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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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war eine Frau auf dem Wege, eine neue Variante in den Höllenflug mit der Bombe zu bringen. Aus den Weißdornhecken schwirrten erschrockene Amseln und Stare auf.
    Die Zelle war leer; sie erkannte es von weitem. Atemlos suchte sie noch im Laufen nach Geld, fand es nicht, rannte weiter.
    Über ihr kreisten Flugzeuge. Es waren die Jetliner im Warteverfahren über Nierstein, die nacheinander abberufen wurden, um unter Radarführung auf Otto Lilienthal zu landen. Die Sperrstunde des Massakers war vorbei.
    Sie riß die Tür auf.
    Obwohl weit und breit kein Fußgänger sichtbar war, fürchtete sie noch immer, im letzten Augenblick zurückgedrängt zu werden.
    Fieberhaft zerrte sie Kleingeld aus ihrer Börse, strich sich nervös die Haare aus dem Gesicht, wählte: 0-6-1-5, nestelte wieder an ihrem Haar, wählte weiter die neue Nummer, die sie soeben erfahren hatte … Ewigkeiten vergingen, bis die Automatik die Verbindung zustande gebracht hatte … das Signal schlug an, nahm denn niemand ab?
    »Hier Flughafenvermittlung Otto Lilienthal …«
    »Bitte ›Avitour‹, sofort!«
    »Bitte, was?«
    »›Avitour‹. Es ist dringend.«
    »›Avitour‹ … Moment …«
    Sie zerbiß sich die Unterlippe, wartete; die kahle Zelle wankte ganz sanft vor ihren Augen – leichte Brise …
    »Hallo, sind Sie noch da?« Sie hatte es nicht länger ausgehalten.
    »Ja, hier Vermittlung. Sie müssen sich schon etwas gedulden. Hier ist alles noch ziemlich neu … Hier stehen vier ›Avitour‹-Anschlüsse. Welchen wollen Sie denn haben?«
    »Irgendei … Welche haben Sie denn?«
    »Platzbuchungen …«
    »Nein, nein!«
    »Luftfracht?«
    »Nein!«
    »Information …«
    »Nein, verdammt!«
    »Dann gebe ich Ihnen am besten die ›Avitour ‹-Vermittlung.«
    »Ah ja, das hätten Sie gleich tun sollen! Verbinden Sie mich bitte; es ist irrsinnig dringend.«
    »Ich versuch's mal. Da ist dauernd besetzt! Bleiben Sie bitte am Apparat!«
    »Ja …«
    Zu spät beobachtete sie den Münzzähler, der von dreißig auf zwanzig gefallen war und plötzlich ›Nachwerfen‹ zeigte. Sie riß ihre Börse auf, griff wahllos nach Groschen oder Fünfzigern. Sie rutschte vom schrägen Pult für das Telefonverzeichnis auf den kahlen Boden: aus! Die Verbindung unterbrochen; alles begann von vorn.
    Sie sammelte ihre Börse, ihr Geld auf. Während sie Groschen, Fünfziger und jetzt auch Markstücke auf dem Telefonbuch stapelte, spürte sie, wie sie von einem Mann beobachtet wurde.
    Er stand vor der Glastür und sah zwar nicht ungeduldig, aber immerhin interessiert zu. Sie streckte ihm provokativ ihren Hintern entgegen, während sie sich in der engen Zelle nach den kostbaren Groschen bückte, das war eine Instinkthandlung, unabhängig von ihrer seelischen Verfassung.
    Sie hatte endlich zwei Markstücke, sechs Groschen eingefüllt, wählte wieder – siebenmal schlug das Signal an. »Hier Flughafenvermittlung Otto Lilienthal!«
    »Bitte geben Sie mir die ›Avitour‹- Vermittlung. Es ist äußerst dringend!«
    »›Avitour‹-Vermittlung? ich will mal nachsehen, ob wir so was überhaupt haben!«
    »Sie haben es, ich habe eben schon mal angerufen.«
    »Hat die Verbindung nicht geklappt?«
    »Nein … doch. Mein Geld … Bitte, verbinden Sie mich sofort.«
    »Von wo aus rufen Sie an?«
    »Von … Wieso … Von außerhalb. Dies ist ein Ferngespräch. Bitte …«
    »Bleiben Sie am Apparat …«
    Rut Bloch zerkaute sich den rechten Zeigefingernagel. Der Mann von außerhalb sah interessiert zu. Sie warf eine weitere Mark nach, obwohl noch für eine Mark achtzig im Apparat war.
    »Hallo?«
    »Hier ›Avitour‹. Bitte?«
    »Ah, bitte Dispatch. Oder die Flugdienstzentrale!«
    »Was denn nun: Dispatch oder die Zentrale?«
    »Haben Sie beides? Dann bitte die Zentrale!«
    »Moment. Da ist dauernd besetzt! Wollen Sie warten?«
    »Ja, unbedingt. Es ist sehr, sehr wichtig!«
    »Das sagen alle. Wir haben hier nur wichtige Anrufe. Da ist irgend was passiert.«
    »Bitte? Was ist passiert?«
    »Bitte warten Sie …«
    Totenstille in der Leitung. Draußen ging, mit winzigen fast sparsamen Schritten, der Wartende auf und ab, ein Mann um die Vierzig, nicht unansehnlich, mit markanter Denkerstirn; Rut spuckte auf den Boden, sie hatte das Gefühl, Schaum vor dem Mund zu haben.
    »Hallo? Worauf warten Sie?«
    »Auf ›Avitour‹. Die Zentrale!«
    »Moment! Da wird noch gesprochen!«
    Rut zerrte sich mit der freien Hand eine Zigarette aus dem Wildlederetui und zündete sie sich,

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