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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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ausstrecken, während er
allmählich in die Realität zurückkehrte.
    Viele der anderen Anwärter
hatten während der Nacht aufge-geben und waren zum Tor gegangen, wo sie darum gebettelt
hatte, eingelassen zu werden. Ob einer von ihnen auch die Stimmen gehört und
deshalb die Gruppe der Wartenden verlassen hatte, würde er niemals erfahren.
Als die ersten Sonnenstrahlen ihre durchgefrorenen Körper beschienen, sah
Zahariel eine stämmige, mürrisch dreinblickende Gestalt aus der Festung kommen.
    Die Gestalt trug einen weißen
Chorrock mit Kapuze über einer glänzenden schwarzen Rüstung, in einer Hand hielt
sie einen knorrigen Holzstab.
    »Ich bin Meister Ramiel«, sagte
der Mann, nachdem er sich vor den Bewerbern aufgebaut hatte. Er zog die Kapuze
zurück, und darunter kam das wettergegerbte Gesicht eines Mannes zum Vorschein,
der Mitte fünfzig sein musste. »Es ist mir eine Ehre, einer der Lehrmeister des
Ordens zu sein.« Er hob den Stab und ließ ihn in einem weiten Bogen kreisen,
während er auf die zitternden Jungs zeigte. »Ihr werdet meine Schüler sein. Ihr
habt diese Prüfung bestanden, und zwar gut. Aber lasst euch gesagt sein, dass
es mehr als nur eine Prüfung war: Es war zugleich auch eure erste Lektion.
Gleich werden wir Aldurukh betreten, wo ihr eine heiße Mahlzeit und warme,
trockene Kleidung erhaltet. Doch bevor wir hineingehen, möchte ich, dass ihr
einen Moment lang über etwas nachdenkt. Mehr als zwanzig Stunden habt ihr jetzt
vor der Festung im Schnee gestanden. Trotz Kälte, Hunger und Entbehrungen seid
ihr immer noch hier. Ihr habt die Prüfung bestanden und erduldet, was für andere
nicht zu ertragen war. Die Frage, die ich euch stellen möchte, ist eine ganz
einfache: Warum? Gestern kamen fast zweihundert Jungs her. Warum habt ihr zwölf
diese Prüfung bestanden, die anderen aber nicht?«
    Meister Ramiel sah einen nach
dem anderen an und wartete, ob einer von ihnen Antwort geben würde. Als er
schließlich erkannte, dass keiner der Jungs etwas erwidern würde, lieferte er
sie selbst.
    »Weil ihr den stärkeren Willen
besitzt«, erklärte er. »Ein Mann kann darin geschult werden, wie man tötet. Er
kann den Umgang mit einem Messer und anderen Waffen erlernen. Aber diese Dinge
taugen nichts, wenn der Wille nicht stark ist. Es erfordert Willenskraft, dass
ein Mann Jagd auf die großen Bestien macht. Und es setzt Willenskraft voraus,
mit Kälte und Hunger um-zugehen, Angst zu verspüren und sich dennoch zu
weigern, im Angesicht dieser Angst aufzugeben. Denkt immer daran: Der Verstand und
der Wille eines Ritters sind ebenso wichtige Waffen wie sein Schwert und seine
Pistole. Ich werde euch lehren, diese Fähigkeiten zu entwickeln, aber es hängt
ganz allein von euch ab, ob diese Lektionen in euren Köpfen bleiben. Letzten
Endes wird die Frage, ob ihr Erfolg haben oder scheitern werdet, tief in eurem
Herzen entschieden. Es erfordert geistige Stärke und enorme Willenskraft,
Ritter zu werden.« Meister Ramiel ließ eine kurze Pause folgen, dann erklärte
er ernst: »So, das war eure erste Lektion.« Er betrachtete seine neuesten
Schutzbefohlenen, als könne er in ihre Köpfe blicken. »Und jetzt geht hinein
und esst.«
    Als diese Worte durch sein
Gedächtnis trieben, kehrte Zahariels Geist aus den Tiefen seines
Unterbewusstseins zurück, und in der Ferne hörte er den Ton einer Glocke,
während er unsanft wachgerüttelt wurde.
    Träge schlug er die Augen auf
und sah einen Moment lang alles unscharf.
    Direkt vor ihm erschien ein
Gesicht, doch er benötigte ein paar Sekunden, ehe er seinen älteren Cousin erkannte,
neben dessen jüngerem Ich er im Traum eben noch gestanden hatte.
    »Nemiel?«, fragte er schläfrig.
»Wer sollte ich sonst sein?«
    »Was machst du da? Wie spät ist
es?«
    »Es ist noch früh«, antwortete
Nemiel. »Steh auf, beeil dich.«
    »Warum?«, protestierte er. »Was
ist los?«
    Nemiel seufzte, während sich
Zahariel in ihrer karg eingerichteten Unterkunft umsah und feststellte, dass sich
alle Anwärter hastig anzogen und dabei eine Mischung aus Begeisterung und
beträchtlicher Angst erkennen ließen.
    »Was los ist?«, gab Nemiel
zurück. »Wir gehen auf die Jagd, das ist los.«
    »Auf die Jagd?«
    »Aye!«, rief sein Cousin.
»Bruder Amadis führt unsere Gruppe auf eine Jagd!«
     
    Zahariel nahm eine vertraute
Mischung aus Vorfreude und Angst wahr, als er auf einem schwarzen Ross durch den
finsteren Wald ritt. Erinnerungen an seinen Alptraum wurden wach, und er
strengte

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