Dhalgren
ich wußte, wie sehr sie es wollte. Und ich wollte es auch!« Eine Hand war wieder in der Tasche. »Also, ich sag' dir, so was erlebst du nicht so oft. Aber wenn, dann kannst du entweder sagen >shit, Mann!< und weggehen. Oder >ich weiß, was ich weiß!< also wir beide, wir kämen nicht klar.« Das Lachen verebbte zu einem leisen Geräusch, das er nicht hören konnte. George atmete. »Aber sie und ich, wir kamen klar!« Er drehte sich plötzlich um, ging einen Schritt nach vorn und stoppte, als hätte jemand seinen schweren Körper geschlagen. »Shit! Wir kamen klar!« Er drehte sich wieder um. »Ich bin mit niemandem so gut klargekommen, seit ich achtundzwanzig Jahre alt war, und das ist jetzt mehr als zehn Jahre her! Wir waren in dieser engen Straße, und es blitzte an - aus - an, und Leute rannten hin und her, und es war uns egal! Oder vielleicht wurde es dadurch noch besser, daß niemand etwas dagegen tun konnte oder wollte.« Plötzlich sah er nach unten und lachte: »Ich denk' gerade an 'ne alte Frau mit 'ner Einkaufstasche voller leerer Konservendosen, die kam gerannt, sah uns und schrie: >Geh von dem armen weißen Mädchen runter! Wenn du das tust, werden sie uns töten, sie werden uns sicher töten!<« George schüttelte den Kopf. »Dieses Licht war, glaube ich, der Typ, der uns fotografiert hat. Ich weiß nicht, ob ich ihn gesehen habe. Er war weg, als wir fertig waren. Ich stand auf, weißt du, und sie lag da und griff immer noch danach.« Wieder schüttelte er den Kopf, lachte: Beides hatte jetzt eine andere Bedeutung als beim letzten Mal. »Wie ich sagte, sie war kaum siebzehn. Und sie wurde geschlagen und geboxt und herumgeworfen, und sie brüllte und schrie >nein, nein, nein, bitte tun Sie's nicht<. also war es wohl Vergewaltigung, oder. Aber als wir fertig waren« - George nickte - »hat sie danach gegriffen. Sie wollte mehr. Schrecklich.« Er stieß mit einem anklagenden Zeigefinger in die Luft. »Also, das ist ein interessanter Fall von Vergewaltigung. Ist so, wie sie es immer im Kino zeigen. So wollte es dieser Rechtsanwalt bei deiner Freundin drehen. Und wenn es vor Gericht kommt, das ist schon ein seltener Fall. Aber davor haben sie alle Angst - besonders bei kleinen, feinen weißen Mädchen und großen schwarzen Niggern.«
»Also«, meinte Lanya, »es hört sich immer noch komisch an. Okay, ist nicht meine Angelegenheit. Aber wie findest du das mit diesem Typen, von dem ich erzählt habe, der das mit meiner Freundin gemacht hat?«
»Ich glaube«, antwortete George, »daß ich ein bißchen mehr über ihn weiß als du. Und ich glaube, wenn er vorher zu mir gekommen wäre, hätten wir etwas gemacht, daß er nicht gezwungen gewesen wäre, sich und ein Mädchen in Schwierigkeiten zu bringen. Über ihn oder das Mädchen denke ich nichts. Ich kenne sie nicht. Aber ich finde das, was du mir erzählt hast«, und George ließ das Kinn sinken, »sehr, sehr traurig.«
Lanya holte tief Luft. »Ich denke noch über das Mädchen nach. Ich meine, das bei dir . . . Weißt du eigentlich, wie sie heißt?«
»Äh, wir haben uns anschließend nicht gerade einander vorgestellt.« Plötzlich sah George finster aus. »Also versuch, das zu verstehen. Ich gebe einen Scheißdreck um die Tante! Wirklich. Und wenn schon? Stell dir vor, ich hätte anschließend gesagt >hey Baby, das war so toll, laß uns heiraten und alle Zeit glücklich sein, so daß wir uns jede Nacht umeinander kümmern können!< was hätte sie wohl gesagt? >du wahnsinniger Nigger!< ich meine, ich hab's ein paarmal versucht, aber es hat nicht geklappt. Das ist nicht ihr Bier. Ist auch meins nicht. Sie ist auch nicht hinter mir her. Sie interessiert sich dafür, was sie über mich denkt. Und das ist okay. Sie kennt meinen Namen. War ja in der Zeitung. Hab' ich ihnen umsonst gegeben. Hab' ihnen erzählt, daß ich mich nicht schäme, daß ich das getan hab' und daß ich es wieder und wieder tun werde, jederzeit, überall. Und glaub' mir, das ist alles, was sie wissen will!« Georges Miene entspannte sich. »Die Leute haben hinterher darüber geklatscht. Haben gesagt, sie heißt June oder so. Du sagst, dein Alter kennt sie. Was erzählt er von ihr?«
»Das«, antwortete Lanya, »was du gerade erzählt hast.« Sie preßte nachdenklich die Lippen aufeinander. Dann sagte sie: »Sie sucht dich, George. Ich habe sie einmal gesehen, wie sie zu meinem Typen kam und ihn nach dir fragte. Sie will dich wiederfinden.«
Georges Lachen stieg so hoch wie das von
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