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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Richter
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allein der Ansatz einer Ausrede war bereits zum Scheitern verurteilt. In den Augen ihrer Mutter waren sie. Und irgendwie stimmte das ja sogar auch. Fast. Ein bisschen.
    Stattdessen räusperte sie sich kurz, verschränkte die Arme vor der Brust und erwiderte: »Er ist wirklich toll.«
    Anita lunzte noch mal kurz durch den Türspalt in den engen Flur. »Wo habt ihr euch denn kennengelernt? Ich hab mir ja schon langsam Gedanken gemacht. Dass sich nie jemand für dich begeistern konnte   … Aber es war wohl wirklich alles nur eine Frage der Zeit, bis der Richtige kommt. Kennst du ihn aus der Bücherei? Oder ist er Arzt? Diese gerade Haltung   … die ist bestimmt ein Vorteil im OP. Hast du ihn im Krankenhaus kennengelernt? Als du dir letztens den Fuß verknackst hattest?«
    »Das ist schon zwei Monate her. Wir kennen uns erst seit einer Woche.« Überrascht sah ihre Mutter sie an. Ups, jemanden, den man erst eine Woche kannte, gleich den Eltern vorzustellen, klang vielleicht nicht sonderlich glaubhaft; zumindest nicht, wenn man Lea war. »A-also, seit einer Woche ist es etwas Festes. Und er ist kein Arzt.«
    Ehe sie es sich versah, saßen sie vor dem Teeservice. Die Plätze an dem kleinen, viereckigen Esstisch unterlagen einer eingebürgerten Sitzordnung: Lea hatte den Fernseher im Rücken, da sie als Kleinkind in Ruhe hatte essen sollen. Ihr gegenüber saß Bernhard, der trotzdem immer irgendwelcheSportsendungen verfolgt hatte. Zu Leas Linken saß ihre Mutter, was für Noel nur noch den Sitz zu ihrer Rechten übrig ließ. Der zog ihr, sobald er erkannt hatte, welcher ihr angestammter Platz war, den Stuhl zurück, was ihre Mutter mit einem kleinen Glucksen und Bernhard mit einer erhobenen Augenbraue quittierten.
    Auf dem Tisch stand ein Obstkuchen mit Dosenpfirsichen und ein paar Kekse. Trotz Verwunderung hatte sich Anita dazu überreden lassen, Noel nichts außer seinem mitgebrachten Teig zu servieren. Bernhard bedachte das zwar mit einem gewissen Argwohn, aber beide Elternteile schienen die Ausrede der seltenen asiatischen Entschlackungsdiät zu schlucken.
    Lea bemühte sich nach Kräften, das Gespräch beim Urlaub ihrer Eltern zu halten, doch irgendwann endeten sie doch immer wieder bei ihrer Begleitung.
    »Woher kommst du denn, Noel?«, wollte ihre Mutter wissen.
    »Ich wurde hier geboren.«
    »Und womit unterhältst du dich?« Bernhards Frage war zwischen seinen Bissen kaum verständlich.
    »Wie bitte?«
    »Er meint, was du arbeitest.« Leas Mutter tätschelte ihrem Freund den Unterarm.
    »Mhm, der Kuchen schmeckt toll, Mama«, warf Lea ein, doch ihr Plan, damit das Thema zu wechseln, ging nicht auf.
    »Danke, Schatz. Also, Noel?«
    Lea starrte auf den Pfirsich, der langsam von ihrer Gabel zurück auf den Teller plumpste. Na und, dann würde er eben sagen, dass er erwerbslos war. Er war noch jung; viele Männer in seinem Alter suchten noch nach der richtigen Möglichkeit, sich zu verwirklichen.
    »Ich lerne noch, aber ich hoffe, dass ich mich bald selbstständig machen kann. Ich möchte Ihrer Tochter etwas bieten können.«
    Augenblicklich ruckte Leas Kopf nach oben. Das ja gar keine so schlechte Antwort!
    »Richtig so.« Ihr Stiefvater nickte. »Etwas anderes möchte ich von jemandem, den unser Mädchen mitbringt, auch nicht hören.«
    »Und in welche Richtung willst du gehen?«, bohrte ihre Mutter weiter.
    »Mutter!«, unterbrach Lea sie. »Hört doch mal auf, ihn so zu löchern!«
    »Lass mich doch neugierig sein!«, entgegnete sie, widmete sich aber vorerst wieder ihrem Kuchen.
    Für einen Moment aßen alle schweigend und Lea hatte den Eindruck, dass die Wanduhr noch nie so laut getickt hatte.
    »Hat denn für Sie etwas mit dem letzten Jahr geendet?«, fragte Noel dann an ihre Eltern gewandt und brach mit dieser einfachen naiven Frage das Eis wie ein dicker Pinguin und irgendwie flutschte die Unterhaltung danach wie geschmiert. Es dauerte nicht lange, bis sich Bernhard auch das letzte Stück Obstkuchen einverleibt hatte und das Teekränzchen damit als beendet erklärte. Er erhob sich, brachte seinen Teller in die Küche und ließ sich auf dem Sofa nieder.
    »Ich schalte jetzt den Fernseher wieder ein«, verkündete er.
    »Tu, was du nicht lassen kannst«, erwiderte Leas Mutter mit einem Augenrollen. »Wir haben zwar Besuch, aber   … «
    »Unsinn!«, entgegnete er. »Ich habe jetzt lange genug darauf warten müssen und der gute Noel guckt sich sicher gerne mit mir das Spiel an, oder mein Junge? Du magst

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