DHAMPIR - Blutsverrat
umbringst?«, fragte Leesil jetzt, als Byrd gezwungen war, ihm zuzuhören. »Du wirst ein Blutbad auslösen. Die anderen Provinzen und selbst seine eigenen Offiziere werden übereinander herfallen und darum kämpfen, die Nachfolge anzutreten. Möchtest du, dass dein Volk in eine solche Auseinandersetzung gerät? In einen Kampf zwischen Kriegsherrn und lokalen Tyrannen, die sich vor den Toren von Venjètz zerfleischen? Du machst dir etwas vor, wenn du glaubst, das verhindern zu können. So schlimm die Dinge jetzt auch sind, Darmouth hält die Provinz zusammen.«
Bevor Byrd antworten konnte, versuchte jemand, die vordere Tür des Gasthofs zu öffnen. Lautes Klopfen folgte. Byrd wollte zum Vorhang gehen, aber Chap knurrte drohend, und daraufhin blieb er wieder stehen.
»Wir befreien Wynn«, sagte Magiere. »Und du wirst uns helfen.«
»Und wenn sie stirbt, ist auch dein Leben zu Ende«, fügte Leesil hinzu.
Magiere schaute in seine Richtung. Ihre Augen blieben schwarz, doch Leesil spürte, wie ihr Zorn nachließ.
»Ich muss feststellen, wer draußen vor der Tür steht«, sagte Byrd unbeeindruckt. »Es könnte jemand sein, der Neuigkeiten über eure Freundin bringt.«
Leesil zögerte und winkte Chap dann zur Seite. Der Hund wich widerstrebend zurück, und Byrd verließ die Küche. Leesil ging zum Vorhang und beobachtete ihn von dort aus.
ByrdbliebanderTürstehen.»Weristda?«
»Baron Emêl Milea«, erklang eine gedämpfte Stimme. »Ich habe eine Nachricht für jemanden, der hier wohnt.«
Byrd öffnete die Tür, und ein schlanker Mann trat ein. Unter seinem offenen Mantel trug er einen grünen Umhang. Ein Säbel steckte in einer am Gürtel befestigten Scheide.
Leesil kannte den Mann.
Er war jetzt älter und hatte dünneres rotes Haar. Dieser Adlige war ihm damals vor acht Jahren durch den dunklen Wald gefolgt, und Leesil hatte ihm nur mit knapper Not entkommen können. Er erinnerte sich daran, dass es Emêl Milea gewesen war, der das Pferd eines etwa fünfzehn Jahre alten verwaisten Mädchens geführt hatte. Hedí, die Tochter des Mannes, den er in Darmouths Auftrag getötet hatt e – sein erster Mor d – , war Emêls Belohnung für Loyalität gewesen.
»Seid Ihr der Inhaber?«, fragte der Baron.
Byrd nickte.
Emêl Milea reichte ihm ein gefaltetes Pergament. Byrd nahm es entgegen, entfaltete einen Teil, las etwas und entfaltete dann auch den Rest. Er las erneut, einen längeren Text als den ersten, und Überraschung huschte durch sein Gesicht.
»Woher habt Ihr das?«, fragte er.
»Von Lady Progae. Sie wird in der Festung festgehalte n … angeblich zu ihrem Schutz. Bitte erklärt mir, was es mit dieser Nachricht auf sich hat.«
»Leesil, Magiere!«, rief Byrd. »Kommt her.«
Leesil schob den Vorhang beiseite, und Magiere und Chap folgten ihm in den Schankraum. Kleerolle saß auf einem Tisch und blinzelte nur, als Chap vorbeikam. Emêl sah Leesil, und sein Mund klappte auf.
»Du?«, hauchte er.
»Dies ist Baron Emêl Milea.« Byrd deutete auf seinen Gast. »Er hat uns etwas Interessantes mitgebracht.«
»Ich weiß, wer er ist«, erwiderte Leesil mit einem finsteren Blick. »Lady Proga e – Hedí Proga e – ist seine Mätresse.«
Magiere warf ihm einen besorgten Blick zu. Vielleicht erinnerte sie sich an den Namen, den Faris an dem Abend genannt hatte, an dem er außer sich geraten war.
Baron Milea schnaubte voller Abscheu. »Tu nicht so, als läge dir etwas an ihrem Wohlergehen. Ich kann mir denken, was du bist.«
Leesil zog das Stilett aus dem linken Ärmel. »Und ich kann dir die Bestätigung geben.«
»Hört auf, ihr beide!« Byrd trat zwischen sie und wandte sich Leesil zu. »Magiere, bring ihn zur Vernunft, wenn du der jungen Gelehrten helfen willst.«
Leesil rührte sich nicht von der Stelle, und Magiere beschränkte sich darauf, an seine Seite zu treten.
»Was ist los?«, fragte sie Byrd.
Der Wirt reichte das Pergament Leesil. Auf der Rückseite standen die belaskischen Worte:
Bring dies zum letzten Gasthof südlich des Händlerviertels. Ich komme bald zu dir.
Leesil las die ganz offensichtlich für Byrd bestimmte Mitteilung auf der Vorderseite:
Verlass den Gasthof, oder du wirst kurz nach Sonnenuntergang verhaftet. Ich habe erfahren, dass es eine Möglichkeit gibt, vom Keller aus die Festung zu verlassen. Mehr weiß ich nicht, nur dass der Weg in den Wald auf der anderen Seite des Sees führt. Geh mit dem Überbringer dieser Nachricht dorthin und warte heute Abend auf mich. Wenn
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