Deutsche Geschichte Von 1815-1870
erscheinen ließen. Nur muß man nicht vergessen, daß er sowohl, wie die Andern, an einer freien Entwicklung seines Talentes, an einem Ausleben seiner selbst, gehindert war. Mundt schrieb auch Kritisches wie Aesthetisches und starb schon bereits um das Jahr 1861; seine nun auch verstorbene Gattin war die bekannte, vielgefeierte und vielgeschmähte
Louise Mühlbach
, die ihre Geschichtsromane wie einen Strickstrumpf behandelte, und von der man nur tief beklagen muß, daß sie ihr bedeutendes Talent nicht mehr vertieft und durch sittlichen Ernst und Studium geläutert hat.
Von milderem Sinn und Geist war der Dritte im Bunde,
Gustav Kühne
, dessen Schwerpunkt auch hauptsächlich auf seiner langjährigen journalistischen Thätigkeit, weniger auf seinen poetischen Produktionen beruht. Zwanzig Jahre lang redigirte er die Zeitung für die elegante Welt, später übernahm er die »Europa«, die er gleichfalls lange Zeit leitete, und dergestalt mehr ästhetisch und kritisch thätig, vergleicht sich sein Leben nicht an Unruhe und Kampf mit den zwei noch zu nennenden Genossen. Kühne lebt noch in der Nähe von Dresden, auf seinem Gute bei Loschwitz. –
Gutzkow
zunächst an dichterischer Kraft steht
Heinrich Laube
, doch weniger an Gesinnungstüchtigkeit, denn diese wollte man manchmal an ihm vermissen. In hohem Grade eitel und sich selbst überschätzend, liebte es Laube bald mehr den vornehmen Herrn zu spielen und vornehm zu thun, als die Vornehmen noch ferner anzugreifen. Am meisten Aufsehen erregten seine Reisenovellen, die er nach dem Vorbild Heine's verfaßte, die Zustände des Tages geißelnd, und von denen er im letzten Bande selbst sagte, er habe sie nur geschrieben, um bei dem Publikum Posto zu fassen und darum auch dessem Geschmack gehuldigt, sie aber nicht so geschrieben, wie er schreiben möchte und könnte.
Eine Reihe von Romanen, die er später herausgab, gehören den besten Produktionen dieser Gattung aus jener Zeit an, und später, wiederum in Gutzkow's Fußtapfen tretend, widmete er sich mit großem Erfolg dem Drama; ich nenne hier als besonders hervorragend seine Karlsschüler und Graf Essex. Ein großes, unschätzbares Verdienst aber erwarb sich der geistvolle und durch und durch gebildete Mann um die Hebung und Leitung der deutschen Bühne, indem er an verschiedenen großen und einflußreichen Theatern wirkte und hoffentlich noch lange wirken wird.
So kommen wir denn zu dem Bedeutendsten des jungen Deutschland, zu
Karl Gutzkow
, der in Berlin um 1811 als der Sohn eines kleinen Bürgers geboren wurde. Aus dem Volk hervorgegangen, war er doch von Allen mit dem größten, dem vielseitigsten Talente, dem ächtesten Dichtergemüthe begabt und so blieb er auch zeitlebens der Sache des Volkes am treuesten ergeben. Auf allen Gebieten der schönen Literatur hat er unerschüttert stets für das eine Ziel,
ein verjüngtes Deutschland
, gefochten, und damit in alle Schichten der Gesellschaft zündende Funken geworfen. Man darf wohl sagen, daß so unermüdlich wie er kaum ein Anderer ein ganzes Leben lang stets auf der Bresche gestanden, und mit immer gleicher Gesinnung für den Fortschritt, die geistige Entwicklung, die nationale Größe seines Vaterlandes fortgestritten hat, und riesig wie der Fleiß und die Schöpferkraft des Mannes, war die Gewandtheit des Jünglings im Auffinden von Formen und Stoffen, in die er die modernen Gedanken, die Wünsche der Gegenwart einhüllen konnte. Frühe schon verließ Gutzkow das Studium der Theologie, und mit 21 Jahren war der Name des kühnen, jugendlichen Fechters bereits in ganz Deutschland bekannt. Rasch folgten seine Schriften aufeinander: Briefe eines Narren an eine Närrin, Maha Guru, das Leben eines Gottes, Nero, ein Lesedrama, Wally oder die Zweiflerin und Andere. In Allen kämpfte er entweder gegen die bestehenden Zustände, oder gegen die philosophischen und theologischen Auffassungen seiner Gegenwart an. In
Maha-Guru
führt er uns nach dem entlegenen Tibet, wo der zum Gott erhobene Mensch als Dalai-Lama verehrt, sich verzehrt im Bewußtsein seiner Ungöttlichkeit, und so dem Dichter den Anlaß giebt, die Macht der Hierarchie und die Niedrigkeit des Beamten- und Mandarinenthum's weidlich zu verhöhnen. – In seinem
Nero
versuchte er den König Ludwig von Bayern, mit seinem Gemisch von künstlerischem Streben und tyrannischen Gelüsten, zu kennzeichnen und in
Wally
, die Zweiflerin, griff er schonungslos den Offenbarungsglauben an. Diese letzte Schrift brachte ihn
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