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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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an.
    Als sie die neue Bibliothek auf der nordöstlichen Seite erreichten, half Chane ihr hoch. Wynn schaute durchs nächste Fenster, und im Licht der Kaltlampen an den Wänden sah sie niemanden bei den Regalen. Sie kletterten hinein, und drinnen spähte Wynn ums Ende der Regalwand. Niemand zu sehen. Als sie sich umdrehte, las Chane die Texte auf den Buchrücken.
    Sein Gesicht zeigte dabei nicht nur Ehrfurcht, sondern auch Schmerz. Oder war es Sehnsucht?
    Wynn fragte sich, was er zu seinen Lebzeiten gewesen war. Ein Gelehrter? Oder nur ein weiterer verwöhnter, nutzloser Adliger? Vielleicht beides. Nach ihrer Entdeckung von Chanes wahrer Natur hatten sie kaum über seine Vergangenheit gesprochen.
    »Hier entlang«, flüsterte sie.
    Er blinzelte, als erwachte er aus einem Traum, und das Staunen wich aus seinen Zügen. Der Schmerz blieb etwas länger. Er nickte, und sie schlichen durch die Bibliothek zur Treppe.
    Bei jeder Biegung und bei jeder Tür blieb Chane ein wenig zurück und wartete, während Wynn feststellte, ob die Luft rein war. In ihrer alten Elfenkleidung sah sie natürlich verdächtig aus, aber man hielt sie ohnehin für seltsam.
    Der Weg zur großen Doppeltür schien besonders lang zu sein.
    Der Eingang war leer, aber Wynn hörte Stimmen vom Gemeinschaftsraum. Vorsichtig öffnete sie den linken Türflügel und blickte in den Hof, der ebenfalls leer war, damit aber keinen willkommenen Anblick bot.
    Wo war Schatten? Hatte sie es nicht geschafft, aufs Gelände der Gilde zu gelangen?
    Wynn fragte sich voller Sorge, wie sie die Majay-hì finden sollte. Dann bewegte sich ein Schemen in der linken Ecke auf der anderen Seite des Hofs. Wynns Hand schloss sich fester um den Stab.
    Der Schemen glitt an der Zisterne am Ende des Wohnheims vorbei. Zwei helle Augen leuchteten kurz im Licht von zwei Fackeln, die in eisernen Halterungen an den Wänden des Wachhaustunnels steckten.
    Schatten trat ein wenig mehr aus der Dunkelheit und stellte die Ohren auf, als sie über den Hof blickte. Erleichterung durchströmte Wynn.
    Sie wich etwas zurück und winkte Chane zu, und dann gingen sie beide los, die Kapuzen weit über den Kopf gezogen. Sie eilten über den Hof, und Wynns Anspannung wuchs, als sie den Wachhaustunnel passierten. Schatten wartete bei der Tür des Wohnheims. Wynn vergewisserte sich, dass sich niemand auf der Treppe oder oben im Flur befand, und daraufhin brachten sie das letzte Stück des Weges zu ihrem Zimmer hinter sich.
    Dort angekommen schloss Wynn die Tür hinter ihnen, atmete auf und holte ihren Kaltlampen-Kristall hervor. Sie rieb ihn, und in seinem Licht ließ Chane seinen Blick über das Durcheinander aus Federkielen, Tagebüchern und Papier auf dem Tisch schweifen. Wynn konnte noch immer kaum glauben, dass sie sich in ihrem Zimmer befanden, alle drei. Was Chane betraf … Er hatte einiges zu erklären.
    »Ich muss verrückt sein«, sagte sie. »Die Premins und Domins halten mich bereits für übergeschnappt, wegen meiner Warnungen vor Untoten. Jetzt habe ich einen in meinem Zimmer.«
    Chane sah sie an. Er warf ihr ihr nicht vor, einen schlechten Scherz gemacht zu haben, schüttelte einfach nur den Kopf.
    »Sie sind die Verrückten. Weil sie deine Erfahrung bei diesen Dingen außer Acht lassen. Wenigstens denkst du unabhängig. Ich hätte von den Weisen an diesem Ort mehr erwartet. Tilswith war geistig weitaus agiler.«
    »Ich vermisse ihn«, sagte Wynn.
    Chane berührte ein leeres Blatt auf dem Tisch. »Ich auch, manchmal.«
    Wynn beobachtete, wie er mit einer blassen Fingerkuppe über einen Federkiel strich. Wie sehr steckte er doch voller Widersprüche. Schatten sprang aufs Bett und ließ sich dort nieder. Alles im Zimmer sah genau so aus, wie Wynn es zurückgelassen hatte.
    Neu waren nur der Vampir und die Majay-hì.
    Und die Schriftrolle.
    Wynn stellte den Stab in die Ecke und legte den Mantel ab. »Die Notizen, die ich mir heute gemacht habe, liegen auf dem Tisch. Stell fest, ob du etwas damit anfangen kannst, während ich alles vorbereite.«
    »Ich verstehe das Begaine-Syllabar nicht besonders gut«, erwiderte Chane und nahm das Tagebuch.
    »Bei einigen Notizen habe ich numanische Buchstaben verwendet. Kannst du die lesen?«
    »Ich denke schon. Tilswith hat mich mit der numanischen Schrift vertraut gemacht, und Welstiel lehrte mich die numanische Sprache, während wir unterwegs waren. Hier in dieser Stadt habe ich noch mehr gelernt.«
    Wynn kannte sich mit Sprachen besser aus – solche

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