DGB 09 - Mechanicum
sie
verschleppt«, gab Severine zu bedenken.
»Davon habe ich schon mal
gehört. Ein Schmiedemeister erreicht nicht die geforderte Quote, also schickt
er seine Protektoren los, die in den Einöden Menschen auflesen und dazu
zwingen, in ihren Schmieden zu arbeiten.«
»Ach, hör schon auf«, sagte
Caxton.
»Mit den Geschichten will man
kleinen Kindern Angst machen.«
»Tatsächlich?«, gab sie zurück.
»Und woher weißt du das?«
»Ich weiß es eben, okay?«
»Na, dann bin ich ja richtig
beruhigt!«
»Was sagen Sie dazu, Rho-mu
31?«, fragte Zouche theatralisch.
»Hat Adeptin Zeth Sie jemals
losgeschickt, damit Sie Sklaven herbeischaffen, die in ihrer Vulkanschmiede
arbeiten sollten?«
»Von Zeit zu Zeit«, antwortete
der Protektor.
Das ließ sie alle verstummen.
»Das ist doch ein Witz, nicht
wahr?«, hakte Caxton nach.
»Sagen Sie mir, dass das ein
Witz ist.«
»Ich gehöre zum Mechanicum«,
sagte Rho-mu 31.
»Wir scherzen nie.«
Dalia sah in seine leuchtenden
grünen Augen, und auch wenn die nichts annähernd Menschliches besaßen, konnte
sie in dem elektrischen Feld eine spitzbübische Belustigung ausmachen. Sie
begann zu lächeln, als sie die entsetzten Mienen ihrer Freunde bemerkte, und
wandte sich ab, um Rho-mu 31 nicht den Spaß zu verderben.
»Aber ... aber das ist ja
schrecklich«, stotterte Severine.
»Das Mechanicum benutzt
Sklaven?«, brachte Caxton angewidert heraus.
»Ich hatte eine bessere Meinung
von Ihnen, Rho-mu 31«, sagte Zouche. »Ich hatte auch von der Adeptin eine
bessere Meinung.«
Als er fand, dass das betretene
Schweigen lange genug angehalten hatte, beugte sich der Protektor vor und rief:
»Reingelegt!«
Einen Moment lang herrschte
Stille, dann wurde ihnen allen klar, was Rho-mu 31 gesagt hatte, und im Abteil brach
schallendes Gelächter aus.
»Das war nicht witzig«, meinte
Caxton, dem vor Lachen die Tränen gekommen waren.
»Überhaupt nicht«, stimmte
Severine ihm zu.
»Solche Dinge sollten Sie nicht
sagen.«
»Was denn? Kann ich nicht mal
einen Scherz machen?«, fragte der Protektor.
»Ich glaube, die sind alle nur
überrascht, dass Sie überhaupt einen Witz gemacht haben«, warf Dalia ein und
schaute sich um.
»Es rechnet wohl niemand damit,
dass das Mechanicum auch zu Scherzen aufgelegt sein könnte.«
Er nickte und sagte: »Ich
gehöre zwar zum Mechanicum, aber ich bin immer noch ein Mensch.«
Damit war das seltsame
Unbehagen gebrochen, das sich beim Anblick der menschenleeren Städte über sie gelegt
hatte, und sie begannen so ausgelassen zu reden wie während des Baus des ersten
Akashischen Lesers.
Die Begeisterung darüber, ins
Unbekannte vorzustoßen, lebte wieder auf, und während die Bahn die Steigung
bezwang, fuhr Zouche unauffällig einen Dendriten aus und schloss sich an den
Datenport ihres Abteils an, um das Bild der an der Außenhülle montierten Kamera
auf das Fensterglas zu projizieren.
Interessiert betrachteten sie
den Feed, als Zouche die Kamera um ihre eigene Achse rotieren ließ. Sie sahen die
öden Ebenen, die sich nach Süden erstreckten, und die schwarzen Wolken, die
über der zweitausend Kilometer entfernten Magma-Stadt am Himmel hingen. Auf Caxtons
Bitte hin richtete Zouche den Blick wieder nach vorn, und das Bild flimmerte,
als es die silberne Bahntrasse zeigte, auf der sie sich den Bergen näherten.
Dalia schnappte erschrocken
nach Luft, als sie sah, wie die Schienen in eine klaffende, von Stahl umrandete
Höhlenöffnung verschwanden, hinter der es durch den Fels hindurch nach Mondus
Gamma ging.
Sie griff nach Caxtons Hand und
hielt sie umso fester, je näher der Tunnel rückte, dessen Finsternis ihr schreckliche
Angst einjagte.
»Was ist los?«, fragte er.
»Mir war nicht klar, dass wir
die Finsternis durchqueren müssen«, antwortete sie.
»Das ist nur ein Tunnel«,
beruhigte Caxton sie.
»Kein Grund zur Sorge.«
Die Streitkräfte des
Fabrikator-Generals tauchten bei Adeptin Zeth auf, viele Stunden bevor sich
Dalias Zug dem Tunnel näherte, der zur Syria Planum führte. Ein schwerer
Schweber des Mechanicums kam von Nordwesten geflogen und landete auf dem von
Statuen gesäumten Typhon-Damm unmittelbar vor der Magma-Stadt, wobei er mit der
Hitze seiner enormen Düsen den Boden schwarz verbrannte. Die Unterseite des
Fahrzeugs glänzte in goldenem Licht, das von der brodelnden, strömenden Lava zu
beiden Seiten des breiten Damms herrührte.
Das plumpe Luftfahrzeug war
unbewaffnet, aber gleich nach dem Aufsetzen der
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