DGB 01 - Aufstieg
vielleicht nur die Worte wiederholt, die er gehört hat.«
Loken dachte einen Moment
nach. »Sie hören sich ganz vernünftig an, Kyril«, sagte er.
»Immer.«
»Eine Seuche«, nickte Loken,
»ist eine vernünftige Erklärung.«
»Sie haben heute eine
Tragödie erlebt, Garviel, aber Geister und Dämonen hatten daran keinen Anteil.
Jetzt machen Sie sich an die Arbeit. Sie müssen diesen Bereich unter Quarantäne
stellen und eine medizinische Einsatzgruppe kommen lassen. Vielleicht gibt es
noch andere Fälle. Nicht-Astartes wie ich sind vielleicht weniger
widerstandsfähig, und der Leichnam des armen Jubal könnte die Krankheit immer
noch übertragen.«
Sindermann drehte sich zum
Leichnam um.
»Großes Terra«, sagte er.
»Er ist so verheert worden.
Ich weine um diese Verschwendung.«
Mit einem Knacken trockener
Sehnen hob Jubal den Kopf und starrte Sindermann mit blutunterlaufenen Augen
an.
»Aufpassen«, japste er.
Euphrati Keeler hatte
aufgehört, Bilder zu machen. Sie verstaute ihre Einheit. Was sie in den
schmalen Tunneln der Festung sahen, konnte nicht mit Anstand aufgezeichnet
werden. Sie hätte nie geglaubt, dass der menschliche Körper so vollkommen
entstellt und zerstört werden konnte. Der Gestank nach Blut in der stickigen,
kalten Luft verursachte ihr trotz der Atemmaske Brechreiz.
»Ich will jetzt zurück«,
sagte Van Krasten. Er zitterte und war erregt. »Hier ist keine Musik. Mir ist
kotzübel.«
Euphrati war geneigt, ihm
recht zu geben.
»Nein«, sagte Borodin Flora
mit gedämpfter, stählerner Stimme.
»Wir müssen alles sehen. Wir
sind die auserwählten Memoratoren. Es ist unsere Pflicht.«
Euphrati war ziemlich
sicher, dass Flora an sich halten musste, um sich nicht zu übergeben, aber sie
erwärmte sich für seinen Einwand. Es war tatsächlich ihre Pflicht. Aus diesem
Grund hatte man sie gerufen - um den Kreuzzug der Menschheit aufzuzeichnen und
seiner zu gedenken. Wie er auch aussehen mochte.
Sie holte ihre Bildeinheit
wieder aus der Tragetasche und machte ein paar Probeaufnahmen. Nicht von den
Toten, denn das wäre unanständig gewesen, sondern von dem Blut an den Wänden,
dem im Wind durch die schmalen Tunnel wehenden Rauch, den Haufen leerer
Patronenhülsen auf dem schwarzfleckigen Boden.
Gruppen von Armeesoldaten
marschierten an ihnen vorbei und schleiften Leichen zur Beseitigung. Einige
sahen die drei neugierig an.
»Haben Sie sich verirrt?«,
fragte einer.
»Überhaupt nicht. Wir dürfen
hier sein«, sagte Flora.
»Warum würden Sie hier sein
wollen?«, wunderte sich der Mann.
Euphrati machte Aufnahmen
von Soldaten, beinahe silhouettenartig, wie sie Leichenteile auf einer
Tunnelkreuzung aufsammelten. Der Anblick ließ sie frösteln, und sie hoffte, die
Bilder würden dieselbe Wirkung auf das Publikum haben.
»Ich will zurück«,
wiederholte Van Krasten.
»Kommen Sie nicht vom Weg
ab, sonst verirren Sie sich«, warnte Euphrati.
»Ich glaube, mir wird
schlecht«, gab Van Krasten zu.
Er wollte sich gerade
übergeben, als ein schriller, grauenhafter Schrei durch die Tunnel hallte.
»Was war das?«, flüsterte
Euphrati.
Jubal erhob sich. Die
Fesseln, die ihn hielten, rissen und gaben seine Arme frei. Er schrie und
schrie dann noch einmal. Sein Geheul wurde lauter und hallte durch die Kammer.
Sindermann stolperte panisch
rückwärts. Loken rannte vorwärts und versuchte, den wiederbelebten Wahnsinnigen
festzuhalten.
Jubal schlug mit einer Faust zu
und traf Loken gegen die Brust.
Loken wurde
zurückgeschleudert und landete mit lautem Klatschen im Wasser.
Jubal drehte sich geduckt
um. Speichel lief aus seinem schlaffen Mund, und seine blutunterlaufenen Augen
kreisten wie ein Kompass am magnetischen Nordpol.
»Bitte, ach, bitte...«,
jammerte Sindermann, während er zurückwich.
»Pass. Auf.« Die Worte
krochen träge aus Jubals sabberndem Mund. Er wankte vorwärts. Etwas geschah mit
ihm, etwas Böses und Katastrophales. Er blähte sich auf, dehnte sich so heftig,
dass seine Rüstung knackte und barst. Abgebrochene Keramitplatten splitterten
und fielen von ihm ab, sodass dicke Arme sichtbar wurden, die von Wundbrand und
faserigen Gewächsen angeschwollen waren. Seine straffe Haut war blass und
bläulich.
Sein Gesicht war verzerrt,
aufgedunsen und lebendig, und seine Zunge hing ihm lang und
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