Dhampir - Halbblut
als ginge hier mehr vor, als er preisgab.
»Wie lange seid ihr schon hier?«, fragte sie und folgte ihm die Treppe hoch.
»Seit neun Jahren«, sagte Caleb. »Rose ist bei uns, seit meine Tochte r … uns verließ.«
»Euch verließ?«, fragte Leesil. Dann murmelte er: »Offenbar gibt es immer wieder Leute, die diesen Ort verlassen.«
Caleb antwortete nicht, und Magiere schwieg ebenfalls. Die Angelegenheiten des Alten gingen sie nichts an.
Im oberen Stockwerk war es ebenso sauber wie im Erdgeschoss. Der Treppe folgte ein kurzer, schmaler Flur. Caleb zeigte Magiere zuerst ein großes Schlafzimmer am linken Ende des Flurs, über dem Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss gelegen, und nannte es ihr Zimmer. Für Leesil gab es einen Raum, der an den mittleren Teil des Flurs grenzte, der Treppe gegenüber. Ein drittes Zimmer befand sich am rechten Ende des Flurs und hatte vermutlich als eine Art Abstellkammer gedient. Ein durchhängendes Bett mit zwei Kopfkissen stand in einer Ecke, und eine kleine Fußmatte lag davor.
»Wir wohnen hier«, sagte Caleb. »Wir brauchen nicht viel Platz.«
Zum zweiten Mal an diesem Tag seufzte Magiere resigniert. Leesil hatte recht; sie konnten sich nicht selbst um alles kümmern. Sie hatte keine Ahnung, wie man irgendwelche Fischgerichte zubereitete, und wenn sie lernen wollte, eine Taverne zu führen, konnte sie keine Zeit mit dem Reinigen des Kamins und dergleichen vergeuden.
»Welche Vereinbarung habt ihr mit der Bank getroffen?«, fragte Magiere.
»Vereinbarung?«, wiederholte Caleb verwundert.
»Was zahlt euch die Bank?«
»Was sie uns zahlt? Wir wohnen einfach nur hier, halten das Haus in Ordnung und haben darauf geachtet, vor dem Eintreffen der neuen Eigentümer nicht alle Vorräte aufzubrauchen.«
Magiere wusste nicht, wen sie in diesem Moment mehr verachtete, die sehr Armen oder die sehr Reichen. Die Bank hatte Verwalter bekommen, die nichts kosteten. Sie hatte die Situation von zwei alten Leuten ausgenutzt, die plötzlich ohne Arbeitgeber dastanden.
»Na schön«, sagte sie zu Caleb. »Ihr arbeitet für mich und bekommt ein Zwanzigstel des Gewinns, plus Unterkunft und Verpflegung.« Sie wandte sich von dem kleinen Zimmer ab und ging an Leesil vorbei durch den Flur. An der Treppe blieb sie stehen und sah zurück. »Das große Schlafzimmer brauche ich nicht. Heute Nachmittag tauschen wir die Räume.«
Leesil sah sie groß an, wandte sich dann an Caleb und zuckte mit den Schultern. Ein Hauch von Erstaunen huschte durch das Gesicht des Alten, doch er nickte, als wäre ein solches Angebot völlig normal.
»In Ordnung«, sagte er ruhig, ging durch den Flur und die Treppe hinunter. Vermutlich wollte er seiner Frau von der bevorstehenden Veränderung erzählen.
Magiere trat in die Tür von Leesils Zimmer und lehnte sich an den Türpfosten. Leesil kam näher, blieb neben ihr stehen und gab vor, dass sein Interesse dem fast leeren Raum galt. Es gab kaum etwas zu sehen außer einem Bett und dem Fenster in der gegenüberliegenden Wand, durch das man den Ozean sehen konnte. Einige Zweige der nahen Tanne störten den Ausblick ein wenig.
Magiere hoffte, dass Leesil still blieb.
»Wie ungewöhnlich«, sagte er nach einer Weile.
»Du hättest Einspruch erheben können, wenn du etwas dagegen hast.«
»Ich habe nichts dagegen.«
Eine Zeit lang schwiegen sie beide. Mit ihrem »Spiel« hatten sie ganze Dörfer in Armut gestürzt, und jetzt zeigte sich Magiere plötzlich großzügig. »Ich möchte ein neues Leben beginnen«, sagte sie schließlich.
Leesil musterte sie aus dem Augenwinkel. Er nickte und lächelte.
»Ich schätze, es ist ein Anfang.«
Als an jenem Tag die Sonne unterging, hatten sich Magieres Erscheinungsbild und ihre Welt sehr verändert. Beth-rae bereitete in der Küche ein heißes Bad für sie vor, damit sie sich ordentlich abschrubben und den Schmutz von Haut und Haar entfernen konnte. Während sie sich wusch, verschwand ihre Kleidung, und wo sie eben noch gelegen hatte, fand Magiere einen Bademantel aus Musselin. Sie hatte an diesem Abend noch zu viel vor, um etwas anzubehalten, das sie fast für ein Nachthemd hielt, und deshalb ging sie nach oben in ihr kleines Zimmer. Was zuvor für drei Personen eine kleine Kammer gewesen war, reichte sicher für eine.
Die Möbel waren vom einen Zimmer ins andere gebracht worden, und Magiere sah sich von den Annehmlichkeiten eines neuen Zuhause umgeben. Wo ein Bett gestanden hatte, das zwei Personen kaum genug Platz bot, sah sie
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