Deutschlehrerin
einen Verein mit anderen Betroffenen und war besessen von ihrer Arbeit, ist es wahrscheinlich immer noch. Damals rannte sie dünn wie ein Strich von einem Pressetermin zum anderen.
Xaver
P. S.: Welche Farbe würdest Du für das Badezimmer wählen? Ein kräftiges Rostrot oder ein zartes Gelb?
Fünf Minuten später
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Du weißt, welche Farbe ich wählen würde.
Drei Minuten später
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Rostrot?
Immer, wenn ich vor dem Spiegel stehe, denke ich an Dich, wie Du auf der Toilette saßest, während ich meine Zähne putzte.
Eine Minute später
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Natürlich rostrot!
Zwei Minuten später
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Sag ich gleich dem Maler!
Gesendet: 24. Februar 2012
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Warum gab Denise dir die Schuld? Das finde ich interessant. Du warst ja gar nicht dabei, als er entführt wurde, zumindest las ich das damals in der Zeitung.
Mathilda
Zwei Stunden später
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Liebe Mathilda,
es fällt mir immer noch sehr, sehr schwer, über diese Zeit und über dieses Thema zu schreiben.
Ich war nicht direkt dabei, als Jakob entführt wurde, ich saß in meinem Arbeitszimmer und arbeitete, und das Arbeitszimmer lag im hinteren Teil des Hauses, zur Einfahrt hin, es grenzte also nicht an den Garten, sondern lag in der entgegengesetzten Richtung, und war ungefähr zweihundert Meter von diesem Apfelbaum entfernt, unter dem Jakob in seinem Kinderwagen schlief.
Ich war also nicht dabei, doch war ich es, der unbedingt ein Au-pair haben wollte, damit Denise entlastet ist (und auch ich), denn sie war eher ein nervöser Typ und schnell überfordert. Sie wollte eigentlich kein Au-pair, sondern sich selbst um den Kleinen kümmern, schaffte es aber nicht einmal ansatzweise, auch weil sie viel unterwegs war, und deshalb musste ich mich jeden Tag viele Stunden um ihn kümmern und kam kaum zum Schreiben. Denise ließ sich dann von mir überreden, ein Au-pair zu nehmen, dieses Mädchen passte nicht genug auf und plötzlich lag Jakob nicht mehr in seinem Kinderwagen und war unauffindbar, bis heute. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie schrecklich das ist.
Xaver
Sieben Stunden später
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Ich kann es mir vorstellen!
War das Au-pair eine Schwedin? Hast du noch Kontakt mit ihr? Für sie muss es ja auch sehr schlimm gewesen sein, die ganze Sache.
Gesendet: 25. Februar 2012
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Ja, Liv war Schwedin, sie stammte aus Linköping, das liegt zwei Stunden südlich von Stockholm, sie war blutjung, erst neunzehn, hatte das ganze Leben noch vor sich und den Kopf voller Pläne und Träume, sie wollte nach dem Jahr in Deutschland in Stockholm Sprachen studieren. Ich sehe sie heute noch vor mir, wie sie vor uns in der Küche stand, mit ihren langen blonden Haaren, den grünen Augen, den Sommersprossen, sie war ein lustiger Mensch, quasselte und lachte immerzu. Ihr Leben war dann eigentlich auch zerstört, die Polizei und die Journalisten machten sie ziemlich fertig, Denise sowieso, die schlug sogar einmal auf sie ein. Liv hatte in der Scheune ziemlich lange mit ihrem Freund in Schweden telefoniert und da passierte es, Jakob lag nicht mehr in seinem Kinderwagen unter dem Apfelbaum, wo er geschlafen hatte, der Kinderwagen war leer, seither wurde der Kleine nicht mehr gesehen. Das war am 27. Mai 1998.
Kontakt habe ich kaum mehr mit Liv, ab und zu schreiben wir uns eine E-Mail, ein bis zwei Mal im Jahr. Sie studierte dann doch nicht, arbeitet heute in Linköping irgendwo als Sekretärin, ist nicht verheiratet und hat keine Kinder, besonders gut scheint es ihr nicht zu gehen, sie schrieb mir einmal, dass sie immer noch jeden Tag daran denken muss.
Jetzt möchte ich aber unbedingt einen Themenwechsel! Du erzählst mir von Dir, einverstanden?
Xaver
MATHILDA ERZÄHLT XAVER EINE GESCHICHTE
Wenn ich ihn am späten Nachmittag in seiner Wohnung besuche, erwartet er mich bereits mit Ungeduld, schon an der Tür zerrt er an meinem Kleid, wir beginnen uns sofort zu lieben, er knetet meinen Rücken, saugt an meinen Brustwarzen, küsst mich gierig, und schließlich kommt er viel zu schnell, wie ein verwundetes Tier dabei röhrend. Dieses Geräusch ist es, das mich jedes Mal von Neuem erregt. Doch ich beherrsche mich und wir machen zuerst eine Stunde Gymnastik.
Wir lieben das, wir legen ein altes Aerobic-Video von Jane Fonda ein und turnen dazu. Dabei tragen wir nur Unterwäsche oder sind gänzlich nackt. Wir lachen
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