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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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Hinsicht auf die Gefahren des Wissens. Was übrigens auch für die Domins und Meister der Gilde galt.
    Ghassan kannte die sumanischen Passagen, an deren Übersetzung er mitgewirkt hatte. Allein jene Informationen mussten unter allen Umständen geheim bleiben. Er fragte sich, was die anderen Folianten enthalten hatten, und in gewisser Weise beneidete er Wynn um die Erlaubnis, die Texte einsehen zu dürfen. Dieser lästige Hauptmann der Stadtwache – er musste ihr irgendwie dabei geholfen haben.
    Was mochte geschehen, wenn das Wissen um die Vergessene Geschichte an die Öffentlichkeit gelangte? Zahlreiche Ideologien und Glaubensrichtungen hatten das ausgelöscht, was einst über den Beginn – und auch das Ende – der Zivilisation bekannt gewesen war. Und über ihre Wiedergeburt nach jenem alten Krieg, von dem die meisten Leute glaubten, dass er nie stattgefunden hatte. Es war besser, diese Dinge ruhen zu lassen, obwohl die Zukunft vielleicht große Gefahr brachte.
    Nach dem Abendessen hatte Ghassan seinen Kollegen im sumanischen Zweig der Gilde einen weiteren Brief schreiben wollen, doch dann war ihm zu Ohren gekommen, dass jemand Wynn eine Mitteilung brachte. Neugierig geworden war er ihr gefolgt, von ihrem Zimmer bis zur Bibliothek, hatte sich dabei für ihre Augen unsichtbar gemacht.
    Ghassan senkte die Lider und imaginierte Muster aus Linien und Symbolen.
    Eine Beschwörung flüsterte durch seine Gedanken, und er schwebte über den Fenstersims hinweg zum Mauerweg hinunter. Unten angekommen ging er mit langen Schritten in die Richtung, in die zuvor Wynn geeilt war. Er sah die junge Weise, als sie um den Südturm schlich und sich der vorderen Seite des Hauptgebäudes näherte.
    Doch dann blieb sie am Wachturm neben dem Tor stehen, denn dort wachten zwei von Rodians Männern. Ghassan beobachtete, wie Wynn in die Schatten zurückwich, und er runzelte unschlüssig die Stirn.
    Vielleicht sollte er es einfach dabei belassen und sich damit zufriedengeben, dass sie das Gelände der Gilde nicht verlassen konnte. Aber dann hätte er nicht erfahren, warum sie aufgebrochen war und was es mit der Nachricht auf sich hatte. Entsprechende Hinweise ließen sich vielleicht in ihrem Bewusstsein finden, doch angesichts ihrer sprunghaften Gedanken hätte Ghassan vermutlich eine ganze Weile warten müssen, bis er Antwort auf seine Fragen bekam.
    Ghassan rieb sich die Augen. Er musste dafür sorgen, dass Wynn ihren Weg fortsetzen konnte. Erneut senkte er die Lider und veränderte die Muster der geometrischen Formen und Zeichen, konzentrierte sich dann auf die beiden Wächter, auf ihre Sinne, ihr Gehör …
    »Was war das?«, fragte einer von ihnen plötzlich und blickte an der Mauer entlang nach Norden. Der zweite Mann lief los, und der erste folgte ihm.
    Wynn spähte erneut um die Ecke, als sie die Stimme hörte. Sie trat ins Freie, sah den beiden Wächtern verwundert nach und blieb einfach stehen.
    »Oh, bitte, geh!«, flüsterte Ghassan.
    Schließlich eilte Wynn durchs Tor.
    Ghassan ließ ihr einen Moment Zeit und beobachtete, wie sie nach Süden lief. Dann schwebte er zur Alten Mauerstraße hinab und folgte ihr.

13
    Chane wartete bei den Ställen und fragte sich, was er Wynn sagen sollte. Der Geruch von Dung, altem Leder und Stroh umgab ihn.
    Die Pferde in den Ställen waren bereits gefüttert und für die Nacht vorbereitet worden. Nach Einbruch der Dunkelheit kam niemand mehr hierher. Dies war der nächste und sicherste Ort, um mit Wynn zu reden, ohne dass sie zu weit durch die Nacht gehen musste. Es gab noch jemanden, der sich für die Folianten interessierte, ein skrupelloser Mörder, der Wynn vor dem Skriptorium gesehen hatte.
    Chane hatte den Mantel abgebürstet und sein einst schulterlanges, rotbraunes Haar in Ordnung gebracht. Vor mehr als einem Jahr in Venjètz hatte Welstiel es kurz geschnitten, um Chane zu tarnen, und seitdem war das Haar nicht mehr gewachsen. Er strich eine widerspenstige Strähne hinters Ohr und schloss kurz die Augen.
    Wenn Wynn kam … Wie sollte er sein Verhalten erklären, angetrieben von einer Besessenheit, die er selbst nicht ganz verstand?
    Er beobachtete die Straße von der Stallseite aus. Hinter den Läden, Tavernen und Esslokalen ragten die Gebäude der Gilde auf.
    Plötzlich bemerkte er eine Bewegung.
    Wynn trat aus den Schatten auf die Straße, gekleidet in einen braunen Mantel über ihrem grauen Umhang. Sie kam mit einem Wanderstab, der größer war als sie selbst und zwei Handlängen

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