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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sechskantturm mit runder Kuppel, ragte mehr als einen Kilometer weiter südlich aus dem Betonmeer der Dächer.
    Ein Gepäckkarren hielt; der Fahrer, ein dicker, gemütvoller Mann im Rentenalter, beugte sich herab:
    »Was gibt's denn zu rennen, Junge?«
    »Sofort zum Tower!« keuchte Allermann.
    »Langsam, Junge, dahin darf ich gar nicht fahren!« Er schielte mißtrauisch auf Allermanns Identifikationskarte, die er, wie alle, am linken Jackenaufschlag trug. »Ich darf nur auf dem Vorfeld fahren, nicht auf den Rollwegen. Um zum Tower zu kommen (der Alte sagte immer: › Tauer‹), muß man zwei Rollwege und eine Landebahn kreuzen. Darf ich nicht!«
    »Dann an den nächsten Wagen, der das darf!« befahl Allermann und schwang sich neben den Fahrer auf den offenen Sitz. »Aber mit Volldampf!«
    Er sagte Dampf, denn der batteriegetriebene Karren ähnelte in der Geschwindigkeit und Beschleunigung mehr einer alten Rangierlokomotive. Er machte ganze 10 km/h und kroch mit entnervender Gelassenheit übers Vorfeld. Obwohl es auf dem Flughafen von Wagen und Treckern nur so wimmelte, kreuzte keiner davon ihre Bahn; das Gebäude der ›Avitour‹ lag am äußersten Nordende des Komplexes, der Tower am entgegengesetzten südlichen. Ihm brach der Schweiß in Strömen aus. Von seiner Mission war nur dann noch Rettung zu erwarten, wenn Bloch seinen Sinkflug eben erst begonnen hatte.
    Ob man weiter vorn Strom und Telefon habe? Der Alte wußte es nicht, er war in der Frachthalle gewesen, dort war ebenfalls alles ausgefallen. Eine Ampel zeigte Rot; gemächlich hielt der Karren, gemächlich fuhr er an, als längst Grün war; Allermann war der Raserei nahe.
    Ob es etwas Dringendes zu erledigen gäbe? fragte der Fahrer in aller Seelenruhe. Man habe bei der Fracht seltsame Gerüchte gehört, eine Maschine sei in Not geraten? Deswegen sei er ja unterwegs, drängte Allermann, und ob er jetzt wirklich mit Voll … wie nenne man das? Mit Vollstrom fahre?
    Der Alte nickte; er sei froh, daß er über das Alter hinaus sei; Allermann fragte nicht, was er damit eigentlich meine. In jeder Sekunde sank das Flugzeug um 17 Meter seinem Schicksal entgegen. Ein gelber Kombiwagen überholte sie in rasendem Tempo; er winkte verzweifelt hinterher – vergeblich. Warum hatte er den Wagen nicht kommen sehen?
    Jetzt hatte er den rettenden Einfall: Zur Linken, kurz vor dem Hauptteil des Vorfeldes, tauchte die Feuerwehrstation auf.
    »Dorthin!« Wild zerrte er am Ärmel des Fahrers. »Zur Feuerwehr!«
    Als sie weniger als fünfzig Meter entfernt waren, kreuzte eine DC-9 ihren Weg, die von einem Schlepper gezogen wurde. Im Schneckengang zuckelte der Bug, das Hauptfahrwerk, das Leitwerk vorüber. Ohne sich zu bedanken, sprang Allermann vom Karren, noch ehe er endlich vor dem geöffneten Hallentor stoppte.
    Ein bärtiger Wehrmann von undefinierbarem Alter hockte auf dem Trittbrett eines Löschwagens und las in einer Tageszeitung. In abgebrochenen Sätzen stammelte Allermann sein Anliegen. Er war am Ende seiner Nervenkraft.
    »Zum Tower?« sagte der Wehrmann und faltete seine Zeitung sorgfältig zusammen. »Dazu brauche ich einen Fahrauftrag! Haben Sie den?«
    Allermann stürzte sich wieder in seine Erklärungen. Selbst wenn Bloch seinen Sinkflug erst begonnen hatte, als er auf dem Vorfeld ankam, blieb Allermann höchstens noch eine Minute. Nach Rücksprache mit drei Kollegen saß Allermann endlich in einem VW und jagte mit dem Wehrmann übers Vorfeld.
    »Hinterher werden Sie zur Verantwortung gezogen werden!« wurde ihm gedroht. Okay, ob er nicht mit Blaulicht fahren könne?
    »Mit Rotlicht!« sagte der Fahrer.
    Aber auch das Rotlicht änderte nichts daran, daß sie viermal vor vorbeirollenden Flugzeugen halten und vorgeschriebene Umwege fahren mußten. Wo mochte Bloch jetzt sein? In zwanzigtausend Fuß? In vierzehn? Zwanzig Sekunden vor der Explosion? Oder schon zerfetzt, zusammen mit mehr als zweihundert Passagieren?
    ›Wrackteile über mehr als dreißig Kilometer verstreut.
    Eine unmenschliche Zumutung sagt Rettungsmannschaft und weigert sich Unglückswald zurrt drittenmal nach Leichenteilen zu durchsuchen.
    Opfer unidentifizierbar größtenteils Metallfetzen in den Särgen verrät Polizist.‹
    »Na, was ist? Erst haben Sie es so eilig, und jetzt?«
    Allermann schrak auf und stürzte aus dem Wagen und auf den Towereingang zu; die Tür öffnete sich automatisch – hier funktionierte die Elektrik. Er jagte mit dem Fahrstuhl hinauf; zwei Minuten später war er

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