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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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seine Abschlußprüfung für die DC-10 bestanden. Es war sein zweiter Flug. Er hieß Peter Brinkmann und war strohblond.
    »Falsch!« Bloch sah sich triumphierend um. »Sie glauben doch wohl nicht allen Ernstes, daß ich sinnloserweise acht Stunden lang mit annähernder Schallgeschwindigkeit durch die Gegend rase? Wir reduzieren natürlich auf sanfte Mach 0.68. Da verringert sich unser Spritverbrauch wie bei einem Alkoholiker, der plötzlich von der Heilsarmee bekehrt wird. Ich schätze, wir können mindestens elf, zwölf Stunden in der Luft bleiben.«
    Er hätte nicht falsch zu sagen brauchen, dachte Mahlberg, aufgebracht und nervös. Von seinem Standpunkt aus hatte Brinkmann recht. Er brauchte sich nicht um die esoterischen Gedankengänge eines Kapitäns zu kümmern!
    Bloch hatte die Höhe und den Kurs vorgewählt. Der Autopilot war eingeschaltet. Er würde die Maschine automatisch beim Erreichen der Reiseflughöhe aus dem Steigflug in den Horizontalflug überführen. Das klang, dachte Mahlberg in dem verzweifelten Bemühen, sich von seiner Angst abzulenken, verteufelt nach Arbeitslosigkeit für die Piloten. Und tatsächlich stand dergleichen oft in der Boulevardpresse zu lesen. Niemand wußte natürlich, daß die Piloten, um diese komplizierte Automatik zu durchschauen, anzuwenden und überprüfen zu können, bereits mehr Lehrgänge hinter sich gebracht hatten, als früher für das simple Fliegenlernen benötigt wurden. Oder, daß das Überwachen und fachmännische Einschalten oft mehr Konzentration erforderte als das reine Von-Hand-Fliegen.
    »Okay, wir werden jetzt die Bombensuche nach der Bombensuchcheckliste durchführen!« kündigte Bloch an und sah insbesondere Mahlberg forschend an. »Wo, glauben Sie, könnte diese Liste versteckt sein?«
    Mahlberg blickte schockiert auf. Prüfungsfragen, während die Bombe hochgehen konnte? Er traute seinen Ohren nicht. Er nannte den Ort; ob er sicher sei, fragte Bloch zurück; ganz sicher, bestätigte Mahlberg.
    »Ausnahmsweise richtig vermutet!« lobte Bloch und hielt das für einen Scherz. »Dann holen Sie sie mal hervor, Brinkmann!«
    Brinkmann holte sie aus dem entsprechenden Fach. Aber bevor er mit dem Lesen der einzelnen Punkte beginnen, sich losschnallen konnte, hielt Bloch ihn zurück.
    »Vorher möchte ich gern die Passagiere noch informieren. Sie glauben noch immer an eine rasche Landung in Zürich! Peinliche Sache!«
    Und jetzt mußte Mahlberg ihn wieder bewundern! Wie er dieses heikle Public-Relations-Problem souverän löste, leutselig zu plaudern begann über die Bordansage – das beeindruckte Mahlberg …
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben gemerkt: Wir waren ein bißchen zu hoch, um in Zürich zu landen. Und wir steigen noch höher. Der Grund ist: Wir fliegen wieder nach Deutschland zurück. Der ausgefallene Besuch in Zürich braucht Sie nicht zu beunruhigen. Sie wissen: In der Heimat ist es am schönsten! Freilich: Sofort landen können wir dort nicht. Wir erhalten hier vorn laufend Anweisungen, die nicht immer völlig synchron laufen. Vom Cockpit aus hat man jetzt übrigens einen phantastischen Blick auf die Schwäbische Alb; Sie werden sie gleich zu Ihrer linken Seite erblicken … In den Tälern ist überall Dunst und Nebel. Wie heißt es bei Mörike? Füllest wieder Busch und Tal … Es sieht aus wie auf einem Bild Caspar David Friedrichs … Was die Bombenwarnung betrifft: Die Polizei, Sie wissen, die deutsche gehört zu den tüchtigsten der Welt, arbeitet daran. Weil sie laufend neue Informationen erhält, erhalten wir sie. Die Verbindung ist also ausgezeichnet, kein Grund zur Beunruhigung. Daher können Sie volles Vertrauen haben. Auch wenn, wie soeben, Ankündigungen sich scheinbar widersprechen. Also: Wir fliegen jetzt erst einmal nach Deutschland zurück. In Kürze werden Sie den Rhein wieder unter sich erblicken, ein immer wieder beruhigender Anblick … Sie werden Mainz, Wiesbaden, Rüdesheim liegen sehen … die Loreley, den Mäuseturm, ich mache Sie noch darauf aufmerksam. Zwischendurch werden wir mal nachsehen, ob tatsächlich irgendein Witzbold eine Bombe in seiner Aktentasche versteckt hat. Seien Sie also nicht beunruhigt, wenn einer meiner Herren gleich in der Kabine erscheint und ein bißchen herumwühlt! Eine reine Routineangelegenheit, etwa wie die planmäßige Schwimmwestenansage, die Sie auf jedem Flug über sich ergehen lassen müssen, ohne jemals auf dem Atlantik notzuwassern. Ich wünsche Ihnen weiterhin

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