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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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noch was von dem verdammten Kaffee willst . . .« aus der letzten Silbe wurde ein Kreischen, das taumelte und den Kontrapunkt zu Alptraums Lachen bildete, bis beide zusammen in eine Zisterne der Fröhlichkeit spritzten.
    Kid flüchtete sich ins Badezimmer.
    Er setzte sich, ließ die Hosen auf die Knie fallen. Ein flüchtiges Blubbern im Gedärm verkrampfte seinen Bauch; verwehte. Er furzte und wußte, daß er leer war.
    Er drehte die Bücher um, blätterte eins durch, dann das andere. Er wollte wenigstens ein Gedicht lesen. Eine Minute später merkte er, daß er nicht gezögert hatte, welches er lesen sollte, sondern welches Buch er aufschlagen sollte. War das unangenehme Gefühl in seinem Bauch der Geist eines Furzes? Nein.
    In jeder Hand ein Buch, wog er sie gegeneinander ab. Es hatte Zeit gedauert, sie zu schreiben. Es war Morgen, mit gerunzelter Stirn und angenehm stillem Gras an der Ecke der Decke; waren Abende in der Bar mit Kerzenlicht, das wie Kolben in einer Maschine die verschiedenen Flaschen mit den unterschiedlichen Inhalten in unterschiedlichen Mengen durchbohrte; war auf beiden Seiten ein zerbrochener Rinnstein, während der Stift an seinem Mittelfinger brannte. Während des Schreibens hatte er nicht daran gedacht, irgend etwas zurückzuhalten. Doch die Vorstellung der Veröffentlichung hatte ihn irgendwie überzeugt, daß Zauberei im Spiel war, die ihm in tacto (nicht memoriam) etwas von dem zurückgab, was die Stadt ausgelöst hatte. Die Überzeugung war jetzt angesichts der inadäquaten Objekte durch ihre Falschheit identifiziert. Doch während es verging, in seinen Darmwindungen krampfhaft und stotternd herumwühlte, wußte er, daß es so wirklich und unangefochten wie jede Umgebung gewesen war: Luft für einen Vogel, Wasser für einen Fisch und Erde für einen Wurm.
    Er war erschöpft, eine Erschöpfung, die Bedürfnisse auslöschte. Und alles, was er noch verspürte, war, es wieder zu versuchen, mehr Gedichte zu schreiben, sie zu einem Buch zusammenzubringen, das Buch in einem Prozeß der Reproduktion zu verwirklichen, und der Halluzination noch eine Chance zu geben!
    Er hatte nichts zu schreiben. Er konnte sich kein weiteres Gedicht von ihm vorstellen; wie es klingen, oder auch nur aussehen würde. Nennt man es deshalb, fragte er sich, Kreativität? Das Gefühl in seinem Auge, die verpestete Luft um ihn her hatten alles in sich aufgesogen. Nichts war übrig. (. . . von dem, was man um sich herum sieht, was passiert, was man fühlt. Nein.) Nein. Etwas mußte . . . geschaffen werden. Wie diese hier.
    Ein Muskel in seiner Schulter verspannte sich.
    Früher hatte er vor solchen Dingen Angst gehabt: (. . . ein Blutklumpen löste sich von der Aderwand, rast auf das Herz zu und schleudert gegen die Herzklappe!) Die Gewohnheit löst ein Schaudern aus.
    Er holte Luft, zog die Hose hoch und hob die Bücher auf, die auf den Boden gefallen waren. Die schielende Schaufensterpuppe, blutig und eingekettet, lehnte gegen den Wasserkasten und lächelte gütig auf Kids linke Brustwarze. Kid kratzte sie, schob die Bücher wieder unter den Gürtel und ging hinaus.
    In Dennys Zimmer trat er nur auf jede zweite Leitersprosse. Sein Kinn ragte über den oberen Rand. »Hey, wach auf!« Denny schlief weiter, daher kletterte er auch das letzte Stück hinauf, kniete sich rittlings über ihn und griff nach dem Kopf des Jungen. »Hey!«
    »Verdammt noch . . .!« Denny versuchte, sich auf den Rücken zu rollen. Ein Arm fuhr heraus und wedelte durch die Luft. »Was zum Teufel machst du . . .?«
    »Komm schon, steh auf!« Kids Hände griffen fester zu, und Dennys Arm kam herunter, um sein Handgelenk zu umgreifen.
    »Okay!« sagte Denny mit zusammengezogenen Wangen, was seine Stimme verzerrte. »Shit, Mann. Ich steh schon auf. Okay? . . .?«
    »Du mußt mich zu Lanya bringen.« Kid hob das Bein und lehnte sich zurück. »Du weißt doch, wo es ist, huh? Du hast sie hingebracht. Du weißt es!«
    Denny grunzte und stieß sich auf die Ellenbogen hoch. Stiefel und Ketten lagen zusammengeklumpt auf einem verknüllten grünen Haufen. Der Lederrand seiner Weste fiel vor einer rosa Linie über einer wachsfarbenen Brust zurück. »Yeah. Ich denke schon.«
    »Nimm dein Zeug zusammen, Schwanzlutscher«, sagte Kid. »Ich will zu ihr.«
    »Okay, okay.« Denny nahm seine Stiefel und begann, sie überzuziehen. Einmal blickte er hoch und sagte: »Shit.«
    Kid grinste ihn an. »Beweg deinen Hintern.«
    »Scheiße«, sagte Denny trocken und duckte

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