DHAMPIR - Blutsverrat
verlor sich in seiner Vergangenheit, und sie wusste nicht, wie sie ihm dorthin folgen und ihn zurückholen sollte.
Sie merkte plötzlich, dass sie am ganzen Leib bebte. Langsam setzte sie die Lampe auf den Boden, aus Furcht, sie könnte ihr aus der Hand rutschen. Ihr Gaumen war so trocken, dass sie nicht schlucken konnte.
»Du warst nicht da, und ich muss dies tun«, beharrte Leesil. Haarsträhnen klebten an seinem schweißnassen Gesicht, und er schloss sofest die Augen, dass sein Gesicht zu einer Grimasse wurde. »Geh weg!«
»Nein!«, erwiderte Magiere. »Ich bin hier, Leesil. Sieh mich an!«
Leesil öffnete die Augen, und Zorn zeigte sich in seinem Gesicht. Plötzlich verschwamm seine Gestalt für Magiere, und sie spürte, wie ihr Tränen aus den Augen über die Wangen rannen. Vorsichtig näherte sie sich Leesil.
»Ich gehe nicht«, sagte sie. »Wir sind allein und befinden uns in unserem Zimmer in Byrds Gasthof.«
Magiere sprang und packte ihn am Handgelenk.
Leesil stach nicht mit dem Stilett nach ihr, aber er setzte sich mit aller Kraft gegen ihren Versuch zur Wehr, seinen Arm nach unten zu drücken. Die Anstrengung ließ ihn zittern. Er wollte sie mit der freien Hand abwehren, und er war stärker als sie.
Die Verwandlung begann in ihr und gab ihr Kraft, bis sie ebenso stark war wie er. Gleichzeitig wuchs ihre Sorge, und sie fürchtete, dass sie ihm etwas antun könnte. Ihre Kiefer begannen zu schmerzen. Sie biss die Zähne zusammen und bemühte sich, der weiteren Verwandlung Einhalt zu gebieten. Das Dhampir-Wesen lag in ihrem Fleisch und in ihren Auge n – Leesils Haar und das Weiße in seinen Augen wirkten plötzlich strahlend hell.
Leesils Leid zu sehen bereitete ihr Schmerz, und dieser Schmerz verwandelte Jagdinstinkt und Gier in Zorn. Sie wollte all das zerreißen und zerfetzen, was ihn quälte.
»Verlas s … mich nicht«, brachte sie hervor. »Komm zurück.«
Leesils Augen waren so hell. Für einen Moment ließ der Wahnsinn nach, und er schien sich ihrer realen Existenz in seiner unmittelbaren Nähe bewusst zu sein.
Magiere ließ seine Handgelenke los, hob beide Hände zu seinem Gesicht und beugte sich vor. Leesil versteifte sich, als sie ihre Lippen auf die seinen presste.
Sie hörte, wie das Stilett zu Boden fiel. Seine Finger schlossen sich fest um ihre Oberarme und drückten, aber sie blieb bei ihm und wich erst ein wenig zurück, als er sich beruhigte.
Leesil sah sie an. Er wirkte traurig und aufgelöst, wie aus einem Albtraum erwacht, den er noch immer für die schreckliche Wirklichkeit hielt. Magieres Finger wanderten nach oben, in sein schweißfeuchtes Haar.
Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn wieder und suchte in ihrem Gesicht nach etwas. Dann küsste er sie mit mehr Leidenschaft als jemals zuvor und zog sie an sich, als sie zu Boden sanken.
Worte genügten Leesil in diesen Momenten nicht, und Magiere schlang Arme und Beine um ihn. Er presste sein Gesicht an ihren Hals und hielt sie so fest, dass sie seine Rückenmuskeln spürte. Sein Mund glitt zur Schulter, und Magiere streifte ihr Hemd ab.
Sie würde nicht zulassen, dass er sie noch einmal verließ.
Hedí ritt neben Leutnant Omasta über die lange Steinbrücke, und die Festung schien zu wachsen und die Nacht auszufüllen, als sie sich ihr näherten. Sie hatte einen quadratischen Grundriss mit einem großen Innenhof. Die vier Ecktürme ragten über die anderen Gebäude hinaus. Feuer brannten in großen Kohlepfannen auf ihnen, und ihr Schein spiegelte sich auf dem See wider. Als sie die gesenkte Zugbrücke überquerten, schwangen die beiden Torflügel weit auf, und durch einen langen Tunnel erreichten sie den Hof.
Omasta half Hedí beim Absteigen und führte sie über den Hof, als seine Männer die Pferde wegbrachten. Auf der anderen Seite traten sie durch eine breite Tür in ein großes Foyer.
Hedí versuchte, ungerührt zu bleiben. Sie atmete langsamer und zwang sich zu einem neutralen Gesichtsausdruck.
Omasta rief nach jemandem, und eine Bedienstete in mittleren Jahren kam aus einem Esszimmer oder Aufenthaltsraum auf der rechten Seite. Links ging es in Darmouths Ratssaal, und vorn führte eine breite steinerne Treppe nach oben. Zu den beiden Seiten dieser Treppe erstreckten sich Flure nach Norden und Süden.
»Willkommen, Lady«, sagte die Frau und machte einen unterwürfigen Knicks. »Ich bin Julia und zeige Euch Euer Zimmer.«
Hedí musterte die Frau. Ihr Haar steckte unter einer Musselinhaube, und
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