DHAMPIR - Blutsverrat
und hustete erneut. Ihr Blick ging zu Emêl. »Ihr wisst, was er mit ihr machen wird.«
Emêl ließ die Schultern hängen und seufzte. »Ich werde deine Tochter so gut wie möglich schützen.«
Ventina sah aus weit aufgerissenen Augen zu Emêl auf, und ihr Atem wurde langsamer, hörte schließlich ganz auf. Die Augen blieben offen, ihre Hand um Magieres Arm geschlossen. Betroffen löste Magiere die toten Finger.
»Ist deine Verletzung schlimm?«, fragte Emêl.
»Nein.« Die Kratzer bluteten, waren aber nicht tief, und sie würden schnell heilen.
»Sieh weg«, forderte der Baron sie auf. »Ich muss den Säbel herausziehen.«
Das hätte er wohl kaum gesagt, wenn ihm klar gewesen wäre, welche Schrecken Magiere in ihrem Leben bereits gesehen hatte. Sie fand seine Rücksichtnahme sonderbar. Emêl zog die Klinge aus der Leiche, und dabei hörte Magiere ein grässliches leises Knirschen.
Etwas stieß sie von der Seite an, und als sie den Kopf drehte, sah sie Chaps blutige Schnauze. Der Anblick beunruhigte sie nicht mehr so wie früher, und sie stand auf.
»Wir müssen Leesil finden.«
Chap bellte einmal.
»Lass uns zuerst die Leichen verstecken«, sagte Emêl. »Auch wenn das Blut nicht zu übersehen is t … Ihr Tod sollte so spät wie möglich entdeckt werden.«
Plötzlich nahm Magiere einen süßlichen Kupfergeruch wahr. Sie sah zu der roten Lache, in der Ventinas Leiche lag. Der Anblick machte den Geruch noch deutlicher, doch ihr blieb nicht genug Zeit, um über diese neue Wahrnehmung nachzudenken.
Beide Wolfshunde hatten zu knurren aufgehört und waren zum Ende des Lagerbereichs zurückgekehrt. Magiere achtete nicht auf sie und half Emêl, Faris und Ventina durch die letzte der drei Türen in der Rückwand zu ziehen. Sie steckte den Dolch in die Scheide, nahm das Falchion und folgte Chap zur südlichen Treppe, dichtauf gefolgt von Emêl.
Welstiel hob erleichtert die Hand zum Gesicht. Magiere war nur leicht verletzt, und im Moment konnte er nicht mehr tun, um sie von diesem Ort zu vertreiben. Er wartete, bis er sicher sein konnte, dass sie und ihre Begleiter weg waren, trat dann durch die Tür und folgte ihne n – den beiden Wolfshunden schenkte er keine Beachtung. Lautlos schlich er die südliche Treppe hoch.
Die Tür an ihrem Ende war geschlossen, und er ging auf dem Treppenabsatz in die Hocke. Mit seinen erweiterten Sinnen hörte er Geräusche sogar noch im Eingangsbereich der Festung. Irgendwie musste er Magiere dazu bringen, dieses Land zu verlassen.
16
Hedí starrte den bleichen Mann an, der sich über Wynn beugte und das Blut des Soldaten an den Händen hatte. Ihr drehte sich der Magen um, als sie daran dachte, was er mit ihm gemacht hatte. Noch immer hielt sie den Dolch auf ihn gerichtet und versuchte, nicht zu zittern.
Der Mann wirkte vertraut, aber sie wusste nicht, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. Sein Mantel schien von guter Qualität zu sein, und vielleicht wäre er attraktiv gewesen, wenn er das Gesicht nicht zu einer Fratze verzogen und wie ein Tier auf allen vieren gehockt hätte.
»Möchtest du noch immer leben?«, krächzte er.
Seine Stimme war nur noch ein raues Flüstern, als hätte er sich am Hals verletzt.
»Wer bist du?«, erwiderte Hedí. Sie sprach leise und bemühte sich, ihren Worten trotzdem Nachdruck zu verleihen. »Was willst du von ihr?«
Der Mann blickte auf Wynn hinab. Als er den Blick wieder hob, fühlte Hedí jähe Kälte. Seine seltsam schönen Augen waren wie Eis.
»Du bist Lady Hedí Progae«, brachte er hervor, und es war keine Frage, sondern eine Feststellung. »Du willst durch den Kellerbereich aus der Festung entkommen. Ein Wirt namens Byrd soll auf der anderen Seite des Sees auf dich warten. Vermutlich hoffst du, dort auch Baron Milea zu begegnen.«
Hedí ließ den Dolch zwei oder drei Zentimeter sinken. »Gehörst du zu Byrd? Hat er dich geschickt?«
Im Gesicht des Mannes erschien eine solche Verachtung, dass sich ihre Hoffnungen sofort auflösten. Sie trat zwei Schritte zurück.
»Deine Pläne bedeuten mir nichts«, sagte der Mann. »Hilf mir, Wynn zu ihren Gefährten zu bringen. Dann schütze ich dich.«
Eine kaum verhüllte Drohung lag in seinen Worten. Hedí hielt nicht viel von Drohungen, aber der Mann versperrte ihr den Weg, und sie bezweifelte, dass sie mit dem Dolch viel gegen ihn ausrichten konnte.
»Was ist mit ihr passiert?«, fragte er und sah auf Wynn hinab. Seine Stimme war jetzt sanfter.
»Man hat sie verletzt und gefesselt in
Weitere Kostenlose Bücher