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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Bismarck gerne zugestehen müssen, daß er ihn endlich zur Blüthe gebracht.
    Das Preußen vom Jahre 1830 war damals leider nichts, als ein Scherge Rußland's, gegenüber dem unglücklichen Polen, dessen Aufstand im Jahre 1830, zur Abschüttlung von Rußland's Joch, so traurig und verhängnißvoll für das tiefgebeugte Volk enden sollte. Doch auch sein heldenmüthiger Kampf und sein tragischer Untergang warf neuen Zündstoff in die Gemüther und rief neue Auflehnungen gegen den Absolutismus hervor.
     

Zehnte Vorlesung
     
    Der Aufstand in Polen. Die Cholera. Rußland's Einfluß. Tod des Kaisers Franz. Ferdinand I. Amnestie für Italien. Solidarische Verbindung der deutschen Staaten zur Bekämpfung des Liberalismus. Kurhessen. Bayern. Begründung einer freiheitlichen Presse. Das Hambacher Fest. Burschenschaftliche Verschwörungen. Das Frankfurter Attentat. Die Wiener Conferenz. Das schwarze Buch. Neue Studentenverschwörungen. Georgi und Weidig
     
    Nach der Reihe von Revolutionen, welche wir bis dahin verfolgt haben, ist es wohlthätig, einen kleinen Ausruhepunkt zu suchen und man findet diesen bei einem Rückblick auf den österreichischen Kaiserstaat, vornehmlich in der loyalen, in sich selbst vergnügten Kaiserstadt Wien, die ihren Franz'l, je älter er wurde, um so mehr verehrte und voll Jubel und Freude war, als er im Jahre 1826 nach schwerer Krankheit seinem Lande wieder geschenkt wurde. Aber am Hofe des alternden Fürsten wurde es stiller und stiller, einförmiger und frömmer von Tag zu Tag. Die Diplomaten beschwerten sich laut, dies sei das alte lustige Wien nicht mehr, und auch noch ernstere Klagen erhoben sich in ihrem Kreise gegen das Metternich'sche Regiment; der schon öfter erwähnte Graf Münster, der hannöversche Minister, sprach es in der Intimität der diplomatischen Welt laut aus, Oesterreich habe längst aufgehört, den wahren, conservativen Interessen zu dienen, es begünstige blind selbst die erbärmlichste Winkeltyrannei, und widerstrebe Allem, was der Willkürherrschaft auch nur entfernt ein Ziel zu setzen vermöge. Es hatte sich eben dort in den Regierungskreisen ein greisenhafter, wahrhaft kindischer Schreck vor jedem unvorhergesehenen Ereignisse eingebürgert, ein
Gedankenstillstand
, wie es der alte Gentz selbst bezeichnete, als er im Jahre 1829 seinem Freude Müller den Tod der Fürstin Metternich meldete: »die Fürstin Metternich ist an einem Milchfieber verschieden. – Dies ist eine Begebenheit, deren Folgen sich gar nicht berechnen lassen. – Ich befinde mich in einer Art von Gedankenstillstand!« –
    Erschreckender als dies Milchfieber wirkten in Wien die Juliereignisse, aber als Louis Philipp dem östreichischen Premier unterbreitete, wie ein Krieg gegen Frankreich nur die Gefahr einer republikanischen Propaganda über Europa heraufbeschwören werde, ganz ebenso, wie dies auch 1789 der Fall gewesen, da beruhigte man sich dabei, beruhigte sich auch wohl oder übel bei den Bewegungen in Deutschland und erst die polnische Revolution versetzte Wien und seine Regierung wieder in eine gewisse Aufregung und zwar in eine
freudige
, weil man darin eine Schlappe Rußlands wahrnahm; ja es wird sogar behauptet, daß Oestreich den polnischen Aufstand insgeheim begünstigt habe. Jedenfalls geriethen die verschiedenen Völker des Kaiserstaates dadurch in die lebhafteste Erregung, der Ruhm der Polen war ein Ruhm für alle
Slaven
; ihre Losreißung und Unabhängigkeit erweckte bei den
Ungarn
und
Böhmen
gleiche Wünsche und Hoffnungen auf eine schon länger ersehnte Unabhängigkeit. Anderntheils fühlte die
deutsch-östreichische
Bevölkerung wieder einmal sympathisch mit dem übrigen Deutschland, das mit Jubel und Bewunderung auf den Heldenkampf des unterdrückten Volkes schaute und dasselbe, wie es auch bei den Griechen gethan, nach seinen besten Kräften unterstützte. Hatten Jene sich eben erst ihre Unabhängigkeit erstritten, warum sollte es nicht auch das Volk an der Weichsel thun? warum sollte dieses ohne Ende unter der Knute von Kaiser Nikolaus bluten müssen, dessen brutales, engherziges Uebergewicht stets mehr und mehr auf Europa zu lasten begann, und der es meisterhaft verstand, schon jetzt und später noch mehr, sich in den kleineren und den Mittelstaaten Deutschlands Verbündete gegen Preußen und auch gegen Oestreich zu schaffen, damit er freie Hand in den Donaufürstenthümern, am schwarzen Meere und bei seinen Plänen gegen die Türkei behielt. Darin war auch der Grund zu

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