die Eier.«
Raoul: »Hier musst du sofort für klare Verhältnisse sorgen. Am besten gleich, wenn du reinkommst, den Leuten das Maul verbieten. Sonst knallt’s.«
Rampa: »Die Standardbegrüßung hier heißt: Halt’s Maul.«
Raoul: »Mit bestimmten Typen brauchst du gar nicht zu quatschen.«
Rampa sagte die zwei Standardsätze auf,
Weitere Kostenlose Bücher