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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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seit einem vollen Tag unter Todesdrohung; er hatte sich vorbildlich beherrscht. Jetzt hatte er ein Ventil.
    »Jux? Eine bodenlose Sauerei ist das!«
    »Weshalb eigentlich?«
    Bloch rang nach Luft.
    »Weshalb? Weil, weil … Dienst ist Dienst; und Schnaps ist Schnaps! Ich bin verdammt nicht gegen eine Männersauerei, Mahlberg! Aber alles zu seiner Zeit.«
    Brinkmann kam aus der Kabine zurück. Er sah noch erschöpfter aus als die beiden Piloten.
    »Nichts!« sagte er traurig. Dann spürte er die angespannte Atmosphäre und zog sich an sein Pult zurück. Vor ihm lag eine aufgeschlagene ›Playboy‹ -Nummer.
    »Aber ich bin gegen Männersauereien!« sagte Mahlberg plötzlich ganz ruhig.
    Hilfesuchend ließ Bloch seine Blicke zum Bordingenieur hinübergleiten. Der sah verlegen auf die ›Playboy‹- Partywitze.
    »Können Sie das näher erläutern?«
    »Da gibt es nichts zu erläutern!« sagte der Kopilot. »Einen Jux mach' ich gern. Aber eine Sauerei ist es, zu Hause den treuen Ehemann und Kavalier zu markieren und unterwegs Frauen zu vernaschen!«
    Der Arzt fragte die junge Dame bei der Untersuchung, ob sie mal Polypen gehabt habe. ›Ja!‹ erwiderte sie. ›Einen vom Revier 631A‹.
    Bloch stemmte sich im Sitz hoch. Er war erregter denn je. Aber er spürte in einer wunderbaren Weise, daß er lebte!
    »Wir sitzen jetzt alle im gleichen Boot! Aber später, da sprechen wir uns noch!«
    »Schön wär's«, sagte Mahlberg naiv.
    Auch diesen Herzenswunsch faßte Bloch als Affront auf.
    Gundolf wählte die AVI 2000 an. Er hatte seinen Entschluß gefaßt. Er würde Bloch von dem Anruf benachrichtigen. Mehr nicht … Um Himmels willen, Bloch, bleiben Sie, wo Sie sind! Wütend quälte sich Bloch aus seinem Sitz, schob sich durch die Cockpittür rückwärts hinaus – er würde sich durch die Beruhigung der Passagiere selber Trost holen.
    Kaum war er fort, läutete schrill die ›Selcal‹ -Anlage.
    »Ausgerechnet jetzt!« murmelte Mahlberg und meldete sich. Gundolf rieb sich nervös mit dem Zeigefinger am Nasenflügel. Noch nie war er seiner so unsicher gewesen.
    »Hallo AVI 2000? Hier Gundolf! Bei uns ist soeben eine Meldung eingegangen, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Sie betrifft …«
    Die Explosion erfolgte so unmittelbar, daß Mahlberg noch immer glaubte, aufrecht am Steuer mit dem Mikrofon in der Hand zu sitzen, als er längst in die äußerste rechte Ecke geschleudert worden war. Brinkmann wurde aus seinem nur locker angelegten Gurt gerissen und schlug mit dem Kopf gegen die Cockpittür.
    Das Flugzeug schüttelte wie ein Schiff, das auf ein Riff auflief. Nach dem Detonationsknall ging ein Rauschen durch den Bug, als schwappe eine Brandungswelle durch ein undichtes Schott. Die halb aus den Angeln gerissene Cockpittür schwankte zwischen Küche und Ingenieurspult. In ihrem Rahmen erschien das schreckensbleiche Gesicht Blochs.

32
    Lähmende Stille in der Zentrale.
    Unter Thomas' Füßen schwankte der Boden. Allermann wiederholte stereotyp: »Hallo AVI 2000 hallo 2000 hören Sie uns hören Sie uns hallo AVI 2000 …«
    Thomas versuchte, sich auf der herabhängenden Lehne abzustützen. Sie brach und fiel endgültig zu Boden. Er barg das Gesicht in seinen Händen.
    Ulla rief die AVI 1167, die gerade aus Warschau zurückkehrte.
    »AVI 1167, hören Sie mich, oder ist unsere Anlage defekt?«
    »Höre Sie laut und klar!«
    »Rufen Sie bitte die Zweitausend. Wir kriegen keinen Kontakt mehr mit ihr!«
    »Ist das unser Unglücksrabe?«
    »Unglücksrabe wäre geschmeichelt! Rufen Sie mich, sobald Sie ein Lebenszeichen von ihr haben!«
    »Roger!«
    Allermann hatte schon den Kontrollturm am Telefon.
    »Haben Sie die AVI 2000 von uns zur Zeit auf Ihrem Radarschirm? Sie muß auf dem Weg nach Süden sein.«
    »Ja natürlich … Moment mal …«
    »Keinen Kontakt mit der Zweitausend hergestellt!« meldete inzwischen die AVI 1167 aus dem Lautsprecher. »Sorry!«
    »Hallo FDZ? Hier Beerling, Schichtleiter vom Dienst, Frankfurt Control … Ja, wir haben Ihre Zweitausend auf dem Schirm!«
    »Eindeutig?«
    »Eindeutig! Allerdings: Wir versuchen verzweifelt, Sprechkontakt herzustellen. Sie meldet sich nicht mehr!«
    »Aber sie fliegt?«
    »Sie fliegt noch immer!«
    Mahlberg schluckte heftig. Stechender Schmerz durchzuckte seinen Körper. Dies war die Todessekunde. Trotzdem war er überrascht, daß der Vorgang des Sterbens nicht noch grauenvoller war. Sein Leib revoltierte. Aber tief innen, sozusagen auf der anderen Seite

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