Devil Riders 1 Herz im Sturm
Sein Auge war nicht länger zugeschwollen, es sah beinahe normal aus, und die Verfärbung war auch stark zurückgegangen. Nur zwei rote Pünktchen verrieten, wo die Blutegel gewesen waren.
„Ja, erstaunlich, nicht wahr? Alles schlechte Blut steckt jetzt in ihnen.“ Er streckte die Handfläche aus, auf der die beiden aufgedunsenen schwarzen Egel lagen.
„Igitt!“ Callie wandte den Blick ab und wartete, bis er die Egel wieder in den Krug hatte fallen lassen. „Es ist wirklich nicht nötig, dass Sie mich begleiten“, teilte sie ihm nach einer Weile mit. „Wenn wir schnell von hier verschwinden, ist Graf Anton so klug wie zuvor. Nicky und ich kommen sehr gut allein zurecht. Immerhin bin ich mit ihm ohne Beistand durch ganz Europa gereist.“
„Ich weiß, und ich bin beeindruckt. Trotzdem werde ich Sie begleiten. Tun Sie nicht so, als wären Sie nicht froh, wenn Ihrem Sohn zusätzlicher Schutz zuteil wird.“
Natürlich wäre sie das. Sie wäre sogar sehr froh darüber, nur wollte sie nicht, dass ausgerechnet er dafür sorgte. Er brachte sie ganz durcheinander; die Art, wie er sie ansah, neckte und behandelte, als wäre sie etwas Besonderes und Zerbrechliches, obwohl sie ganz und gar nicht so zerbrechlich war. Und noch nie hatte jemand sie für etwas Besonderes gehalten.
Es war sehr verführerisch, so behandelt zu werden, und sie hegte nicht den geringsten Wunsch, in irgendeiner Form verführt zu werden. In diese Falle war sie schon einmal getappt. Ein gebranntes Kind scheute nun einmal das Feuer.
Seinen Küssen im Stall zu widerstehen war schwer genug gewesen; doch den Kuss, den er ihr gegeben hatte, bevor er zu Tibbys Rettung aufgebrochen war, würde sie niemals vergessen, und wenn sie hundert Jahre alt wurde.
Fest. Besitzergreifend. Leidenschaftlich.
Sie wollte nicht stundenlang in einer engen Kutsche neben einem Mann sitzen, der an nichts anderes dachte, als eine Frau zu küssen, die er kaum kannte. Und dessen Küsse sie all ihre Vorsätze vergessen ließ und sie schwach machten.
Außerdem war er herrisch. Wirklich herrisch. Ihr Leben lang war sie von Männern herumkommandiert worden; man hatte ihre eigenen Wünsche und Meinungen ignoriert. Endlich war sie frei -als Witwe schuldete sie keinem Mann mehr Gehorsam.
Und kein Mann sollte sie je wieder dieser Freiheit berauben. Nicht einmal ein blauäugiger Teufel, der traumhaft küssen konnte.
Dennoch musste sie auch an ihren Sohn denken. Gabriel hatte angeboten, Nicky ebenfalls zu beschützen. Sie wusste, er würde sie und ihren Sohn mit seinem Leben verteidigen. Mehr konnte man nicht verlangen.
Es war jedoch schwierig, etwas von einem Mann zu verlangen, wenn man ihm im Gegenzug nichts anzubieten hatte.
„Sie können die Sicherheit Ihres Sohns nichts aufs Spiel setzen, nur weil Sie böse auf mich sind“, sagte er ruhig.
Sie sah ihn erstaunt an. Konnte der Mann etwa Gedanken lesen? Er hatte recht. Trotz ihrer Vorbehalte ihm gegenüber war er ein starker, ehrenhafter und beschützender Mann, und sie wäre geradezu sträflich dumm, sein Angebot auszuschlagen. „Nun gut, ich willige ein, dass Sie uns begleiten. Vielen Dank“, sagte sie.
Gabriel würde sie vor Graf Anton beschützen.
Und sie selbst würde sich vor Gabriel schützen.
„Ausgezeichnet. Jetzt die Salbe.“ Er nahm ein sauberes Tuch und betupfte die winzigen Bissstellen der Blutegel. Er merkte, dass sie ihn beobachtete. „Wollen wir in den Salon gehen? Nachmittags scheint dort die Sonne hinein, und ich glaube, Barrow hat Feuer im Kamin gemacht, also wird es da gemütlich und warm sein, und Sie können mir die Salbe ganz ungestört auftragen.“
Callie wunderte sich flüchtig, warum er plötzlich Wert auf Ungestörtheit legte - immerhin hatte er völlig ungeniert halb nackt vor ihr und Tibby in der Küche gesessen, aber er hatte bereits die Salbe und eine große grüne Blechdose an sich genommen und die Küche verlassen. Also folgte sie ihm.
Wie sich herausstellte, enthielt die Blechdose Marmeladentörtchen, und Gabriel stand kauend im Sonnenlicht, das durch das große Erkerfenster fiel. Sein Körperbau war kraftvoll, wenn auch nicht so übertrieben muskulös, wie Ruperts gewesen war. Gabriel war geschmeidig, schlank und straff... Er sah aus wie eine griechische Statue, nur warm und aus Fleisch und Blut.
Callie hob den Kopf und erkannte, dass er bemerkt hatte, wie sie seinen nackten Oberkörper studiert hatte. Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. „Ich habe nur
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