DGB 05 - Fulgrim
raubte
ihnen allen viel Kraft. Drei Viertel der gesamten Legion waren bisweilen
gleichzeitig an der Front, und ein so anstrengender Krieg wie dieser erlaubte
es kaum, sich zwischendurch einmal auszuruhen. Kaum waren die Kämpfer einer
Legion zur Flotte zurückgekehrt, um ihre Vorräte aufzustocken, wurden sie auch
schon wieder in die Schlacht geschickt.
Lord Fulgrims Plan war kühn und
genial zugleich, doch er ließ nur wenig Raum, um neue Kräfte zu tanken. Selbst
Marius wirkte erschöpft, was nicht zu seinem üblichen Auftreten passte.
»Wie viele?«, fragte Solomon
und fürchtete sich fast vor der Antwort.
»Elf«, sagte Marius.
»Allerdings fürchte ich, ein weiterer wird noch sterben, bevor dieser Tag zu
Ende ist.«
»Sieben«, seufzte Julius. »Und
bei Ihnen?«
»Acht«, antwortete Solomon.
»Beim Feuer, das ist wirklich brutal. Und den anderen wird es kaum besser
ergangen sein.«
»Wenn nicht sogar noch viel
schlimmer«, gab Julius zu bedenken.
»Schließlich sind unsere
Kompanien die besten.«
Solomon nickte. Er wusste,
Julius prahlte nicht, weil so etwas gar nicht seinem Wesen entsprochen hätte, sondern
er stellte nur eine Tatsache fest.
»Sieh an, frisches Blut«,
kommentierte er, als er sich am Tisch umschaute und dabei in den Reihen der
Bruderschaft des Phönix zwei neue Gesichter entdeckte. Beide trugen auf ihren
Schulter-schützern Rangabzeichen eines Hauptmanns, so neu, dass die Farbe
vermutlich noch nicht hatte trocknen können.
»Opfer sind nicht nur unter den
einfachen Kriegern zu finden«, sagte Marius. »Gute Führer müssen sich zwangsläufig
in Gefahr bringen, wenn sie ihre Männer motivieren wollen.«
»Sie müssen mir nichts aus dem
Handbuch für Kompanieführer erzählen, Marius«, gab Solomon zurück. »Ich war
dabei, als das Kapitel geschrieben wurde. Im Grunde bin ich der Erfinder der
Strategie, genau durch die Mitte auf den Feind zuzugehen.«
»Dann haben Sie also auch das
Prinzip erfunden, der größte Glückspilz von allen zu sein?«, warf Julius ein. »Ich
habe es längst aufgegeben mitzuzählen, wie oft es Sie eigentlich schon hätte erwischen
müssen.«
Solomon lächelte, froh darüber,
dass der Krieg auf Laeran nicht jedermanns Laune auf einen Tiefpunkt hatte
sinken lassen.
»Ach, Julius, die Kriegsgötter
lieben mich nun mal, und sie würden nicht zulassen, dass ich auf einer so
armseligen Welt mein Leben verliere.«
»Sagen Sie nicht so was«,
warnte ihn Marius.
»Was denn?«
»Das Gerede von Göttern«,
erwiderte der Hauptmann der Dritten.
»Das gehört nicht hierher.«
»Oh, kein Grund zur Sorge,
Marius«, meinte Solomon und klopfte seinem Freund auf die Schulter. »An diesem
Tisch gibt es nur einen Kriegsgott, und der sitzt im Moment neben mir.«
Marius wischte seine Hand weg.
»Machen Sie sich nicht über mich lustig, Solomon. Ich meine es ernst.«
»Als ob ich das nicht wüsste«,
sagte Solomon betrübt. »Sie müssen ein wenig unbeschwerter sein, mein Freund. Wir
können schließlich nicht die ganze Zeit mit finsteren Mienen herumlaufen,
oder?«
»Krieg ist eine ernste
Angelegenheit, Salomon«, ermahnte Marius ihn. »Gute Männer sterben, und unsere Aufgabe
ist es, sie lebend aus der Schlacht zurückkehren zu lassen. Jeder Tod lastet
auf unseren Schultern, und darüber wollen Sie Witze reißen?«
»Ich glaube, das hat Salomon
damit nicht gemeint«, setzte Julius an, wurde aber von Marius sofort
unterbrochen.
»Verteidigen Sie ihn nicht auch
noch, Julius. Er weiß genau, was er gesagt hat, und mir wird übel, wenn ich ihn
solche Dinge reden höre, während tapfere Krieger ihr Leben opfern.«
Diese Worte versetzten Salomon
einen Stich, und er merkte, wie ihm angesichts der Beleidigung die Galle hochkam.
Er beugte sich zu Marius vor und sagte: »Es käme mir nie in den Sinn, mich über
die Tatsache lustig zu machen, dass unsere Männer sterben. Aber ich weiß auch,
dass ohne mich viel weniger von ihnen lebend zurückkehren würden. Jeder von uns
geht mit dem Krieg anders um, und wenn Sie sich an meiner Art stören, dann tut
mir das leid. Aber ich bin nun mal, wer ich bin, und ich werde mich für niemanden
ändern.« Solomon sah Marius auf eine Weise an, die einer Herausforderung
gleichkam. Doch dann schüttelte der andere Hauptmann den Kopf. »Es tut mir
leid, mein Freund. Durch diese Kämpfe bin ich gereizt, und ich suche nach einer
Gelegenheit, um meinem Ärger Luft zu machen.«
»Schon gut«, winkte Salomon ab,
dessen Verärgerung sogleich abebbte.
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