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DGB 12 - Verlorene Söhne

DGB 12 - Verlorene Söhne

Titel: DGB 12 - Verlorene Söhne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham McNeill
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Enthusiasmus auf. Ich blieb mehrere
Tage auf diesem Scherbenteppich, und schließlich fiel mir etwas auf. Da waren
diese drei Scherben auf dem Boden, die ein exakt gleichwinkliges Dreieck
bildeten. Ich war verblüfft, und als ich mich weiter umsah, stieß ich auf vier
weiße Steine, die genau in einem Quadrat angeordnet waren. Dann fiel mir auf,
wenn ich zwei dieser Steine wegdenke und mir stattdessen zwei graue Steine einen
Meter darüber vorstelle, erhalte ich einen exakten Rhombus. Und wenn ich diesen
und jenen Stein auswähle, außerdem diesen, diesen und den da, dann erhalte ich
ein Fünfeck, das so groß ist wie das Dreieck. Hier ein kleines Sechseck, dort
ein Quadrat, das zum Teil in ein Sechseck hineinragt. Ein Zehneck, zwei
ineinander verschränkte Dreiecke. Und dann ein Kreis, und ein kleinerer Kreis
im Kreis, außerdem ein Dreieck, das aus einem roten, einem grauen und einem
weißen Stein bestand.
    Ich verbrachte viele Stunden
damit, immer weitere geometrische Formen zu entdecken, die umso komplexer wurden,
je mehr Übung ich im Beobachten bekam. Dann begann ich, sie in meinem Grimoire
festzuhalten. Und während ich Formen zählte und beschrieb, füllte ich Seite um
Seite, und die Sonne zog etliche Male über den Himmel. Tag um Tag verging, doch
mich interessierte nichts anderes als die Formen, die ich finden konnte.«
    »Und so fand Amon ihn vor«,
warf Ahriman ein.
    »Mitten in einem Haufen
Steinsplitter hingekauert.«
    »Amon?«, wiederholte Lemuel.
    »Der Captain der 9.
Gefolgschaft?«
    »Ja, und mein Tutor auf
Prospero«, bestätigte Magnus.
    Lemuel wunderte sich über
diesen offenkundigen Widerspruch, sagte aber nichts, sondern ließ Magnus
weiterreden.
    »Ich hatte bereits mein zweites
Grimoire begonnen, als Amon mich fand. Nun ist Amon ein ruhiger,
zurückgezogener Zeit-genosse, der sich nicht viel aus Gesellschaft macht. Wie
viele Einzelgänger ist er ein Poet und interessiert sich sehr für die
verborgene Natur der Dinge. Als ich ihn sah, rief ich: >Amon, komm schnell
her! Ich habe die wundervollste Sache im Universum entdeckt!< Er kam zu mir
gelaufen, weil er sehen wollte, was ich gefunden hatte. Ich zeigte ihm den
Teppich aus Steinen, aber Amon lachte nur und erwiderte: >Das ist nichts
weiter als ein Haufen Scherben und Steine!< Ich nahm seine Hand, um meinem
alten Tutor meine tagelangen Studien zu zeigen. Als Amon die Muster erkannte,
nahm er sich meine Grimoires vor, und nachdem er sie durchgesehen hatte, war er
ebenfalls überwältigt.«
    So schwierig es für Lemuel auch
war, Magnus' Logik zu folgen, war es zugleich unmöglich, sich nicht von seiner
Begeisterung mitreißen zu lassen. Ihm fiel auf, dass Ahriman gleichermaßen in
den Bann der Leidenschaft geschlagen worden war, mit der der Primarch seine
Geschichte zum Besten gab.
    »Nun war auch Amon gerührt«,
sagte Magnus, »und er begann Gedichte über jede dieser unglaublichen Formen zu
verfassen. Während er schrieb und nachdachte, wuchs in mir die Überzeugung
heran, dass diese Formen und Muster etwas zu bedeuten haben mussten. Solche Ordnung
und Schönheit war einfach zu monumental, als dass sie zufällig und ohne Sinn
hätte sein können. Die Muster waren dort, das Universum hatte seine Funktionsweise
offengelegt.
    Gemeinsam mit Amon kehrte ich
nach Hause zurück, wo er seine Gedichte vortrug, während ich den Meistern von
Tizca meine Grimoires zeigte. Diese Meister waren große Männer, und ihre Liebe
für die Schönheit und die Natur war wundervoll anzusehen. Sie waren von meinen Entdeckungen
so begeistert, dass sie mich begleiteten, als ich erneut zu der Felswand
pilgerte, an deren Fuß die Statue zerbrochen war. Die Scherben lagen so da, wie
ich es ihnen beschrieben hatte, und die Meister von Tizca wurden von ihren
Gefühlen überwältigt. Wie fanatisch begannen sie, ihre eigenen Grimoires mit
Texten zu füllen. Einige schrieben über die Dreiecke, andere über die Kreise,
während sich wieder andere ganz auf die Schönheit des glitzernden Spektrums
konzentrierten, das die farbigen Steine aufwiesen.«
    Magnus richtete seine
Aufmerksamkeit ganz auf Lemuel, in seinem bernsteinfarbenen Auge flackerten
Flammen.
    »Weißt du, was sie zu mir
sagten?«, fragte er ihn. »Nein«, hauchte Lemuel, der es kaum wagte, seine eigene
Stimme in die Geschichte einfließen zu lassen.
    Magnus beugte sich weiter vor.
»Sie sagten: >Wie blind wir doch gewesen sind.< Alle, die die Formen und
Muster erkennen konnten, wussten ganz genau, dass sie das

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