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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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die Ersteren endlich in
Hagenau
im Elsaß fand, ließ ihn Kaiser Alexander nicht einmal vor sich, und der in seinen Illusionen begriffne Mann mußte bald erfahren, wie ein Schlauerer als er die richtige Sachlage längst begriffen und für die entflohenen Bourbonen gehandelt hatte. So kehrten sie nun dieses
zweite Mal
, in der That unter dem Waffenschutz der Verbündeten auf den wankenden Thron zurück, und ihr helfender Genius war
Fouché
, Napoleon's allmächtiger, gefürchteter und berüchtigter Polizeiminister. Durch ihn wurden jetzt die Unterhandlungen geführt, und er zeigte sich in jeder Beziehung als das würdige Seitenstück Talleyrand's, mit dem er vollständig die Gewohnheit theilte, gleich den Ratten jedes sinkende Schiff zuerst zu verlassen. Schreckensmann unter der Revolution, zu den régicides oder Königsmördern gehörend, machte er sich später unentbehrlich durch ein Polizeitalent, eine Gabe das Verschwiegenste und Verborgenste zu entdecken und zu enthüllen, daß sein Name dafür fast typisch geworden ist. Vor und während der hundert Tage nun sehen wir ihn jede Maske annehmen, die zu seinen Zwecken paßt. Zuerst von den Bourbonen zurückgewiesen, wird er heimlicher Orleanist; als Napoleon wiederkehrt, drängt er sich neuerdings an diesen, dann, die Katastrophe voraussehend, unterhandelt er schon vor Waterloo mit
Wellington
, der diesesmal hauptsächlich die Sache der Bourbonen führte. Fast gleichzeitig setzte er die provisorische Regierung durch, gab ihre Erlasse im Namen des französischen Volks, was die Republikaner entzückte, schickte Lafayette in's Lager der Verbündeten, und gewann unterdessen Zeit, mit Davoust, der die Armee befehligte, für die Bourbonen zu unterhandeln. Nun konnte das Schauspiel beginnen. – Blücher's und Wellington's Marsch war inzwischen nicht aufzuhalten gewesen; Paris verschanzte sich und bereitete sich diesesmal ernstlich zum Widerstande vor, als bereits 11 Tage nach Waterloo sich die deutschen Truppen der Stadt näherten, wo Davoust mit seinem Heere stand, und jetzt ein schlimmeres Beispiel des Abfalls gab, als es ein Jahr vor ihm Marmont gethan. Fähig zum Widerstand, versuchte er denselben nicht einmal und schon am 6. Juli übergab die
provisorische Regierung
die Stadt an die Sieger. Am 7. rückten Blücher und Wellington ein, und diesesmal war es kein feierlicher, sondern ein militärischer Einzug; es wurden Kanonen in den Straßen aufgepflanzt, Bivouacs für die Truppen im Freien hergerichtet und die Stadt Paris hatte großartige Verpflegungskosten zu übernehmen. Den Truppen auf dem Fuße folgte wieder der entflohene Ludwig XVIII. und zwar auf eifriges Betreiben Wellington's, welcher wollte, daß er wieder in den Tuilerien installirt sei, wann die Fürsten ankommen würden. Nicht weniger eifrig betrieb der Herzog Talleyrand's und Fouché's Ernennung zu Ministern und Ludwig XVIII. mußte es über sich gewinnen den »régicide« in feierlicher Audienz bei sich zu empfangen und in seinem Amte zu bestätigen. Es war in St. Denis, wo Talleyrand ihn bei dem Könige einführte, sich – Talleyrand hinkte bekanntlich – dabei auf Fouché's Arm stützend, und ein Augenzeuge, Chateaubriand, erzählte dies mit den Worten:
    »So erschien das Laster gestützt von dem Verbrecher!«
    Am 3. Juli hob dann Fouché die permanenten Kammern auf, indem er ihr Sitzungslokal in der Nacht schließen ließ und Lafayette kam eben noch recht, diesen Act mitzuerleben. Von Fouché aber rühmten die bourbonischen Blätter, er habe die Monarchie gerettet und führe den König zurück. – Der aber, den er verrathen, Napoleon, saß unterdessen in
Malmaison
, in dem Hause der Frau, die ihn über Alles geliebt, die er seinem Ehrgeize geopfert, und die seinen Sturz nicht überlebt hatte. Als der Feind sich Paris näherte, bot er sich als einfacher General zur Vertheidigung an, wurde jedoch nicht angenommen und brachte nun die langen Stunden dahin, Pläne schmiedend, Beschlüsse fassend und doch ohne Muth und Entschlossenheit zu irgend einer entscheidenden Handlung. Ausliefern wollten ihn die Franzosen nicht; er konnte sich auf amerikanische Schiffe begeben, die seiner harrten, aber er hoffte noch von Minute zu Minute auf eine Volkserhebung, auf den Ruf seines Heeres, auf irgend etwas Unvorhergesehenes, bis es auch damit zu spät war. Endlich zur Abreise gedrängt, begab er sich am 29. Juli nach Rochefort; dort verlegte ihm eine englische Flotte den Weg, und nun begab er sich an Bord des

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