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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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Appetit … Warum schickst du mich jetzt schon weg?«
    »Deine Vorlesung beginnt bald, Kind!«
    »Scheiß auf die Vorlesung!«
    »Komm, ich pack' dir noch ein Butterbrot ein. One for the road!« Sie zerrte ihn brutal an sich und küßte ihn ausgiebig, wie es ihr Spaß machte. Sie hatte immer getan, was ihr Spaß machte und wann es ihr Spaß machte, und diese Sachen hatten ihr immer Spaß gemacht. »Jetzt geh, Knabe, sonst versäumst du die letzte Bahn!«
    »Ich mache dir einen anderen Vorschlag …« Er befreite sich und strich mit beiden Händen sein Haar zurück. »Wir machen zwischendurch mal eine kleine Rheinfahrt!«
    Ihre Überraschung war echt. »So mit einem richtigen Vergnügungsdampfer? Mit Kaffeetanten und Kuchen und Schlagsahne und gepanschtem Wein und Bier und › Wie ist es am Rhein so schön‹ und Loreley und dicken Familienvätern mit Kindern, die vom Oberdeck auf Glatzen spucken?«
    »In Rüdesheim legt um diese Zeit einer ab! Wenn du bald und intensiv aufs Camaro- Pedal trittst, schaffen wir ihn!«
    »Junge«, sagte sie bewundernd und wollte ihn schon wieder küssen. »Du bist der erste deutsche Mann, der nach vollzogenem Verkehr sich nicht gähnend auf die andere Seite legt und einpennt!«
    »Also, machen wir das mal, so zwischendurch? Zwischen Bingen und Bonn ist der deutsche Rhein am schönsten!«
    »Zwischendurch? Zwischen welchen beiden Bezugspunkten, Jüngling?« Er schwieg; sie fuhr fort: »Au ja, das wäre eine irre Sache, so eine Familienrheindampferfahrt! Mal wieder den Duft der spießbürgerlichen Wohlanständigkeit tief einatmen. Sehen, wie sich's so lebt in Normalverbraucherkreisen!«
    »Gib mal Gas, dann schaffen wir es!«
    »Fahr du!«
    »So ein Riesenschiff?«
    »Hör mal! Mit mir bist du doch auch klargekommen, einigermaßen!«
    Er rutschte hinters Steuer; und es rührte ihn, wie sie sich vertrauensvoll neben ihn schob und ihm den ganzen riesigen Straßenkreuzer überließ. Als er das Vehikel auf die Bundesstraße gewuchtet hatte, versprach er: »Ich werde dir ein bißchen über die Geschichte erzählen, zwischendurch. Es ist, immerhin, ein irrsinnig historischer Fluß! Natürlich inspiriert mich nur die Vorfreude!«
    »Ich bin noch bei der Nachfreude!« sagte sie. Sie kuschelte sich bequem auf dem breiten Sitz zurecht. »Hör mal, wenn wir es nicht bis Bonn aushalten, dann treiben wir es einfach auf der Herrentoilette miteinander, okay? Es macht mir nichts aus – ich meine, die Herrentoilette. Ich mach' das oft.«
    »Was genau, machst du oft?«
    »Auf die Herrentoilette gehen. Versuch mal, die Spur besser zu halten. Nämlich: Ich bin eine besessene Amateurfotografin!« Er schaukelte den sehr weich gefederten ›Camaro‹ schon wieder angsterregend auf, weil er zu heftige Steuerausschläge gab. »Nicht, was du denkst! Ich studiere Toilettenwandkritzeleien! Keiner weiß von meinem geheimen Hobby!«
    »Es wird auch in keiner Hobbyzeitschrift erwähnt!«
    »Weil ich keinerlei zeichnerische Talente besitze, fotografiere ich es lieber ab! Du solltest mal meine Sammlung sehen: Zur Zeit existieren über fünfhundert Texte und mehr als zweihundertundfünfzig Skizzen!«
    »Großartig!« Ronald zeigte sich begeistert. »Andere Männer locken die Frauen auf ihre sturmfreie Bude mit dem Angebot, ihnen ihre Briefmarkensammlung zu zeigen … Was machst du … es interessiert mich rein beruflich und fachlich – ich fotografiere auch … was also machst du, wenn zwischendurch, eh … Männer die Örtlichkeit betreten?«
    Sie lachte herzerfrischend wie ein unschuldiges Kind.
    »Da stell' ich mich einfach mit an die Rinne und tue als ob!«
    Er sah sie ungläubig an.
    »Bei keiner Gelegenheit läßt sich die Psyche des deutschen Spießbürgers besser studieren als am Abtritt eines Männerklos, wenn eine Frau neben ihm steht! – Habt ihr das nie im Psychologieseminar gehabt? Was wird eigentlich heute auf der Universität gelehrt?« Sie zündete sich genüßlich eine Zigarette an. Er wartete ungeduldig auf die Fortsetzung ihres Berichts, fuhr, kurz vor Rüdesheim, eine nervenaufreibende Umleitung, eingeklemmt zwischen einer Kavalkade schwerer Laster, aus der es kein Entrinnen gab. »Da stehen sie dann, die deutschen Supermänner, dicht an dicht vor der geteerten Wand, Glied an Glied sozusagen, und schielen schockiert herüber. Sie können es einfach nicht glauben, weil sie grundsätzlich nur das ›Normale‹ glauben. Aber ich wette: Obwohl sie es nicht glauben, kriegen sie keinen Tropfen

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