Deutsche Geschichte Von 1815-1870
einer wirklich festen Verbindung zwischen ihnen, mit gegenseitig vereinbarten Principien. Diese Fünf schwammen nur unter dem Einfluß ihrer Zeit einen Augenblick auf der gleichen Welle, um sich dann schon im nächsten Augenblick wieder nach den verschiedensten Richtungen hin zu zerstreuen.
Ludolph Wienbarg
hatte den Anstoß zu der Benennung in seinen Aesthetischen Feldzügen, die 1834 erschienen, gegeben, indem er die Vorrede zu denselben mit den Worten begonnen: »Dir,
junges Deutschland
, widme ich diese Reden, nicht dem alten« u.s.w. –
Der hohe Bundestag war es nun, der diese Redewendung benutzend, zuerst das geflügelte Wort: Junges Deutschland, aussprach, und unter dieser Benennung die oben genannten fünf jungen Schriftsteller begriff, die ihm durch den damals allmächtigen Kritiker
Wolfgang Menzel
waren förmlich denuncirt worden.
Im höchsten Grade eitel und leicht gereizt, konnte es Menzel nicht ertragen, daß jene jungen Leute, die er theilweise zuerst protegirt hatte, ihm den Kritikerstab, den er über Deutschland schwang, zu entreißen trachteten, und in keckem Muthe sich ihm gegenüber ein selbstständiges Urtheil bildeten Ueberdem hatten ihm seine Gehässigkeiten, die er gegen Börne an den Tag legte, indem er ihn des Treubruchs an Deutschland beschuldigte, die härtesten Angriffe von Seiten der jungen Literaten zugezogen, und in Börne's Schrift:
Menzel, der Franzosenfresser
, wurde er wegen seiner Schmähungen gegen Frankreich derb gezüchtigt. Voll Wuth darüber hatte er dem Bundestag erklärt, die Schriften der genannten jungen Leute seien gefährlich, für Kirche, Staat und Sittlichkeit, und es erfolgte darauf dieselbe Maßregel wie gegen Heine; nicht allein ihre gegenwärtigen, auch ihre künftigen Werke wurden im Voraus verboten. – Es kennzeichnet die damalige Lage der deutschen Machthaber, daß sie vor fünf jungen noch fast unbekannten Schriftstellern erzitterten und dieselben mit den härtesten Maßnahmen verfolgen zu müssen glaubten, jedoch ohne den geringsten Erfolg dadurch zu erzielen. Das Wort:
Junges Deutschland
wurde bald eine Ehrenbezeichnung, und die fünf Namen flogen von Mund zu Munde. Auch deren Träger erwarteten, tief beeinflußt durch Heine und namentlich durch Börne, in der That mit ihnen wie so viele Andere, in den Jahren ihres ersten Auftretens, alles Heil von Frankreich; sie entliehen dort ihre Ideen, und dies darf uns kaum Wunder nehmen, denn wir entsinnen uns, welch ein ungewöhnlich reges geistiges und öffentliches Leben sich damals noch in Frankreich entfaltete. Was man da drüben träumte und hoffte von
Volks- und Menschenbeglückung
, das trug sich über den Rhein herüber, erfüllte die Köpfe mit guten und neuen Gedanken, aber auch mit den Doctrinen von Fourier, St. Simon und der Emancipation der Frauen. Paris wurde das Mekka, nach dem alle jungen deutschen Schriftsteller zu wallfahrten begehrten Fast vergessen von ihnen sehen wir die poetische Form, es brach die Zeit heran, wo die
Journalistik
einen ganz ungewöhnlichen und bis dahin in Deutschland unbekannten Aufschwung nahm, und die geistbegabtesten Köpfe drängten sich heran, auf diesem Gebiete ihre Gedanken und Stimmungen zum Ausdruck zu bringen. Unbarmherzig fuhr dann das Messer der Censur darüber hin, und so blieb den jungen Geisteskämpfern nichts anderes übrig, als in Börne's Manier unter den oft wunderlichsten Verkleidungen und Verpuppungen ihre Gedanken an das Licht zu bringen. Keinem gelang dies besser als dem ohne Zweifel genialsten Kämpen des jungen Deutschland,
Karl Gutzkow
, der auch noch später Jahre lang, fast ganz allein mit der alten Fahne in der Hand, weiter kämpfte. Sein Jugendgenosse,
Ludolph Wienbarg
, der das junge Deutschland aus der Taufe hob, hat sich überhaupt nur auf dem publicistischen, ästhetischen und kritischen Felde bewegt. Von Geburt Schleswig-Holsteiner, bewahrte er sich bis zuletzt den kräftigen und unabhängigen Sinn seines Stammes, nahm Theil an den Kämpfen der Herzogthümer um 1848 und 49, und starb in Altona 1868, nachdem er die Ereignisse von 1866 noch mit lebhaftem Antheil begrüßt hatte.
Weniger scharf als dessen Feder war die von
Theodor Mundt
, der vorzugsweise in der Form des Romans die damaligen unreifen Emancipationsideen vertrat; unklar wie diese überhaupt erschienen, war auch seine Sprache unklar und verschwommen, und er ließ sich zuweilen zu Ausschmückungen fortreißen, welche die Censur-Angriffe gegen ihn öfters als gerechtfertigt
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