DHAMPIR - Dunkelland
Enttäuschung, aus allen Richtungen.
Die Seinen hatten sich hier versammelt.
In den Gestalten des Waldes versammelten sie sich um ihn herum. In Blatt und Nadel, in Zweig und Stamm, in den kleinen Augen, die ihn aus der Finsternis beobachteten. Selbst in der Luft und in der Erde wuchs ihre Präsen z – die der Fee n – , bis er sie als Prickeln auf der Haut unter dem Fell spürte.
Immer mehr drängten sich am Rand der Lichtung zusammen, und ihre Aufmerksamkeit galt Chap.
Ich habe noch nicht versagt, antwortete er.
Holz knarrte und knackte. Aber du erlaubst der Tochter des Todes, den Weg zu beschreiten, von dem du sie fernhalten solltest? Halte sie auf!
Chap stand wie erstarrt vor dem alten Baum und senkte den Kopf. Wie? Was kann ich noch tun?
Vögel, dunkler als die Nacht, stiegen von einem Ast auf und jagten ihm entgegen. Chap sprang zur Seite, und ihr Kreischen hallte noch durch die Dunkelheit, als sie schon im Wald verschwunden waren.
Zwing si e … , kam die Antwort.
Chap wich einen Schritt zurück. Nein.
Benutze einen Zaube r …
Ein leises Grollen kam aus Chaps Kehle, als Zorn die Scham verdrängte. Die Vergangenheit hatte ihn zu Magiere geschickt, die Wahrheit ihres Ursprungs, aber die Seinen verlangten zu viel von ihm. Er würde Magieres Entscheidung nicht beeinflussen. Auf keinen Fall wollte er versuchen, sie geistig zu manipulieren.
Niemals.
Die Luft über der Lichtung begann zu brodeln. Chap sprang erneut zur Seite, doch der fauchende Wind folgte ihm. Blätter, Zweige und kleine Steine stiegen vom Boden auf und wirbelten ihm entgegen. Er ließ sich ins Gras sinken und schloss voller Kummer die Augen. Er würde Magiere zu nichts zwingen, sie nicht wie eine Sklavin dominieren. Aber er würde sie auch nicht verlassen.
Ich bin die ganze Zeit bei ihr, um sie zu führen. Ich habe noch nicht versagt.
Das Brodeln ließ nach, und der Geschossregen hörte auf.
Es wurde still, so still, dass Chap fast geglaubt hätte, wieder allein zu sein. Aber er spürte noch immer die Nähe der Seinen, ruhig und nachdenklich, und schließlich bekam er eine Bestätigung. Wir halten an Hoffnung fest.
Chap hörte sein eigenes Schnaufen, fühlte das Pochen seines Herzens und den kalten Boden unter seinem Bauch. Überall sonst im Wald herrschte Stille. Selbst das Prickeln auf seiner Haut war verschwunden.
Eine leichte Brise bewegte die Zweige und ließ sie rascheln. Sie bildeten keine Barriere meh r – die Lücken zwischen ihnen waren so groß wie bei seinem Eintreffen auf der Lichtung. Als Chap den Kopf hob, waren die Seinen fort, und übrig blieb die lebende Welt um ihn herum.
»Chap!«, erklang Leesils Stimme. »Wo bei den sieben Höllen steckst du?«
Er drehte sich um und lief in Richtung Straße, doch schon bald blieb er stehen und sah zurück. Dann setzte er sich und wartete auf halbem Weg zwischen Straße und Lichtung. Der Wagen rollte heran, und Magiere zog die Zügel.
»Schluss mit dem Weglaufen«, brummte Magiere und sah ihn an.
Wynn kletterte hinten aus dem Wagen, wankte ein wenig und rieb sich die steifen Beine. Sie trug eine Kniehose, feste Stiefel und eine weiße Bluse; der kurze Umhang mit der Kapuze reichte nicht ganz bis zu ihren Knien. Ohne den langen grauen Umhang wirkte sie irgendwie seltsam, vielleicht nicht ganz so ernst wie sonst.
»Es ist mir gleich, wie weit du die Stadt hinter dir lassen möchtest«, sagte sie nach einem tiefen Seufzen und sah zu Magiere auf dem Kutschbock hoch. »Dies ist für einen Ta g – und für einen Teil der Nach t – weit genug.«
Bevor Magiere antworten konnte, sprang Leesil vom Platz neben ihr zu Boden.
»Ich muss ihr zustimmen«, sagte er. »Und Chap hat bereits eine geeignete Lichtung für unseren Lagerplatz gefunden.«
»WirhättenanBordeinesSchonersgehenkönnen«,erwiderteMagiere.»ErhätteunsdirektdurchdieWudranbuchtundzurMündungdesWudraskgebracht.Dannwäreesnichtnötiggewesen,dasswirunsmitdiesemWagenabmühenundnachtslagern.«
Leesil sah zu ihr hoch. »Ich habe es dir doch gesagt. Nie wieder werde ich freiwillig einen Fuß auf einen schwimmenden Sarg setzen. Es ist nicht meine Vorstellung von Spaß, dauernd zu kotzen.«
Es war ein alter Streit, aber seine Vertrautheit brachte Chap keinen Trost. Und doc h … Er hatte den Seinen verdeutlicht, welchen Standpunkt er vertrat. Er würde weder von seinem Weg abweichen noch Magieres Willen dominieren oder unterwerfen. Überzeugung allerdings war eine andere Sache; es gab noch Zeit genug, sie dazu zu
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