Devoted - Geheime Begierde: Band 1 - Roman (German Edition)
überflogen. Zu meiner Erleichterung habe ich festgestellt, dass meine eigentlich ganz in Ordnung ist – es ist die Szene, in der Jennifer den Regisseur überreden will, ihr die Hauptrolle zu geben. Ein einfacher Dialog. Natürlich bin ich mir darüber im Klaren, dass Marc mein Partner auf der Bühne sein wird, trotzdem ist es immer noch besser als ein Monolog.
Ich fahre meinen Laptop hoch und suche nach einer Inhaltsangabe von Ruf der Nacht . Ich kenne das Stück zwar, aber nur flüchtig. Schließlich werde ich fündig.
Jennifer Jones ist eine junge Ballerina, die um jeden Preis Erfolg haben will. Um die Hauptrolle im Nussknacker zu ergattern, verführt sie den um einige Jahre älteren Regisseur und bekommt die Rolle tatsächlich. Allerdings gelingt es ihr nicht, das Publikum für sich zu gewinnen. Als sie ausgebuht wird, begeht sie Selbstmord. Das Stück thematisiert die Problematiken des Altersunterschieds zwischen zwei Menschen und die weibliche Macht.
Ich betrachte mein Gesicht im Spiegel. Ja, meine Lippen sind voll, das stimmt. Und ich habe recht hübsche dunkelbraune Augen und bemerkenswert lange Wimpern. Aber ich bin keine atemberaubende Schönheit, wie sie für die Rolle der Jennifer vorgesehen ist.
Obwohl ich weiß, dass ich eigentlich meinen Text lernen sollte, kann ich mich nicht von meinem Computer losreißen. Stattdessen ertappe ich mich dabei, dass ich »Mark Blackwell Freundin« in Google eingebe.
Bilder atemberaubender Hollywoodschönheiten erscheinen auf dem Bildschirm, Arm in Arm mit Marc Blackwell bei irgendwelchen Partys und Filmpremieren. Und sie sehen alle sensationell aus, mit perfekten Zähnen, schimmernder, makelloser Haut, glänzendem Haar und tollen Klamotten.
In sämtlichen Artikeln steht, Marc sei beobachtet worden, wie er an der Seite einer dieser Schönheiten »die ganze Nacht durchgefeiert« oder »morgens das Hotel verlassen« habe, aber eine feste Freundin wird mit keiner Silbe erwähnt.
Wenn es keiner dieser bildschönen Frauen gelungen ist, ihn an sich zu binden, ist es wohl aussichtslos , denke ich und stelle mit einem Anflug von Verärgerung fest, dass ich enttäuscht bin.
Wieso das denn? Hast du dir etwa eingebildet, du könntest ihn für dich gewinnen, nur weil er sich an dein Vorsprechen erinnert hat?
Natürlich nicht. Aber als wir uns heute Morgen im Wald begegnet sind und geredet haben … über das Licht und das Dunkle in uns …
Entschlossen schiebe ich den Gedanken beiseite. Marc Blackwell hat keinerlei Interesse an einer jungen Studentin aus einem Kuhdorf.
Ich sehe auf die Uhr und stelle erschrocken fest, dass es gleich Zeit für meinen Auftritt ist.
❧ 16
D as Queen’s Theatre des Ivy College wurde zu Ehren von Dame Gabriela Knight erbaut. Das weiß ich, weil eine goldene Tafel an der Ziegelmauer des Theaters verrät, dass die gefeierte Schauspielerin den Bau erst ermöglichte.
Darüber hinaus habe ich erfahren, dass er im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben und erst vor drei Monaten fertiggestellt wurde. Das bedeutet, dass wir die ersten Studenten sind, die das Theater benutzen. Genauer gesagt wäre es sogar möglich, dass ich die allererste Studentin bin, die ihr Können hier unter Beweis stellen soll. Was meine Nervosität nicht gerade schmälert.
Ich muss wieder an den älteren Herrn denken, der mir am Tag des Vorsprechens den Weg gezeigt hat und meinte, Marc Blackwell würde bestimmt bald einen Komplex aus Glas und Beton auf das Grundstück stellen. Doch das Theater wurde im selben Stil wie die anderen Gebäude erbaut, was den Schluss zulässt, dass Marc das Aussehen und die Geschichte des Colleges unbedingt bewahren wollte.
Ich öffne die Doppeltür – ebenfalls mit Rundbogen, wie alle anderen hier – und trete ein. Dunkelheit und Stille empfangen mich.
Links von mir befinden sich mehrere Lichtschalter. Ich knipse sie an.
Einige Reihen bequemer, samtbezogener Sitze sind halbkreisförmig vor einer hölzernen Bühne arrangiert. Beim Anblick der hell erleuchteten Bühne macht mein Herz einen Satz. Ich liebe die Bühne. Ich liebe es, am Rand zu stehen und die erwartungsvollen Gesichter des Publikums im Dunkeln zu sehen, bevor ich hinaustrete, und ich liebe es, ihre Reaktionen auf meine Darbietung aus nächster Nähe zu spüren.
Meine tiefe Liebe für diese Bretter, die die Welt bedeuten, verscheucht all meine Ängste, und ich habe nur noch einen Wunsch: endlich diese Stufen hinaufzugehen und zu spielen. Die Schauspielerei ist meine große
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