DGB 05 - Fulgrim
Ehrfurcht in dem Moment befreien müssen, in dem unser
Streben dadurch behindert wird.«
»Was der Imperator in uns
vollbracht hat, ist vollkommen«, konterte Fulgrim.
»Ist es das wirklich?«, fragte
Fabius und staunte über seine Kühnheit, das Wunderwerk infrage zu stellen, das zu
seiner eigenen Verbesserung geführt hatte. »Unsere geliebte Legion wurde bei
ihrer Geburt fast zerstört, erinnern Sie sich noch? Ein Unfall vernichtete um
ein Haar die gesamte Gensaat, die in unsere Erschaffung geflossen war. Was
aber, wenn es gar kein Unfall, sondern Unvollkommenheit war, die diese
Vernichtung um Haaresbreite überhaupt erst herbeigeführt hatte?«
»Ich erinnere mich an meine
eigene Geschichte«, konterte Fulgrim. »Als mein Vater mich zum ersten Mal nach
Terra brachte, konnte die Legion gerade einmal knapp zweihundert Krieger
vorweisen.«
»Und erinnern Sie sich noch,
was der Imperator sagte, nachdem Ihr die Sache mit dem Unfall herausgefunden hattet?«
»Mein Vater sagte, dass es am
besten war, wenn sich ein Scheitern früh in meinem Leben ereignete, weil es den
Phönix in mir wecken würde, damit ich aus der Asche auferstehen konnte.«
Fabius starrte ihn an und
spürte die Macht und die Wut in den Augen seines Lords, als der an den Schmerz dieser
lange zurückliegenden Zeit dachte. Er wusste, es war ein riskantes Spiel, und
er hätte ebenso gut sein eigenes Todesurteil unterzeichnen können, so offen
sprach er aus, was er dachte. Aber die Möglichkeiten, die sich durch seine
Überlegungen eröffnen konnten, waren dieses Risiko wert. Der Versuch, den
Geheimnissen des Imperators auf die Spur zu kommen, die zur Erschaffung der
Astartes geführt hatten, würde die bedeutendste Aufgabe seines Lebens sein.
Wenn es eine Sache gab, die es rechtfertigte, ein gewisses Risiko einzugehen,
dann ganz sicher diese.
Fulgrim drehte sich zu den
Kriegern der Phoenix Guard um.
»Lasst uns allein. Wartet
draußen auf mich und kehrt erst zu mir zurück, wenn ich euch rufe.«
Obwohl sich ihr Herr an Bord
seines Flaggschiffs befand, konnte Fabius den Leibwächtern des Primarchen ansehen,
wie unwohl ihnen bei dem Gedanken war, ihn aus den Augen zu lassen.
Dennoch nickten sie und verließen
das Apothekarium.
Nachdem sich die Tür hinter
ihnen geschlossen hatte, wandte sich Fulgrim zu Fabius um. Sein Blick hatte etwas
Nachdenkliches, als er zwischen den toten Laer und dem Apothekarius hin und her
wanderte. Was ihm allerdings durch den Kopf gehen mochte, war Fabius ein
Rätsel.
»Sie glauben, Sie können die
Gensaat der Astartes verbessern?«, fragte Fulgrim schließlich.
»Ich weiß es nicht mit
Sicherheit«, antwortete Fabius, der Mühe hatte, seine Erleichterung zu
verbergen. »Aber ich glaube, wir müssen es zumindest versuchen. Es mag sich als
vergebliches Unterfangen entpuppen, doch wenn es das nicht ist ...«
»Dann wären wir der
Vollkommenheit wieder einen Schritt näher«, ergänzte der Primarch.
»Und nur durch Unvollkommenheit
können wir den Imperator enttäuschen«, fügte Fabius hinzu.
Fulgrim nickte. »Sie können
damit weitermachen, Apothekarius. Tun Sie, was getan werden muss.«
Die Bruderschaft des Phönix
traf sich bei Feuerschein in der Heliopolis. Die Mitglieder trafen einzeln oder
zu zweit ein, durchschritten das große bronzene Portal und nahmen ihren
jeweiligen Platz an dem großen, kreisrunden Tisch ein, der in der Mitte des
Saals auf dem dunklen Boden stand. Von der Decke zurückgeworfenes Licht tauchte
den Tisch in einen schwachen Schein. In der Mitte stand eine Kohlenpfanne, in
der ein knisterndes, orangerotes Feuer brannte. Die schwarzen Holzstühle mit
ihren hohen Rückenlehnen waren in einheitlichem Abstand voneinander um den
Tisch angeordnet, die Hälfte davon war von Kriegern der Emperors Children
besetzt. Ihre Rüstungen glänzten, waren jedoch mit Kerben und Beulen übersät,
und es gab keinen Zweifel daran, dass sie schon bessere Zeiten erlebt hatten.
Solomon Demeter sah, wie Julius
Kaesoron und Marius Vairosean das Phönix-Portal durchschritten, gefolgt von den
übrigen Hauptleuten der Legion, die gegenwärtig nicht an Kampf-handlungen
beteiligt waren. Solomon konnte ihre Erschöpfung spüren, und er nickte ihnen zu,
als sie links und rechts von ihm Platz nahmen.
Er war dankbar, dass seine
Freunde unversehrt zurückgekehrt waren, nachdem sie ein weiteres Mal einen
zermürbenden Einsatz auf dem Planeten unter ihnen hinter sich gebracht hatten.
Die Säuberung von Laeran
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