DGB 13 - Nemesis
so etwas
ausgerechnet diesmal der Fall sein würde. Es war ein Risiko, das einzugehen
Kell bereit war.
Und Soalm … Jenniker .
Der Zweck einer Venenum-Giftkünstlerin hatte die ursprüngliche Rückzugstrategie
des Exekutions-kommandos betroffen. Durch die Detonation einer Serie von
Hypertoxin-Sprengladungen mit nur kurzzeitiger Wirkung sollte unter der
menschlichen Bevölkerung in der Stadt Unruhe verursacht werden, damit in Panik
geratende Zivilisten die Ausfallstraßen verstopften und so die
Bewegungsfreiheit der Astartes eingeschränkt wurde. Aber nun würden sie darauf
verzichten müssen, was bei Kell gemischte Gefühle auslöste.
Immerhin war er fast froh, dass
sie nicht hier war und nicht in Lebensgefahr geriet, wenn der Plan fehlschlug.
Das Echo dieses Gedanken hallte
heftig in seiner Brust nach, und es überraschte ihn, dass er mit einem Mal so
von seinen Gefühlen bestürmt wurde. Er musste an den Ausdruck in ihren Augen
denken, als sie den Raum im Haus der Venenum betrat, an diese Kälte und diese
Abscheu. Es war jene Miene gewesen, die sie auch schon Jahre zuvor zur Schau
getragen hatte, nämlich an jenem Tag, als er ihr gesagt hatte, er werde die
Mission annehmen, den Mörder ihrer Eltern zu finden. Doch zu dem Zeitpunkt war
ihr auch noch Mitleid anzusehen gewesen. Vielleicht hatte sie ja im Lauf der
Jahre verlernt, Mitgefühl mit anderen zu haben.
Er hatte gehofft, sie würde
nach einer Weile doch noch einsehen, wieso er sich so entschieden hatte.
Inzwischen musste er sich jedoch eingestehen, dass es eine alberne Hoffnung
gewesen war.
Der Mord an ihren Eltern war
wie ein schmerzendes, brennendes Mal in seinen Gedanken gewesen. Dass es sich
dabei um das pure Verlangen nach brutaler Vergeltung gehandelt hatte, das war
ihm zu der Zeit noch nicht bewusst gewesen, weshalb er es da auch nicht in
Worte hatte fassen können.
Es war eine Tat, die nicht
ungeschehen gemacht werden konnte — und die nicht unbeantwortet bleiben durfte.
Als er den Mörder getötet hatte
— nachdem zuvor viele andere hatten sterben müssen, damit er überhaupt erst an
den Mann herankam —, da waren Mutter und Vater zwar immer noch tot, doch er
hatte sie gerächt.
Gekostet hatte ihn das nur die
Liebe des einzigen Menschen, dem er noch wichtig war. Er hatte immer geglaubt, wenn
er die Chance bekäme, diesen Moment noch einmal zu erleben und dabei die
Möglichkeit zu haben, eine andere Entscheidung zu treffen, er würde es trotzdem
wieder ganz genauso machen. Doch nachdem er seiner Schwester in die Augen
gesehen hatte, musste er feststellen, dass seine Überzeugung zu bröckeln
begann.
Anfangs war es für ihn ein
Leichtes gewesen, auf sie wütend zu sein und sie im Gegenzug zu verabscheuen,
weil sie sich von ihm abgewandt und den Namen ihrer Familie abgelegt hatte.
Aber je mehr Zeit verging, umso mehr kühlte seine Wut ab und verwandelte sich
in etwas anderes. Erst jetzt wurde ihm klar, dass sich Bedauern
herauskristallisiert hatte.
Eine leichte Brise umwehte ihn,
und Kell musste angesichts seiner Gedankengänge die Stirn runzeln. Er verdrängte
sie, so gut es ging, und machte seine Tarnung bereit, wobei er seine Ausrüstung
so um sich herum anordnete, dass er auf alles Zugriff hatte, was er benötigte.
Dann ging er den Weg, den er gekommen war, ein Stück weit zurück und versah die
Korridore und das Treppenhaus mit Tretminen, um vor ungebetenen Besuchern
geschützt zu sein. Erst dann legte er seine Pistole so ab, dass er sie von
jetzt auf gleich an sich nehmen konnte.
Und erst als das geschehen war,
packte er das Exitus-Gewehr aus.
Ein Director Tertius im Tempel
hatte ihm einmal von den Nihon erzählt, einer Nation aus begeisterten Krieger
auf der alten Erde, denen man nachsagte, dass sie ein einmal gezogenes Schwert
so lange nicht in die Scheide zurückschoben, wie die Klinge kein Blut geschmeckt
hatte. Etwas an dieser Einstellung gefiel Kell, und er fand, dass er nicht
gerecht wäre, eine so großartige Waffe wie dieses Gewehr wieder wegzupacken,
wenn sie nicht zuvor ein Leben genommen hatte.
Er setzte sich hin und begann
seine Meditationsroutinen, um sich zu entspannen und um seinen Körper auf den
entscheidenden Moment vorzubereiten, doch er musste feststellen, dass es ihm
Schwierigkeiten bereitete. Dinge, die nichts mit der Mission zu tun hatten — oder
besser gesagt: die mit der Mission in einen Topf geworfen worden waren —,
machten ihm zu schaffen.
Missmutig begab er sich daran,
das Gewehr einzustellen, indem
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