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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Bellerophon, indem er den Prinz-Regenten um Englands Gastfreundschaft ersuchen ließ, seine letzte Hoffnung auf Englands Großmuth, das er zu vernichten geschworen hatte, setzend. Die Antwort war:
St. Helena
! So versagte die
Wirklichkeit
seinem Leben jenen Schluß, welchen die Kunst von einem wahrhaften Helden verlangen müßte: Mit seiner Sache entweder zu siegen oder zu fallen! – Dafür aber fehlte Napoleon die ächte, die sittliche Größe! Er hatte nicht den Muth sich in das eigne Schwert zu stürzen, wie es die alten Römer gethan, wenn Alles zu Ende ging, denn bis zum letzten Moment überwog der Intriguant den Helden in ihm, und wie in Malmaison, so hoffte er auch jetzt noch auf St. Helena bis zuletzt auf einen Umschlag seines Glückes, auf eine Chance, die ihn wieder obenauf bringen möchte. – Immerhin bleibt diese Gestalt des auf einen Felsen geschmiedeten Imperators eine der tragischsten Erscheinungen innerhalb der Geschichte aller Zeiten, und legt sprechendes Zeugniß ab für Schiller's Worte, daß die Weltgeschichte auch ein
Weltgericht
ist.
    Fügen wir dem Gesagten nun noch kurz hinzu, wie sich nun gleich schon in den folgenden Monaten eine furchtbare royalistische Reaction in Frankreich geltend machte, und wie die Freunde und Anhänger Napoleon's auf's Grausamste verfolgt, proscribirt und hingerichtet wurden. – Wir erinnern nur an die Erschießung von Ney und an das Geschick von Labédoyère, während Graf Lavalette nur durch den Opfermuth seiner Gattin vom Tode gerettet wurde. Zu allen diesen Verfolgungen war Fouché wieder das geschmeidige Werkzeug, bis man auch seiner überdrüssig wurde, und ihn nicht mehr brauchte. Von aller Welt verachtet, wurde er nach einigen Monaten als Gesandter nach Dresden geschickt und von da aus seinem Dienst nicht allein sogleich wieder entlassen, sondern auch aus Frankreich verwiesen, worauf er einsam in der Verbannung starb.
    Eine gerechtere Rechnung aber hatte nun Deutschland und namentlich Preußen mit Frankreich abzumachen, und diesesmal ließ Blücher sich nicht beirren. Schon einige Tage nach Waterloo schrieb er dem König: »Ich bitte nur allerunterthänigst die »
Deplomatiker
« dahin anzuweisen, daß sie nicht wieder das verlieren, was der Soldat mit seinem Blute gewonnen hat. Dieser Augenblick ist der letzte und einzige, um Deutschland gegen Frankreich zu sichern. Eure Majestät werden
als Gründer
von Deutschlands Sicherheit verehrt werden, und auch wir werden die Frucht unserer Anstrengungen genießen, wenn wir nicht mehr nöthig haben mit immer gezücktem Schwerte dazustehen.« – Aber er wartete vorerst keine Antwort ab, sondern griff selbst tapfer zu, legte Paris eine Contribution von 100,000 Frcs. auf und verlangte ungesäumte Rückgabe aller Kunstschätze, die Napoleon in Preußen und Deutschland zusammengeraubt, wie trotzig auch die kaum eingesetzte Regierung dagegen aufbegehrte. Selbst verständige Franzosen, die nie zu Napoleon's Parthei gehörten, glaubten, es geschehe ihnen damit ein großes Unrecht, wie der hübsche Vorfall zwischen dem bekannten französischen Schriftsteller Benjamin Constant und der geistvollen Frau von Rehberg, einer Tochter des berühmten Juristen Höpfner, beweist. Beide geriethen während eines Aufenthaltes Constant's in Deutschland in Streit über diesen Punkt und der Franzose sagte zu seiner Nachbarin, die natürlich die Rücknahme der geraubten Kunstschätze vertheidigte: »Madame ist ohne Zweifel die Tochter eines Generals!« »Nein,« war die feine Antwort: »Die Tochter eines Rechtsgelehrten.«
    Vater Blücher hatte aber leider, ohne es zu wissen, den Haupt-Diplomatiker diesesmal im eignen Lager, dies war Lord Wellington, der ebenso groß und gewandt als Staatsmann, wie als Feldherr, sich schnell zum Herrn der ganzen Lage machte. Wie er rasch in die Ereignisse eingegriffen und die Bourbonen zurückgeführt hatte, so bereitete er nun auch die Friedensbedingungen vor. Wohl selten bietet sich in der Geschichte so rasch eine Gelegenheit dar, begangene Fehler wieder gut zu machen, als dies nun bei Abschluß des zweiten Pariser Friedens der Fall gewesen, wo man so leicht die Mängel des ersten, hinsichtlich Deutschlands verbessern konnte. Selbst in England zweifelte man bei dem Wiederausbruch des Krieges gar nicht daran, daß nun Deutschland ganz anders entschädigt zu werden verdiene, daß man ihm Elsaß und Lothringen zurückgeben und eine Gränze schaffen müsse, welche neue Einfälle der Franzosen weniger möglich

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