Dhampir - Seelendieb
kräftiger Mann mit großer Nase, in ein Kettenhemd gekleidet. Eine dichte Masse aus braunen Locken umgab seinen Kopf, ließ aber das Gesicht frei, als wäre es am Rand eines Helms abgeschnitten worden. Neben den Schriftrollen und Pergamenten auf dem Tisch lag ein Helm, der denen der Sträzhy ähnelte, aber mehr Kämme aufwies. Ein Federbusch reichte vom Nasenschutz aus darüber hinweg. Magiere vermutete, dass dieser Mann Hauptmann Schetnick war.
»Was soll ich denn sonst noch tun?«, fragte der Hauptmann und sprach erstaunlich ruhig.
Magiere hätte damit gerechnet, dass ihn der Zorn des Kaufmanns langweilte oder er es eilig damit hatte, dessen Anliegen zu Protokoll zu nehmen und ihn dann fortzuschicke n – darauf liefen ihre Erfahrungen mit Konstablern und Wächtern hinaus. Doch dieser Hauptmann wirkte geduldig und traurig.
»Du hast mir gesagt, dass dein Sohn Simask und seine Frau Luiza aus geschäftlichen Gründen mit dir nach Bela kamen«, sagte er sanft. »Sie brachen auf, um bei den hiesigen Wirten neue Kunden für euer Weingut zu finden, doch sie kehrten nicht zurück. Wächter haben Nachforschungen angestellt, und ich habe die Distriktkonstabler des betreffenden Bereichs und auch der beiden Distrikte verständigt, die die Vermissten besucht haben könnten. Niemand hat etwas beobachtet, und es gibt keine Anzeichen für ein Verbrechen. Was soll ich sonst noch tun?«
»Such nach ihnen!«, entfuhr es dem Kaufmann verärgert.
»Wo? In welchem Teil der Stadt sollte ich suchen? Wir wären auf Mutmaßungen angewiesen.«
Ein schweres Gewicht schien sich auf den Kaufmann herabzusenken, und er sackte auf seinem Stuhl zusammen.
»Wir haben uns getrennt, um in verschiedenen Teilen der Stadt zu arbeiten«, fuhr er ruhiger fort. »Erst nach einem ganzen Tag wurde mir klar, dass sie nicht mehr da waren. Ich weiß nicht, wohin sie verschwunden sein könnten, aber mein Sohn ist sehr zuverlässig. Er hätte unser vereinbartes Treffen bestimmt nicht versäumt.«
Der Hauptmann bemerkte Magiere und Leesil in der Tür und stand auf. Sein Körperumfang war beträchtlich, aber es schienen vor allem Muskeln zu sein und nicht die Masse eines Mannes, der immer nur saß.
»Kehr zu deinem Gasthof zurück und ruh dich aus«, riet er dem Kaufmann. »Wir tun, was wir können. Wenn es Neuigkeiten gibt, setze ich mich sofort mit dir in Verbindung. Bitte entschuldige mich jetzt. Es gibt noch eine andere Angelegenheit, die meine Aufmerksamkeit erfordert.«
Tiefer Kummer und Hoffnungslosigkeit zeigten sich im Gesicht des Kaufmanns, als er aufstand. Magiere hatte Mitleid mit ihm, wusste aber nicht, was sie sagen sollte. Als er sich zum Gehen wandte, sah er die beiden in der Tür und drehte sich noch einmal zum Hauptmann um.
»Luiza ist hellhäutig, fast wie die Frau dort«, sagte er und deutete auf Magiere. »Sie hat schwarzes Haar und ist kleiner.«
Der Hauptmann nickte. »Ich werde das notieren.«
Der Weinhändler verließ den Raum ohne ein weiteres Wort und ging durch den Flur.
»Kann ich euch helfen?«, fragte der Hauptmann und musterte die beiden Neuankömmlinge. Er griff nach einem ledergebundenen Pergamentbündel und öffnete es. »Heute Morgen habe ich keine weiteren Termine, aber gleich ein Treffen mit der hiesigen Polizei.«
»Dies dauert nicht lange. Ich bin Magiere. Der Stadtrat hat mich mit Ermittlungen in Bezug auf den Tod von Ratsmitglied Lanjows Tochter beauftragt.«
Schetnick schüttelte verwundert den Kopf, als er diese Worte hörte, und er legte das Pergamentbündel auf den Tisch. Er sah Magiere an, nachdem er Leesil und Chap einen kurzen Blick zugeworfen hatte. Ein dünnes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, und er verschränkte die Arme.
»Du bist die Jägerin. Wer ist er?«
»Leesil, mein Partner.«
Chap schnüffelte und richtete den Blick auf Schetnick.
»Unser Spürhund«, erklärte Magiere. »Aber die Spur ist kalt, und wir müssen die Suche eingrenzen. Lanjow erwähnte Berichte über Attacken eines nächtlichen Angreifers. Wir würden gern mit einigen der betroffenen Personen reden. Kannst du uns eine Liste mit Namen und Adressen geben?«
Schetnick stand da, noch immer mit dem matten Lächeln auf den Lippen. »Du bist nicht das, was ich erwartet habe.«
Magiere hatte es langsam satt, diese Worte zu hören.
»Tatsächlich«, erwiderte sie schlicht.
Schetnick lachte laut, und die letzten Reste von Trauer verschwanden aus seinem Gesicht.
»Nein, nein«, fügte er hinzu. »Ich habe mit einem
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