Dexter
Chutsky an, aber sie ließ ihn nicht ausreden.
»Gottverdammt, Chutsky, ich muss es einfach tun, und zwar jetzt, auf meine Art, ohne Rücksicht auf irgendwelche Bürgerrechte oder solchen Scheiß, und wenn dir das nicht passt, dann halt die Klappe und hau ab.« Sie riss an der Kette, die nach unten glitt. »Ich gehe jetzt rein, finde Samantha und mach Bobby Acosta fertig.« Sie trat gegen das Tor, das mit einem gequälten Ächzen aufsprang. Meine Schwester warf Chutsky und mir einen wütenden Blick zu. »Bis nachher«, knurrte sie und lief hinein.
»Debs. He, Debbie, komm schon«, flehte Chutsky. Sie ignorierte ihn und marschierte in den Park. Chutsky seufzte und sah mich an. »Okay, Kumpel. Ich übernehme die rechte Flanke; du die linke. Auf geht’s.« Er folgte Deborah durch das Tor.
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass zwar andauernd über Freiheit geredet wird, aber keiner von uns wirklich frei zu sein scheint? Es gab nur wenige Dinge auf der Welt, die ich weniger gern tun wollte, als meiner Schwester in den Park zu folgen, wo offensichtlich eine Falle auf uns lauerte, und ich, falls doch allesglatt lief, bestenfalls darauf hoffen konnte, Samantha zu bergen, damit sie mein Leben ruinierte. Hätte ich mich wirklich frei entscheiden können, wäre ich mit Deborahs Auto zur Calle Ocho gefahren, um dort ein Palomilla Steak und ein Iron Beer zu bestellen.
Doch wie alles auf der Welt, das einen guten Klang hat, war auch Freiheit eine Illusion. In diesem Fall hatte ich keine größere Wahl als ein Mann auf dem elektrischen Stuhl, dem man versicherte, dass es ihm freistünde, so lange wie möglich am Leben zu bleiben, wenn der Schalter erst einmal umgelegt war.
Ich sah zu Roger dem Piraten hoch. Sein Lächeln wirkte plötzlich gehässig. »Hör auf zu grinsen«, befahl ich. Er reagierte nicht.
Ich folgte meiner Schwester und Chutsky in den Park.
[home]
37
W ir alle haben gewiss genug alte Filme gesehen, um zu wissen, dass vernünftige Personen verlassene Freizeitparks meiden, insbesondere, wenn die Sonne untergeht, was sie soeben tat. Schreckliche Dinge lauern an diesen Orten, und jeder, der sie betritt, findet ein grauenhaftes Ende. Vielleicht war ich überempfindlich, aber Buccaneer Land wirkte eindeutig gruseliger als alles, was ich jemals außerhalb eines schlechten Films erlebt hatte. Ein Echo fernen Gelächters hing über den in der Dunkelheit verrottenden Fahrgeschäften und Buden, und es hatte einen höhnischen Unterton, als hätten die langen Jahre der Vernachlässigung den Park in etwas Niederträchtiges verwandelt, und er könnte es kaum erwarten, dass mir etwas zustieß.
Doch Deborah hatte es offenbar versäumt, mit angemessenem Eifer alte Filme zu schauen. Sie schien völlig unbeeindruckt, als sie jetzt mit gezogener Waffe in den Park marschierte und dabei ganz allgemein den Eindruck vermittelte, sie laufe nur rasch zum Laden um die Ecke, um etwas Speck zu kaufen. Chutsky und ich holten sie nach etwa fünfzig Metern ein, aber sie würdigte uns kaum eines Blickes. »Verteilt euch«, sagte sie.
»Immer mit der Ruhe, Debs«, erwiderte Chutsky. »Wir brauchen einen Moment, um uns abzusprechen.« Er sah mich an und wies mit dem Kopf nach links. »Du prüfst die Fahrgeschäfte. Schau hinter den Buden und Schuppen nach, überall dort, wo man sich verstecken kann. Sieh dich gründlich um, Kumpel. Halt Augen und Ohren offen, verlier Debbie nicht aus dem Blick und sei vorsichtig.« Er wandte sich an Debs. »Hör mal, Debs …« Aber sie richtete die Waffe auf ihn, um ihn zum Schweigen zu bringen.
»Herrgott, Chutsky, tu es einfach.«
Er sah sie einen Moment an. »Sei vorsichtig!« Er wandte sich ab und lief nach rechts. Er war ein sehr großer Mann mit einer Fußprothese, aber als er in die Dämmerung glitt, fielen Jahre und körperliche Beeinträchtigungen von ihm ab, und er wirkte wie ein gut geölter Schatten, während er seine Waffe automatisch von rechts nach links schwenkte, und ich war sehr froh, dass er uns mit seinem Sturmgewehr und seiner langjährigen Erfahrung begleitete.
Doch ehe ich dazu kam, die Marines-Hymne »Halls of Montezuma« anzustimmen, versetzte Debs mir einen derben Stoß und funkelte mich wütend an. »Zum Teufel, worauf wartest du noch?«, fauchte sie. Obwohl ich mir viel lieber in den Fuß geschossen hätte und nach Hause gefahren wäre, trottete ich nach links in die zunehmende Dunkelheit.
Wir stapften in bester paramilitärischer Tradition durch den Park, die
Weitere Kostenlose Bücher