Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
Vom Netzwerk:
verwandelte sich der hämmernde Sound, der bereits draußen nervtötend gewesen war, in die reine Pein betäubenden Lärms. Der quälende Beat wurde von einem elektronischen Schrillen überlagert, zwei gleichzeitig gespielten Noten, die nicht ganz harmonierten und sich alle zehn Sekunden wiederholten. Nach jeder zweiten oder dritten Wiederholung wisperte eine elektronisch verzerrte, dunkle Stimme, die viel zu sehr nach der des Passagiers klang, leise, bösartig und hypnotisch unverständliche Silben.
    Wir gingen einen kurzen Flur hinunter auf die Quelle des unerträglichen Lärms zu. Im Näherkommen nahm ich zuckendes Licht wahr, offensichtlich eine Art Stroboskop, allerdings mit Schwarzlicht. Jemand brüllte »Huuu!«, und das Licht wurde rot, zuckte heftig und flammte mit dem Einsetzen eines neuen grauenhaften »Stücks« kurz blendend weiß auf, ehe es wieder zu Ultraviolett wechselte. Der Beat hielt keinen Moment inne, veränderte sich nicht, aber die beiden schrillen Noten wechselten in ein neues Muster, diesmal von einem Kreischen begleitet, bei dem es sich vermutlich um eine verzerrte, schlecht gestimmte elektrische Gitarre handelte. Dann setzte die Stimme wieder ein, diesmal verständlich: »Trinkt!«, rief sie, und mehrere Stimmen antworteten »Huu!« und andere modische Silben der Ermutigung. Gerade als wir den Durchgang erreichten, brach die tiefe, bösartige Stimme in ein Kichern aus, das direkt aus einem alten Gruselfilm zu stammen schien – »Mu-ha-ha-ha« –, und dann standen wir im Hauptsaal des Clubs.
    Dexter war noch nie ein begeisterter Partygänger: Größere Menschenansammlungen erzeugen in mir stets ein gewisses Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass ich nicht von menschlichen Regungen geleitet werde. Doch hatte ich nie zuvor ein eindringlicheres Beispiel dafür gesehen, was an dem Versuch, sich gemeinsam mit anderen zu amüsieren, falsch ist. Selbst Deborah erstarrte einen Moment, um den Anblick zu verdauen. Vergebens.
    Durch einen dichten Weihrauchschleier konnten wir erkennen, dass der Raum aus allen Nähten platzte, sämtliche Besucher unter dreißig und schwarz gekleidet. Sie wanden sich auf der Tanzfläche zum Hämmern des Beats dieses grauenhaften Lärms, die Gesichter verzerrte Masken des Entzückens, und das Schwarzlicht des Stroboskops glitzerte unheimlich auf den Reißzähnen, die viele von ihnen zur Schau stellten.
    Rechts von mir bedienten auf einer Art erhöhter Plattform zwei Frauen die Plattenspieler. Beide hatten lange dunkle Haare und sehr bleiche Haut, die in der flackernden Beleuchtung nahezu grün wirkte. Sie trugen enge, wie angegossen sitzende schwarze Kleider, deren hohe Kragen die Hälse verbargen, mit rautenförmigen Dekolletés, durch die man die Fläche zwischen ihren Brüsten sah. Sie standen so dicht beieinander, dass sich ihre Gesichter berührten, wenn sie sich vorbeugten, und immer wieder strichen sie sich zärtlich über die Hände.
    An der Seitenwand hingen drei schwere Samtvorhänge, und während ich sie betrachtete, glitt einer davon zur Seite und gab den Blick auf eine Nische frei. Darin saß ein älterer, komplett schwarzgekleideter Mann. Während er eine junge Frau am Arm hielt, wischte er sich mit der anderen Hand über den Mund. Das Licht des Stroboskops ließ einen Moment lang etwas auf der nackten Schulter der Frau aufglitzern, und eine leise innere Stimme flüsterte mir zu, dass das bestimmt Blut war – aber die Frau lächelte den Mann an und schmiegte ihren Kopf an seinen Arm. Er führte sie aus der Nische zurück auf die Tanzfläche, und sie verschwanden in der Menge.
    Am anderen Ende des Saals stand ein riesiger Springbrunnen. Die darin sprudelnde dunkle Flüssigkeit wurde von unten aus einer Lichtquelle angestrahlt, die im Rhythmus des unbarmherzigen Beats von einer Farbe zur anderen wechselte. Und hinter dem Springbrunnen stand, von unten schrecklich theatralisch blau ausgeleuchtet, kein anderer als Bobby Acosta. In den erhobenen Händen hielt er einen großen goldenen Pokal, geschmückt mit einem riesigen roten Edelstein, aus dem er in Becher einschenkte, die die Vorbeitanzenden emporhielten. Er lächelte ein wenig zu bemüht, ganz offensichtlich, um mit seinen teuren, spitzen Kronen von Dr. Lonoff zu prahlen, und während er so den Pokal hoch über seinen Kopf streckte und sich zufrieden im Saal umschaute, fiel sein Blick auf Deborah, und er erstarrte, was unglücklicherweise dazu führte, dass sich der ominöse Inhalt des Pokals über ihn

Weitere Kostenlose Bücher