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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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Hause, aber ich fühle mich ein bißchen merkwürdig, wenn ich so in Mrs. Alts Küche herumspioniere . . .«
    »Oh, das ist -« und »Sie brauchen nicht . . .« fingen Lanya und Kidd gleichzeitig an.
    »Nein, ich weiß, wo sie sind. Außerdem ist Zeit für meine Kaffeepause - so nennt man das wohl hier!«
    »Dies hier werden Sie schön finden!« rief Lanya aus, als sie an einer hohen Hecke vorbeigingen. »Roger hat die allerschönsten Blumen und -«
    Brombeerranken durchzogen ein Spalier. Die getrockneten Ausläufer lockten sich um gesplittertes Holz. Der Boden war schwarz aufgewühlt und verschmiert, hier, hier und dort.
    »- Was um Himmels willen -« begann Lanya. »Was ist passiert?«  
    Mr. Newboy sah verwirrt aus. »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Es ist so, seit ich hier bin.«
    »Aber alles war hier voller Blumen, diese sonnenorangenen Dinger, wie Tiger. Und Iris. Viele Iris. -«
    Kidds Fuß kühlte auf dem feuchten Boden aus.
    »Wirklich?« fragte Newboy. »Wie lange ist das denn her?«
    Lanya zuckte die Achseln. »Wochen . . . drei - vier Wochen.«
    »Sehr merkwürdig.« Mr. Newboy schüttelte den Kopf, als sie über die schmutzübersäte Erde gingen. »Ich hatte den Eindruck, das ist schon seit Jahren so.«
    Blätter verrotteten in einem zehn Fuß breiten Steinbecken.
    Lanya schüttelte den Kopf. »Der Springbrunnen ging auch immer. Es war ein Perseus oder ein Hermes oder so darin. Wo ist er hingekommen?«
    »Ach, du liebe Güte.« Newboy verzog das Gesicht. »Ich glaube, er ist auf einem Müllhaufen hinter dem Häuschen des Sekretärs. Ich habe so etwas gesehen, als ich hier herumlief. Aber ich wußte nicht, daß es zum Springbrunnen gehörte. Ich frage mich, wer lange genug hier ist, um alles zu wissen.«
    »Warum fragen Sie nicht Mr. Calkins?« fragte Kidd.
    »Oh, nein. Das würde ich glaube ich nicht tun.« Mr. Newboy blickte Lanya in freundlicher Komplizenschaft an. »Das würde ich überhaupt nicht tun.«
    »Nein«, sagte Lanya, mit verzweifelt herabhängenden Mundwinkeln. »Ich glaube nicht.«
    An dem gesprungenen Rand war der Boden unter dünnem, spärlichem Gras glitschig und zeigte wie Gips ihre Fußabdrücke.
    Sie gingen an noch einem weinumwundenen Zaun entlang, ein Stück Wiese, und, höher als die paar ausgewachsenen Bäume: das Haus. (Auf einem Hügel an der anderen Seite stand ein weiteres, nur dreistöckiges Haus. »Das Häuschen des Sekretärs?«)
    Auf einer grünspanüberzogenen Platte im Gras stand
     
    M A I
     
    Wegen der fünf dicken Steintürme - er suchte nach einem sechsten, wegen der Symmetrie, fand aber keinen - sah es aus, als habe man ein modernes Gebäude aus dunklem Holz, Glas und Ziegeln um ein altes aus Stein herumgebaut.
    »Wie viele Leute wohnen hier?« fragte Kidd.
    »Ich weiß es nicht genau«, gab Mr. Newboy zurück. Sie gelangten auf eine steinerne Terrasse. »Mindestens fünfzehn. Vielleicht fünfundzwanzig. Die Leute, die hier helfen, wechseln dauernd. Ich weiß wirklich nicht, wie er irgend etwas schafft außer der Beaufsichtigung des Personals. Es sei denn, Mrs. Alt macht das alles.« Sie stiegen die Betonstufen zur Terrasse hinauf.
    »Verlieren sich nicht fünfzehn Leute da drin?« fragte Kidd.
    Hier bestand das Haus nur aus Glas. Innen waren die Wände ahornvertäfelt. Große Messinglampen, bronzene Statuen auf kleinen Tischchen zwischen langen Couches aus goldfarbenem Samt, und über allem lag ein goldener Schimmer.
    »Oh, man hat nie das Gefühl, daß es zu voll ist.«
    Sie gingen an einer weiteren Fensterfront entlang. Kidd sah zwei Wände voller Bücher. Innen hielten dunkle Balken einen Balkon, daneben gold-grüne Brokatstühle, silberne Leuchter - einer vorn, einer hinten im Schatten - blühten auf weißen Zierdeckchen, die auf dem Mahagonifluß einer Eßtischplatte schwammen. »Manchmal laufe ich eine Stunde lang herum und fühle mich völlig allein und stoße dann plötzlich im Nebenraum auf eine Gesellschaft von zehn Personen oder so. Ich glaube« - unter den Füßen raschelten trockene Blätter -, »wenn man hier vollzähliges Personal hätte, fühlte man sich nicht so einsam. Wir sind da.«
    Auf der Terrasse standen hölzerne Stühle mit bunten Leinenbezügen. Hinter der Balustrade waren moosüberwachsene Felsen unter Birken, Ahorn und vereinzelten dicken Eichen.
    »Setzen Sie sich. Ich bin gleich zurück.«
    Kidd setzte sich - der Stuhl war niedriger und tiefer, als er gedacht hatte - und zog sein Notizbuch auf den Schoß. Hinter Newboy schwangen

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