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Deutschlehrerin

Deutschlehrerin

Titel: Deutschlehrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Taschler
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uns gut, wir plauderten, tranken Kaffee, aßen Kuchen, gingen spazieren. Später aßen wir gemeinsam, Mathilda, Frau Kaminski, ist ja eine wunderbare Köchin, wir hörten Musik, tranken Wein und sprachen über die Schülerinnen, die sich für die Schreibwerkstatt angemeldet hatten. Gegen zehn Uhr fuhr ich ins Hotel.
    J. Z.: Über was plauderten Sie mit Frau Kaminski?
    X. S.: Über alles Mögliche, über alte Zeiten. Es war von Anfang an – eine gute Stimmung da. Nur am zweiten Abend stritten wir uns kurz, daraufhin bin ich früher ins Hotel gefahren.
    J. Z.: Worüber stritten Sie?
    X. S.: Das ist nicht wichtig. Es hat mit der Sache an sich nichts zu tun.
    J. Z.: Das lassen Sie mich beurteilen.
    X. S.: Ich zweifle weder an Ihrem IQ noch an Ihrem Beurteilungsvermögen.
    J. Z.: Das freut mich.
    X. S.: Ich warf in einer dummen Bemerkung Mathilda vor, dass ihre früheren – wie soll ich sagen? – Verhaltensmuster der Grund waren, weshalb ich sie wegen einer anderen Frau verließ. Und meine dumme Bemerkung ging leider noch weiter: Wenn sie eben früher etwas – na ja – nicht so brav und bieder gewesen wäre, hätte ich sie nicht verlassen, hätte kein Kind mit meiner jetzigen Exfrau bekommen und dieses Kind hätte dann auch nicht verschwinden können, weil es ja gar nicht existiert hätte. Auf alle Fälle sagte ich: Dann wäre das Schreckliche gar nicht passiert , und das regte Frau Kaminski auf.
    J. Z.: Und wie würden Sie das heute beurteilen? Wäre Frau Kaminski in der Beziehung mit Ihnen anders gewesen, hätten Sie sie dann wirklich nicht verlassen?
    X. S.: Eigentlich sollte ich nur meinem Therapeuten darauf eine Antwort geben und nicht Ihnen, da es ja nichts zur eigentlichen Sache tut. Aber ich werde Ihnen antworten, weil ich einfach will, dass die ganze Wahrheit ans Licht kommt. Aus heutiger Sicht, nach sechzehn Jahren, würde ich sagen: Sie war in Ordnung, so wie sie war! Ich war ein Idiot, dass ich das damals nicht so sah! Ich verliebte mich in Denise, Frau Sonnenfeld, und verließ deswegen Frau Kaminski. Ich muss zugeben, dass mich natürlich auch der Reichtum und die Bekanntheit von Frau Sonnenfeld anzogen. Damals hätte ich das nie eingestanden.
    J. Z.: Mir geht das jetzt zu schnell.
    X. S.: Ihr IQ hält das aus. Ich dachte damals, meiner Karriere könne es absolut nicht schaden, wenn ich mit einer Prominenten zusammen bin. Meine Karriere ging erst so richtig los, aber ich hatte Angst, dass sie gleich wieder vorbei sein würde und dass der Hype um die Trilogie nur ein Strohfeuer ist. Mit einer Prominenten an meiner Seite würde meine Bekanntheit nicht nur ein Strohfeuer sein, so tickte ich, aber irgendwie unbewusst, zugegeben vor mir selber hätte ich das nie. Zugeben konnte ich es in den letzten Wochen in meinen E-Mails nicht einmal gegenüber Mathilda. Mit ihrer Art hatte es gar nichts zu tun, das weiß ich heute. Nur damals redete ich mir ein, sie wäre mir zu brav, zu bieder, zu konventionell, zu fad – mein Gott, sie war es überhaupt nicht –, und deshalb hätte ich keine andere Wahl als mich für Denise zu entscheiden, ich brauchte das, um mich selbst innerlich rechtfertigen zu können. Dass ich mich für den Bekanntheitsgrad einer Sonnenfeld entschieden habe, das war die Wahrheit. Ich opferte Mathilda der Hoffnung auf eine lang andauernde Karriere, so würde ich das heute bezeichnen. Und jetzt zurück zu Ihrer Frage: Auch wenn Mathilda anders gewesen wäre, wäre ich gegangen! Das ist ja das Traurige! Dann hätte ich eben andere Gründe gefunden, um mein Weggehen zu rechtfertigen! Ich wollte einfach nicht auf die Publicity an der Seite von Frau Sonnenfeld verzichten.
    J. Z.: Das Geburtsdatum Ihrer Exfrau? Wo lebt sie? Wann wurden Sie beide geschieden?
    X. S.: 27. April 1956. Sie wohnt jetzt in München, Schönbergstraße 112. Geschieden sind wir seit Frühling 2004.
    J. Z.: Gut. Die Kollegen in München haben gerade mit ihr Kontakt aufgenommen und ihr mitgeteilt, dass es Neuigkeiten im Fall ihres Sohnes gibt.
    X. S.: Es kommt doch zu keinem Treffen, oder? Ich möchte nicht, dass Mathilda und sie – oder ich – ihr gegenüberstehen.
    J. Z.: Das kann ich Ihnen nicht garantieren. Das entführte Kind, Jakob Sonnenfeld, entstammt also Ihrer Ehe mit Frau Sonnenfeld?
    X. S.: Ich bin total fertig. Können wir eine Pause machen? Kann ich ein Glas Wasser haben?

MATHILDA
    Die letzten vier Jahre im Gymnasium waren für Mathilda äußerst deprimierend, und in vielen Nächten weinte sie sich in den Schlaf.

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