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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Henkelmann aus den Händen. Als sie ihn öffnete, fiel ihr als Erstes dieGeldbörse des Grafen in die Hände, aus der ein Fünfpfundschein hing. Emma griff danach, lachte Mary und Lore mit ihrem zahnlosen Mund an und stieg so flink aus der Kutsche, als habe sie Angst, Lore würde ihr das Geld wieder abnehmen. Die aber packte den Blechtopf aus und sah, dass auch sonst noch alles vorhanden war, einschließlich ihrer eigenen Papiere und des Geldes ihres Großvaters.
    Mary deutete auf das Portemonnaie und lächelte. »Da Jonny nicht nach London fahren musste, ist bis auf ein paar Shilling noch alles drin. Der feine Herr aus Deutschland kam ein paar Minuten nachdem der Schweinekerl euch entführt hatte. Ich habe ihm sofort deinen Brief gegeben und ihm erklärt, was passiert ist. Er hat sich furchtbare Sorgen um Nati gemacht, und wir anderen natürlich auch. Wo ist Lady Püppchen? Sie lebt doch noch? Sag, dass es ihr gutgeht! Oder hat dieser verrückte Halunke ihr etwas angetan?«
    »Nati ist in Sicherheit. Onkel Thomas hat sie ins Hotel gebracht, und dort kümmert sich jetzt wahrscheinlich schon ein Arzt um sie.«
    »Der Heiligen Jungfrau sei Dank!« Mary freute sich aufrichtig. Lore sah sie nachdenklich an. Thomas Simmern hatte unterwegs erklärt, er würde eine Zofe für die Kleine suchen. Auch wenn Mary durch ihre Krücken behindert war, schien sie ihr die beste Person dafür zu sein. Nach den Erfahrungen mit Ruppert war ihr nicht danach, eine Fremde in Natis Nähe zu sehen. Daher zupfte sie Simmern zaghaft am Ärmel.
    »Was gibt es?«, fragte Onkel Thomas freundlich.
    »Es geht um Mary, oder vielmehr um Nati. Könnte nicht Mary deren Pflege übernehmen? Sie ist sehr pflichtbewusst und vertrauenswürdig. Außerdem hat sie dafür gesorgt, dass das Testament Graf Retzmanns und die anderen Papiere nicht in die Hände Rup perts gefallen sind.«
    Während Thomas Simmern angesichts der Krücken ein zweifelndes Gesicht zog, war Mary für diesen Vorschlag Feuer und Flamme.
    »Ich würde mich gerne um Lady Püppchen kümmern. Aber wenn Sie wegen meiner Beine Bedenken haben, könnte auch meine Schwester Prudence einspringen. Sie wäre auf jeden Fall eine bessere Pflegerin als eine angemietete Krankenschwester. So eine taugt meistens nichts, sondern säuft, lässt das Fenster offen, so dass es zieht, und ist sich zu fein, Handreichungen zu machen. Laurie, du kennst meine Schwester. Sie ist für uns treppauf und treppab gelaufen, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu beschweren. Bitte stellt sie ein, wenigstens für die Zeit, die ihr in England bleibt! Wenn der feine Herr ihr dann ein gutes Zeugnis ausstellt, hat sie die Aussicht auf eine gute Stelle als Kindermädchen oder Hausangestellte.«
    Als der »feine Herr« Lore fragend ansah, nickte diese, auch wenn sie gerne länger mit Mary zusammengeblieben wäre. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, tauchte Mrs. Penn auf, ergriff seine Hand und küsste sie ehrfürchtig.
    »Sir, wir stehen für immer in Ihrer Schuld! Ach Mary, stell dir vor, der feine Herr hat uns dreihundert Pfund statt der von Lady Laurie versprochenen hundert gegeben – für den ganzen Ärger und die ruinierten Möbel! Oh, Mylord! Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll!«
    »Mama! Es geht um Prudence«, unterbrach Mary ihre Mutter. »Lady Nathalia hat wieder einen schlimmen Rückfall. Prudence kann doch mit Laurie mitgehen und für sie arbeiten, nicht wahr?«
    »Aber ja, gnädiger Herr! Sie können meine zweitälteste Tochter mitnehmen, so lange Sie wünschen. Sie brauchen ihr auch kein Gehalt zu zahlen. Wir können den Kontrakt gleich auf der Stelle abschließen. Da drüben steht die Vermittlerin.«
    Onkel Thomas lächelte nachsichtig. »Den ihr zustehenden Lohn soll die junge Dame schon bekommen. Sie muss nur bereit sein, nach London und wahrscheinlich auch nach Southampton mitzukommen. Unter diesen Bedingungen engagiere ich sie. Aber nicht hier auf der Straße und in dieser Kälte. Kommen Sie, wenn Sie Ihr Haus wieder eingeräumt haben, mit Ihrer Tochter und der Vermittlerin ins Hotel.«
    Während Mrs. Penn hocherfreut nickte, umarmte Lore Mary zum Abschied. »Prudence ist ja ganz lieb, aber ich würde mich freuen, wenn auch du bei uns sein könntest. Du bist so tatkräftig. Weißt du, was? Wenn ich alt genug bin, um mein Modeatelier aufzumachen, schreibe ich dir. Dann kommst du und wirst meine Geschäftspartnerin. Wir beide … oh, Onkel Thomas wird ungeduldig! Nati ist allein im Hotel. Wir hören

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