Devil Riders 1 Herz im Sturm
können.“
„Was sind denn wichtige Dinge?“
„Ach, Sie wissen schon, Etikette, Diplomatie, weibliche Fertigkeiten - ich meine, was für einen Sinn hat Stickerei?“ Sie verdrehte die Augen. „Der ganze Palast war voll von kitschigen, tadellos gearbeiteten Stickarbeiten; Vorhänge, Gobelins, Kissenbezüge, alles, was man sich nur vorstellen kann. Mehr war wirklich nicht nötig, aber nein, ich musste sticken.“
„Sie hassen also Näharbeiten.“
„Nein, ich nähe sogar recht gern, nur muss es etwas Nützliches sein. Eine Prinzessin darf jedoch nichts Nützliches tun. Nichts Interessantes.“ Sie lachte trocken, als sie daran denken musste. „Ich weiß nicht, wer enttäuschter von mir war, Papa oder Rupert.“
Die glücklichste Zeit ihres Lebens hatte sie bei Tibby ver-bracht - abgesehen von der, als Nicky zur Welt gekommen war. Tibby hatte nie von ihr erwartet, dass sie ein anderer Mensch war. Tibby mochte sie so, wie sie war. Und Tibby interessierte sich für alle möglichen unpassenden Dinge und hatte Callie dazu ermutigt, das ebenfalls zu tun.
Nicky war der Grund gewesen, warum sie aus Zindaria geflohen war, aber sich selbst und Nicky zuliebe war sie zu Tibby geflohen. Sie hatte vorgehabt, für sich und Nicky ein neues Leben aufzubauen, eins ohne ständige Kritik von außen.
Callie wusste, dass Tibby sich immer ein Kind gewünscht hatte. Tief im Innern hatte sie die Frau wie eine Mutter geliebt, gleichzeitig hatte Tibby sie stets wie ihre eigene Tochter behandelt.
Jetzt hatte Graf Anton auch diesen Traum zerstört. Sie konnte nie wieder zurückgehen und mit Tibby Zusammenleben, nachdem Graf Anton wusste, wo sie wohnte. Unwillkürlich massierte sie Gabriel härter.
Er gab sich ganz diesem sinnlichen Gefühl hin und dachte über das nach, was sie ihm erzählt hatte. „Während Napoleon sich also alle Mühe gab, sich Europa einzuverleiben, ging Ihr Vater auf große Reise, um sich infrage kommende königliche Schwiegersöhne anzusehen. Ist Napoleon ihm dabei denn nicht in die Quere gekommen?“
„Oh doch, natürlich“, bestätigte sie. „Napoleon nahm die Königshäuser in Europa ein und machte seine eigenen Verwandten zu Königen und Königinnen. Papa war außer sich deswegen. Napoleon war von sehr niedriger Abstammung, wissen Sie, er gehörte keineswegs zu den oberen Zehntausend. Seine Eroberungen haben ein paar sehr gute Chancen für mich zunichte gemacht, daher war Papa gezwungen, sich weit über die Grenzen hinaus umzusehen. Er fand das alles schrecklich lästig.“
Gabriel schnaubte angesichts dieses neuen Aspekts der Eroberung Europas. Es tat ihm beinahe leid, dass er Papa nie begegnet war.
„Papa war ziemlich erleichtert, als er Prinz Rupert überreden konnte, mich zu nehmen. Rupert scherte sich nicht um Aussehen oder Vermögen - ihm kam es allein auf die Abstammung an. Mamas Familie war arm, aber von sehr edlem Geblüt. So etwas war für Rupert äußerst wichtig - nachvollziehbar, als Pferdezüchter.“ Gabriel lachte zynisch auf. „Ein romantisch veranlagter Knabe, wie ich sehe.“
Sie hielt einen Moment lang inne. „Nein. Nein, das war er nicht“, sagte sie schließlich ruhig und fuhr fort, ihn zu massieren.
Offensichtlich hatte Gabriel einen Nerv getroffen. Er drehte sich zu ihr um. Sie hielt den Kopf gesenkt und rieb ihn weiterhin konzentriert mit der Salbe ein, ohne ihn anzusehen. Er kannte sich mit jungen Mädchen nicht gut aus, aber er konnte sich vorstellen, dass es für sie ein absoluter Traum gewesen sein musste, einen geheimnisvollen fremden Prinzen zu heiraten. „Wie alt waren Sie, als Sie ihn geheiratet haben?“, konnte er nicht umhin zu fragen.
Sie zuckte die Achseln und wich seinem Blick aus. „Fast sechzehn.“
Er runzelte die Stirn. „Das erscheint mir ziemlich jung.“
Beinahe zornig verteilte sie mehr Salbe auf seiner Haut. „Rupert dachte, eine junge Braut würde fruchtbarer sein. Ich war bereits seine zweite Ehefrau, müssen Sie wissen. Die erste war unfruchtbar.“ Sie rieb energisch über seinen Brustkorb. „Nach Jahren der Abwesenheit erschien Papa wie aus heiterem Himmel und teilte mir mit, wir würden nach Zindaria fahren, wo ich einen Prinzen heiraten sollte.“ Sie behandelte seine Blutergüsse, als wären sie Flecken, die man entfernen musste. Gabriel zuckte nicht zusammen und gab auch keinen Ton von sich.
So viel zu Mädchenträumen, dachte er. Wenn er den Mann nicht schon vorher für einen kompletten Idioten gehalten hätte, wäre er jetzt
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