DHAMPIR - Dunkelland
Wissen.«
MagelianickteundkonzentriertesichwiederaufihreStickerei.SiewürdeeinenWegfinden,UbâdvonihremKindfernzuhalten.
Welstiel schob sich den Ring auf den Finger. Das Glühen des Topas auf dem Schreibtisch hörte plötzlich auf, und Welstiel nickte zufrieden.
»Perfekt«, murmelte er. Magelia fragte nicht nach dem Grund seiner Zufriedenheit.
Während des fortgeschrittenen Stadiums ihrer Schwangerschaft befürchtete er, dass sie nicht genug Bewegung und frische Luft bekam. Früh am Abend ging er mit ihr auf dem Hof spazieren. Manchmal brachte er die Kugel mit, damit er sitzen und lesen konnte, während sie den Spaziergang fortsetzt e – es machte ihr nichts aus, solange er in Sichtweite blieb. Immer wieder fragte sie sich, ob seine Sorge ihr oder dem ungeborenen Kind galt.
Als sie eines Abends auf dem Hof ihre Runden drehten, wirkte Welstiel zerstreuter als sonst.
»Stimmt was nicht?«, fragte Magelia vorsichtig, denn er mochte keine Neugier in Hinsicht auf seine persönlichen Angelegenheiten.
»Nein.« Er schien mehr zu sich selbst zu sprechen. »Während meines heutigen Schlafes hatte ich einen Traum. Ich wusste gar nicht, dass ich noch träumen kann, denn ich hatte keinen sei t … seit längerer Zeit.«
»Ein Albtraum?«, fragte Magelia.
Welstiel sah sie an. Er schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn, als bereitete es ihm Unbehagen, über eine persönliche Angelegenheit zu sprechen. Er machte eine beiläufige Bemerkung über Reparaturarbeiten an der Hofmauer, zögerte dann und hob die Hand zur weißen Stelle an der Schläfe.
»Was ist?«, fragte Magelia. »Bist du krank?«
Er antwortete nicht und flüsterte mit jemandem, den sie nicht sah. Nach einigen Momenten fand er wieder zu sich selbst zurück und führte sie ins Innere des Bergfrieds.
Nach jener Nacht veränderte sich Welstiel auf subtile Weise.
Er war nie unhöflich, schränkte ihre wenigen Unterhaltungen aber noch weiter ein. Wenn er sprach, so begnügte er sich damit, Magelia nach ihrem Befinden und dem Ungeborenen zu fragen. In manchen Nächten wirkte er ausgeruht, in anderen so erschöpft, als hätte er überhaupt nicht geschlafen. Wenn das der Fall war, flüsterte er vor sich hin und rieb sich die Schläfen, wie von Kopfschmerzen geplagt.
Zwei weitere Monde lang schwoll Magelias Bauch an, und sie spürte, wie das Baby sich in ihr bewegte. Sie fand das Gefühl angenehm und sprach mit dem Kind, da es sonst praktisch niemanden mehr gab, mit dem sie sprechen konnte. Es war ihr gleich, wer das Kind gezeugt hatte. Es gehörte ihr, ihr allein.
Welstiel braute Elixiere zusammen, trank sie und verbrachte mehr Zeit mit nächtlichen Sprechgesängen. Sein Geisteszustand verbesserte sich. Was auch immer ihm zusetzte, er schien es allmählich unter Kontrolle zu bekommen. Gleichzeitig wuchs sein Interesse an dem Kind.
Eines Nachts, als er in seinem Zimmer arbeitete, kam Magelia ohne anzuklopfen herein und sah ihn am Schreibtisch sitzen, mit einem blutigen Verband um den linken kleinen Finger. Er ließ etwas in eine Schüssel fallen, und die Flüssigkeit darin zischte und blubberte. Magelia trat hinter Welstiel, der so sehr auf seine Arbeit konzentriert war, dass er sie gar nicht bemerkte. Neben der Schüssel lagen die einzelnen Teile eines Anhängers mit einer leeren Zinnhalterung und daneben ein blutiges Küchenmesser.
Magelia senkte den Blick und schnappte nach Luft. Was da in der Schüssel zischte, war der obere Teil seines kleinen Fingers. Säure löste die Haut auf.
Als sie ihn an der Schulter berührte, zuckte er zusammen und drehte sich ruckartig um. »Hinaus mit dir!«, befahl er. »Ich arbeite.«
Magelia floh in ihr Zimmer und hielt sich den Bauch. Die alte, grimmige Magelia flüsterte in ihr, dass sie das Kind vielleicht vor mehr schützen musste als nur vor Ubâd.
In jener Nacht setzten ihre Wehen ein. Welstiel verhielt sich wie der höflich-umsichtige Mann, der er zu Anfang und in der Mitte ihrer Schwangerschaft gewesen war, vor seinen Träumen. Er ließ ihr von dem Wächter, dessen Namen sie sich nie gemerkt hatte, ins Bett helfen und rief das Dienstmädchen.
»Ich hole die Hebamme«, sagte er.
»Sie heißt Betina«, teilte ihm Magelia mit. »Sie hat mich auf die Welt gebracht.«
Trotz der Schmerzen, die ihr die Wehen bereiteten, brachte sie ein Lächeln für Welstiel zustande. Er wollte sich selbst auf den Weg zur Hebamme machen, anstatt einen Wächter zu schicken. Das Stechen in ihrem Unterleib wurde stärker und
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