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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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sie bemerkte, wie zerzaust sein Fell war. Seit dem Kampf an der Grenze hatte sie ihn nicht mehr gebürstet. Als sie ihn ansah, erinnerte sie sich an das Rascheln eines Blattes und sah ihn mit blutverschmierter Schnauze unterm Tisch in der strawinischen Kaserne.
    »Komm, Chap«, sagte Wynn und hob Tomate und Kartoffel hoch. »Sie schlafen bei uns.«
    Chap folgte ihr mit einem leisen Grollen.
    Im Flur setzte Wynn die beiden Kätzchen ab. Kartoffel sah nur verwundert zu ihr auf. Tomate lief ihr hinterher, sehr zu Chaps Verdruss. Schließlich trippelte auch Kartoffel los.
    Als Wynn die Tür ihres Zimmers öffnete und die beiden Kätzchen in den Raum liefen, hörte sie durchs Treppenhaus Stimmen von unten. Die eine war Byrds tiefer Bariton, und die seltsame Kadenz der anderen klang irgendwie vertraut.
    Der Akzent passte nicht zum Belaskischen, das in den meisten Regionen im Norden dieses Kontinents gesprochen wurde. Der Sprecher verschluckte halbe Worte und ließ ihnen seltsame Pausen folgen. Seine Stimme klang sowohl melodisch als auch guttural.
    Lauschen war unhöflich, aber Wynn wusste: Als sie nach oben gegangen waren, hatte niemand sonst den Gasthof betreten. Sie ging in die Hocke und sah durchs Treppengeländer. Chap schob den Kopf unter ihrem Arm hindurch und erschreckte sie.
    Byrd stand an der Theke, wirkte aber nicht so ruhig und gelassen wie zuvor. Er war voller Anspannung dem Besucher gegenüber.
    Der Fremde trug eine Kapuze und war so groß, dass er mit dem Kopf fast an die Deckenbalken des Schankraums stieß. Ein langer grüngrauer Mantel verbarg seine Gestalt. Wynn sah nur die Händ e – sie waren dunkelhäutig und feinknochig.
    Wieder vernahm sie die melodische Stimme des Besuchers.
    »Von meiner Quelle habe ich erfahren, dass sie dich dringend zu sprechen wünscht. Erwarte sie bei der Bronzenen Glocke. Sie wird bald dort sein, also verlier keine Zeit.«
    Wynn schluckte.
    Diesen sonderbaren Akzent hatte sie in ihrer fernen Heimat Malourné gehört. Byrds später Besucher war ein Elf.
    Chap spannte die Muskeln beim Anblick des Elfen im Schankraum.
    Einen waldgrünen Mantel und solch eine Kapuze hatte er schon öfter gesehen, das letzte Mal in Bela. Ein Elf namens Sgäilsheilleach e – Sgäil e – war mit der Absicht ins Gebäude der Weisen gekommen, Leesil zu töten. Und jetzt befand sich auch hier ein Elf.
    Anmaglâhk . Ein Assassine der Elfen war in den Gasthof gekommen, in dem Leesil übernachtete.
    »Sie will mich draußen treffen, des Nachts und allein?«, fragte Byrd.
    »Einer der Meinen wacht über sie«, erwiderte der Elf. »Wovon sie allerdings nichts weiß.«
    Überraschung huschte über Byrds rötliches Gesicht. »Du bist angewiesen, über sie zu wachen?«
    Bei dem Wort »angewiesen« erschien ein Gesicht vor Chaps innerem Auge. Er konzentrierte sich darauf.
    Aoishenis-Ahâre .
    Chap wusste, dass es weniger ein elfischer Name war und mehr ein Titel. Während seiner kurzer Zeit bei den Elfen hatte er dieses Gesicht gesehen und diese Worte gehört, in der Erinnerung von anderen. Wynns Übersetzung hätte vermutlich »Ältester Vater« gelautet. Das Gesicht in der Erinnerung des Besuchers war alt und runzlig, mit eingefallenen Wangen, was die dreieckige Form betonte und die Jochbeine vorstehen ließ. Doch die Haut war hell für einen Elfen, als wäre sie seit vielen Jahren von der Sonne unberührt. Das Weiße in den bernsteinfarbenen Augen wies einen gelben Ton auf, und das lange helle Haar wirkte fast durchsichtig.
    Der Älteste Vater war der Patriarch der Elfen dieses Kontinents und auch Oberhaupt der Anmaglâhk . Zusammen mit dem Bild des Gesichts empfing Chap so etwas wie Unmut und Widerspruch von dem Elfen, der vor Byrd stand. Und auch Furcht. Der Fremde verbarg etwas vor Aoishenis-Ahâre.
    »Ich bitte dich, Brot’an«, sagte Byrd, als der Besucher still blieb. »So gehe ich bei diesen Dingen nicht vor.«
    Der Name des Elfen war vertraut, doch Chap konnte sich nicht daran erinnern, wo er ihn schon einmal gehört hatte. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Byrd und empfing von ihm flüchtige Erinnerungen an einen jüngeren Leesil.
    Byrd runzelte die Stirn, drehte den Kopf und sah zur Treppe.
    Wynn schob Chap zurück und duckte sich.
    Die Erinnerungsbilder verschwanden plötzlich, als Chap die beiden Männer aus den Augen verlor. Er hörte das Rascheln von Stoff und dann das Geräusch schneller Schritte. Als er wieder nach unten zu sehen wagte, schwang die Tür zu. Byrd und der Besucher

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