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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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bedeuten?«, flüsterte sie Chuillyon zu.
    Der große Elf hob und senkte die Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht hat der alte Grabhüter zu viel Zeit in der Stille hier unten verbracht.«
    Tristan schwieg, vermutlich deshalb, weil er nichts zu sagen hatte. Er, Danyel und Saln bildeten den Abschluss. Dies war einer der wenigen Orte, wo der Hauptmann nicht darauf bestand, die Führung zu übernehmen.
    Reine ging weiter, und selbst Chuillyon blieb hinter ihr zurück.
    Dieser Seitentunnel war fast ebenso alt wie das erste Schloss von Calm Seatt, und je weiter sie darin vordrangen, desto feuchter wurden die Wände. Kleine Tropfen glänzten matt auf gelbgrüner Phosphoreszenz. Reine hörte gelegentliches leises Platschen, wenn einzelne Tropfen fielen. Allmählich wurde es dunkler im Tunnel, und schließlich erreichten sie eine Tür. Chuillyon holte seinen Kaltlampen-Kristall hervor.
    Die dicke Holztür wies Zeichen des Verfalls auf. Rost bedeckte die Angeln, und Reine vermutete, dass die Tür in ein oder zwei Jahren ausgetauscht werden musste.
    Sie sah auf den Knauf und die Schließblende ohne Schlüsselloch. Ein Oval aus weißem Metall wölbte sich aus der Blende.
    Reine hob die Hand und löste einen wellenförmigen Kamm aus ihrem Haar. An der Rückseite wies er ein kleines Stück weißes Metall auf, als wäre eine silbrige Träne daraufgefallen, um sich mit dem Perlmutt des Kamms zu verbinden. Sie legte die Rückseite auf das Oval aus weißem Metall, und sofort glitt der stählerne Riegel mit einem dumpfen Knirschen zurück in die Wand.
    Reine rückte den anderen Kamm zurecht, damit er ihr Haar zusammenhielt, reichte den ersten Chuillyon und öffnete die Tür. Als der Elf den Kamm an Tristan weitergeben wollte, hielt sie seine Hand fest.
    »Behaltet ihn«, sagte sie.
    »Möchtet Ihr nicht, dass ich Euch begleite?«, fragte er.
    »Wartet hier. Ich gebe Bescheid, wenn ich etwas brauche.«
    »Aber die eingekauften Dinge … Solltet Ihr nicht …«
    »Später, Chuillyon.«
    »Hoheit …«
    »Genug!«
    Reine trat durch die Tür und schloss sie hinter sich. Als sie die Hände ans feuchte Holz drückte, fühlte sie, wie der Riegel aus der Wand zurückkehrte. Dabei ertönte ein Knirschen, das sie oft gehört hatte, und doch zog sich in ihrem Magen etwas zusammen. All dies hatte damals begonnen, einen Monat nachdem man sie allein in einem treibenden Boot gefunden hatte. In jener Nacht, als sie Frey verloren hatte.
    Reine lehnte die Stirn an die Tür und blickte auf ein weiteres Oval aus weißem Metall hinab. Zweimal im Jahr, bei der höchsten Flut, war es am schlimmsten.
    Den Kamm mit dem Tropfen aus weißem Metall ließ sie immer zurück, was bedeutete, dass sie sich einschloss. Ohne den Kamm konnte nur Chuillyon – oder Asche-Splitter – sie herauslassen. Nichts konnte diesem Ort entkommen. Sie hob den Kopf und blickte zur Öffnung in der rechten Wand.
    Dahinter war alles pechschwarz.
    Reine atmete tief durch, straffte die Schultern und ging zu der Öffnung. Sie versuchte, nicht zum wie einladenden Meerwasser zu sehen, nicht einmal dann, als sie über den steinernen Sims an seinem Rand ging. Zu oft hatte sie vom Gitter aus auf die schwarze Oberfläche gestarrt und darauf gewartet, dass sich dort etwas zeigte. Halb von der Flut überspült hatte sich jenes Gitter fest in ihr Gedächtnis eingeprägt. So sehr, dass sie sogar ihre Furcht vor dem Ozean überwunden hatte. Diese »Zelle«, wie sie den Raum in Gedanken nannte, war vor so langer Zeit aus dem Fels gehauen worden, dass nicht einmal Asche-Splitter sich daran erinnerte.
    Der Geruch von Meer wurde stärker, als Reine den dunklen Raum betrat. Sie streckte die Hand aus und tastete sich damit an der rechten Wand entlang. Ihre Finger berührten scharfe Kanten, und dreimal strich sie darüber hinweg.
    Mattes Licht kam von einem daumengroßen Kristall an einer Leiste. Es war ein kleines Geschenk, das sie an diesem Ort zurückgelassen hatte – der Kristall stammte von Lady Tärtgyth Skyion, Hohe Premin der Weisen von Calm Seatt. In seinem Licht sah sich Reine um.
    Der kleine Raum wirkte wie eine Mischung aus Wohn- und Arbeitszimmer. Die Einrichtung bestand aus einem Schreibtisch, einem hölzernen Sofa mit alten Kissen und mit Büchern gefüllten, in den Fels gemeißelten Regalen an der gegenüberliegenden Wand. Reine hatte versucht, alles etwas angenehmer zu gestalten, mit Wandteppichen, bunten Kugeln aus geblasenem Glas und ähnlichen Dingen, aber an dem Raum selbst änderte

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