Dezembersturm
erregend wirkten. Bevor er sie jedoch näher in Augenschein nehmen konnte, stellte Hede die Frage, die sie am meisten bewegte.
»Haben Sie etwas von Ihrem Vetter Fridolin gehört? Er war vor etwa zwei Monaten das letzte Mal hier, und seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
»Ich habe keine Ahnung, wo sich der Bengel aufhält!«
Hede zuckte bedauernd mit den Schultern. »Schade! Ich hatte gehofft, Sie könnten mir Auskunft geben.« Sie sah, dass sein Blick ein besonders hübsches Mädchen verschlang, doch genau dieses konnte sie ihm nicht überlassen. An diesem Abend wollte ein höherer Herr der Regierung vorbeikommen, und für den war die Schöne reserviert.
Daher lenkte sie sein Augenmerk auf Gerda, die an diesem Abendnoch keinen Kunden zu verzeichnen hatte. »Wie gefällt Ihnen die Kleine dort, Herr von Trettin? Sie ist frei und könnte Ihnen in den nächsten Stunden zur Verfügung stehen.«
Auf einen für Außenstehende unbemerkbaren Wink ihrer Herrin erhob Gerda sich mit einer lasziven Bewegung und tat so, als müsse sie ihr Strumpfband richten. Dabei beugte sie sich leicht nach vorne, so dass Ottokar von Trettin nicht nur ihr bis zu den Oberschenkeln entblößtes Bein sehen, sondern auch einen tiefen Einblick in ihr Dekolleté tun konnte.
»Nun, ich wäre nicht abgeneigt«, sagte er, berichtigte sich dann aber. »Eigentlich hatte ich mir überlegt, mich mit zwei Mädchen zu vergnügen. Mit einer Frau allein kann ich auch zu Hause ins Bett gehen.«
Seine Sprache klang etwas rüder, als Hede es sonst von ihren Gästen gewohnt war, dennoch tadelte sie ihn nicht. »Haben Sie besondere Wünsche?«
»Nun, ich würde gerne mehr tun, als einfach nur mit dem Mädchen zu schlafen. Die Art der Franzosen könnte mir zum Beispiel gefallen.«
Wenn ich schon hier bin, dann soll es sich auch lohnen, fügte er in Gedanken hinzu. Er brauchte dringend Entspannung, um das Grauen zu vergessen, das ihn seit seinen Schüssen auf Florin in den Klauen hielt.
Hede vervierfachte in Gedanken den Preis, den sie diesem Mann für eine Nacht mit ihren Mädchen abnehmen wollte, und nannte ihm ganz geschäftsmäßig die Summe. Bei einem Stammkunden hätte sie mehr Diskretion geübt, doch dieser Krautjunker war kein regelmäßiger Gast und sollte nicht glauben, ihre Mädchen wären so billig zu haben wie Straßendirnen oder die Bauerntrampel aus seiner Heimat.
Als er die Summe vernahm, musste Ottokar von Trettin schlucken. Hede erklärte ihm jedoch rasch, dass er mit den beiden Mädchenungestört bis zum Morgen im Séparée bleiben könne und der Wein und die Knabbereien mit inbegriffen seien.
Für einen Augenblick schwankte der Gutsherr, ob er so viel Geld ausgeben oder wieder gehen sollte. Ein weiterer Blick auf Gerda machte ihm die Entscheidung leicht.
»Also gut«, sagte er. »Machen wir es so. Soll ich gleich bezahlen oder später?«
»Sie sind ein Mann von Welt, Herr von Trettin, daher vertraue ich Ihnen. Bezahlen Sie, wenn Sie mein Haus verlassen wollen. Bis dorthin wünsche ich Ihnen unvergessliche Stunden mit Gerda und Reinalde.«
»Ihre Huren haben aber sehr deutsche Namen!«, wunderte sich Ottokar von Trettin. »In Königsberg heißen sie Paulette, Nanette und Ninon und kommen aus Paris.«
»Können Sie mir sagen, warum ein französischer Unterleib besser sein soll als ein deutscher?«, fragte Hede spöttisch. »Mein lieber Trettin, die französischen Spitzenkönnerinnen in diesem Geschäft bleiben in der Heimat, denn sie haben es nicht nötig, ins Ausland zu gehen. Die, die das tun, sind meistens abgehalfterte Schlampen, die zu Hause nur noch als Soldatenhuren arbeiten könnten. Meine Mädchen hingegen sind jung, gesund und sauber. Doch das werden Sie gleich selbst erleben.« Hede schob den Gutsherrn auf Gerda und Reinalde zu, die ihn in die Mitte nahmen und mit ihm nach oben verschwanden.
Ein Offzier trat mit einem Glas Cognac in der Hand auf Hede zu und verzog spöttisch den Mund. »Das war wohl wieder so ein Provinzler, der hier seinen heimischen Ehedragoner vergessen will!«
»Auf alle Fälle ist er ein Mann mit Geld, Herr Major, was man nicht von jedem Gast sagen kann.«
Der Offzier wusste genau, dass er gemeint war, lachte aber nur und prostete Hede zu.
Unterdessen hatten die beiden jungen Huren ihren Gast in eines der freien Zimmer geführt. Dieses wurde von einem großen Bett mit Messinggestänge und rotem Samtbezug beherrscht. Dazu gab es noch eine kleine Anrichte sowie einen Kleiderständer, damit die
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