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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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Abstiegserlaubnis ein.«
    »Tun Sie das. Es soll eine Bombe an Bord sein. Wir nehmen den Anruf sehr ernst! So ernst, daß ich sofort aus dem Präsidium zum Flughafen rausgefahren komme.«
    »Ich werde alles veranlassen!« sagte Gundolf tonlos.
    Allermann hatte schon auf dem ›Selcal ‹ -Gerät den Anrufcode gedrückt. Jetzt schrillte im Cockpit der ›Steppenadler‹ die Klingel. Gundolf merkte, wie sich ein beklemmender Ring um seine Brust legte. Er bemühte sich, einen klaren Kopf zu behalten. Aus dem Lautsprecher tönte Mahlbergs tiefe Stimme:
    »Hier AVI 2000. Was gibt's?«
    »Ist der Chef zu sprechen, Eberhard?« Seitdem sie sich im Skiurlaub im Elbrusgebirge nördlich von Teheran kennengelernt hatten, duzten sie sich. »Ich brauche ihn sofort.«
    »Au wei! Der ist terminlich total ausgebucht! Unser Cockpit wimmelt … (leiser) wimmelt von kleinen Scheißern, die sich alle furchtbar wichtig nehmen und glauben, der ganze Flug fände nur ihretwegen statt. Alle sind sie früher auch mal geflogen – im Segelflugzeug; und jetzt lassen sie sich jedes Instrument in der nagelneuen Maschine erklären. Nichts Schlimmeres als Ehrengäste! Wir haben gerade erst die Reiseflughöhe erreicht; und die ersten ziehen schon eine Cognacfahne hinter sich her, länger als ein Kondensstreifen. Okay, ich sag' ihm mal Bescheid. Er kommt gar nicht mehr zum Fliegen mit seiner Public-Relations-Mission!«
    »Hör zu, Eberhard: Es ist wichtig, daß ihr erst das Cockpit säubert. Ich habe eine wichtige message für euch; und eilig ist sie auch! Verdammt eilig! Aber sie geht niemanden etwas an!«
    »Okay, ich sag's ihm!«
    Aber Bloch, wachsam wie ein Panther bei Nacht, hatte trotz der Vollbeschäftigung mit seinen Cockpitgästen mit einem halben Ohr mitgehört und allein schon an Mahlbergs Gesichtsausdruck gemerkt, daß wichtige Nachrichten in Aussicht standen. Ein Reiseleiter eines der größten deutschen Unternehmen bemerkte gerade:
    »Also ehrlich, wenn ich daran denke, wie ich damals hier, in der Schweiz, am Malochen war und wir …« Der Rest ging unter in dem Durcheinander animierter Stimmen. Die DC-10 hatte gerade Zürich passiert. An Backbord lag das Panorama der Alpenkette ausgebreitet wie auf einem Breitwandfoto: Eigernordwand, Mönch, Jungfrau, voraus der Montblancgipfel, milchblau schimmernd im nackten Morgenlicht der Stratosphäre. Der Bieler See, von Nebelfäden überzogen, als habe er Sprünge. Niemand erfuhr, was damals in der Nordschweiz passiert war. Sosehr Bloch Situationen liebte, in denen er Mittelpunkt war – in erster Linie war er als Kommandant verantwortlich für die Sicherheit an Bord.
    »Wissense, wir sind damals immer am zittern gewesen, daß mal …«
    »Meine Herren …«, Bloch drückte den Rufknopf für die Kabine, »wir nähern uns jetzt Genf und der französischen Grenze. Eine Menge Arbeit kommt auf uns zu. Wie wär's, Sie kommen alle in anderthalb Stunden wieder? Dann sind wir über dem Ozean; und ich kann mich Ihnen wieder in Muße widmen.« Eine der acht Stewardessen erschien. »Unser Kabinenpersonal wird Sie inzwischen aufs beste betreuen!«
    Während Bloch seine Gäste aus dem Cockpit komplimentierte, Mahlberg und Brinkmann, der Bordingenieur, argwöhnisch zwei Mirage verfolgten, die quer über die Luftstraße schossen, trommelte Gundolf so heftig auf den Schreibtisch, daß die Kaffeetasse klirrte. Ulla starrte wie gebannt auf den Lautsprecher, als könne sie mit ihren Augen sein Schweigen brechen. Allermann durchblätterte im Hintergrund Telexstapel, als ginge ihn das Ganze nichts an. Aber seine Hände spielten nur; sein Kopf steckte sozusagen tief im Lautsprecher.
    Rauschen. Knacken. Alle drei zuckten auf.
    »›Avitour‹ Rhein-Spessart: hier ist AVI 690! Wir waren um 23 über Stuttgart. Unser Estimated Time of Approach für Sie wird 49 sein. Könnte ich mal, bitte schön, das neueste Wetter haben?«
    Aufstöhnend suchte Ulla das letzte Platzwetter heraus. Die harmlose Stimme des gutgelaunt sich nähernden DC9-Piloten stand in absurdem Gegensatz zu der Spannung in der Zentrale. Gundolf las das Wetter vor:
    »Wind 240 Grad mit 5 Knoten, falls überhaupt. Sicht allgemein mehr als 10 Kilometer, mit stellenweise sich auflösenden Nebelfetzen. Unbewölkt. Luftdruck 1.022 Millibar. Temperatur 12 über 10; und jetzt gehen Sie mal bitte schnell aus der Leitung, wir erwarten etwas sehr Wichtiges für die AVI 2000.«
    »Bin schon raus!« Der DC-9-Pilot ließ sich seine gute Laune nicht nehmen.
    Blochs

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