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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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andere in Wynns Nähe. Aber wo Schattens Vater ein Strahlen gewesen war, mit einem Fell, das aus feuriger Seide zu bestehen schien, war Schatten ein Wolf der Nacht, umgeben von einer brennenden Aura, die in Wynns Augen schmerzte.
    Schatten senkte den Kopf, ihre Augen wie blaue Kristalle, ins Licht der Sonne gehalten, und ihre feuchte Nase berührte Wynn. So nahe war das von ihr ausgehende Licht unerträglich hell, und Wynn wandte sich von ihr ab.
    Chane füllte ihr Blickfeld.
    Wynn wich instinktiv vor ihm zurück, und dann starrte sie verblüfft.
    Sie erinnerte sich daran, dunkle Streifen gesehen zu haben, als sie ihre mantische Sicht in Pudúrlatsat zum ersten Mal beschworen hatte. Wie schwarze Schlangen waren sie aus Magieres lebendem Fleisch gekommen. Und Vordana, die wandelnde Leiche eines Zauberers, war durch und durch schwarz gewesen. Er hatte den Dunst des Geistes in seiner Nähe angezogen und in seine rabenschwarze Finsternis aufgenommen.
    Und Chane …
    Er war zu ihr gekommen, als Vordana sie in der Schmiede des Ortes in die Enge getrieben hatte. Sie hatte nicht gesehen, wie die Nebel des Elements Geist auch von ihm aufgenommen worden waren, aber er hatte ihr seine eigene Dunkelheit gezeigt, sodass es ihr schwergefallen war, ihn in der finsteren Schmiede zu sehen.
    Aber jetzt war er nur Chane.
    Es gab nichts Schwarzes an ihm, keine dunkle Kopie seines Körpers, auch kein geisterhaftes Duplikat des blauweißen Dunstes, der ihn durchdrang. Er sah genauso aus wie vor dem Beginn ihrer mantischen Sicht.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte er, ging in die Hocke und sah ihr in die Augen. »Hat es funktioniert?«
    Sein Erscheinungsbild, so völlig unberührt vom Geist, besorgte Wynn. Sie sah auf die linke Hand, mit der er sich am Boden abstützte.
    Der Ring fehlte.
    Wynn erinnerte sich nicht daran, dass Chane ihn abgenommen hatte. Und warum sollte er den Ring abnehmen, wenn er damit sein wahres Wesen vor der Majay-hì verbarg. Neue Übelkeit stieg in ihr auf, und sie hielt sich den Mund zu.
    »Ja, es … es hat funktioniert«, brachte sie hervor.
    Das doppelte Bild der Welt machte sie schwindelig, und Wynn fragte sich, ob sie in diesem Zustand irgendetwas erkennen konnte, als sie den Blick auf die Schriftrolle richtete.
    Sie war nicht mehr vollkommen schwarz.
    Die Schicht aus alter Tinte, die fast bis zu den Rändern reichte, war von einem vagen Blauweiß durchzogen. Was auch immer die Worte bedeckte, es war eine natürliche Substanz, die selbst nach all der Zeit noch Spuren des elementaren Geistes enthielt.
    Und in den Resten aus bläulichem Weiß zeichneten sich schwarze Zeichen ab, denen das Element Geist völlig fehlte.
    »Ich kann die Schrift erkennen«, hauchte Wynn.
    »Was ist es?«, fragte Chane.
    »Sumanisch«, flüsterte Wynn und versuchte, nicht zu würgen. »Altsumanisch … glaube ich.«
    Aber die verschnörkelten Zeichen waren nicht wie die in den anderen Texten niedergeschrieben. Kurze Zeilen begannen an einem breiten rechten Rand, verliefen von rechts nach links und endeten in unterschiedlichen Abständen vom linken Rand. Darüber hinaus war der Text in einzelne, unterschiedlich große Abschnitte unterteilt.
    »Es sieht nach einem Gedicht aus«, flüsterte Wynn. »Aber der Dialekt … Ich kenne ihn nicht.«
    Sie konzentrierte sich auf den Text, aber nur einige Worte erschienen ihr vertraut.
    »Kinder … zwanzig und sechs Stufen … zu verstecken … fünf Ecken?«, murmelte Wynn. »Zu verankern inmitten … der Leere.«
    Ihr Blick glitt über die Seite nach unten, und sie war enttäuscht darüber, dass sie nur wenig übersetzen konnte. Die schwarzen Schriftzeichen verschwammen kurz vor ihren Augen.
    »Verzehrt das eigene … vom Berge unter … der Stuhl eines Herren Gesang?«
    Erneut verwischten sich die alten Zeichen, und Wynn fühlte sich von neuer Übelkeit erfasst.
    »Mein Tagebuch«, stöhnte sie und beugte sich vor. »Gib mir etwas, damit ich das hier aufschreiben kann, schnell!«
    Drei mühevolle Atemzüge später spürte sie, wie Chane ihre Hand hob und ihr einen Federkiel zwischen die Finger drückte. Sie hob den Kopf, als er ein leeres Blatt neben die Schriftrolle legte. Wynn begann zu schreiben, ohne einen weiteren Versuch des Lesens, und Chane lenkte ihre Hand jedes Mal, wenn der Federkeil neue Tinte brauchte. Ihre Sicht musste klar bleiben, damit sie sicher sein konnte, jedes Wort richtig zu schreiben.
    Mit den »Kindern« mussten jene gemeint sein, von denen sie in den

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