Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)
Metaologie, Metaphysik und so weiter. Es bedeutet, dass er sich auch mit Magie beschäftigt.«
Sie erreichten den Hof, und dort wartete Rodians weiße Stute beim Tor. Sie war nicht einmal angebunden und wieherte, als sie den Hauptmann sah.
»Ein hübsches Pferd«, sagte Wynn, als sie sich näherten. Sie hob die Hand und strich der Stute übers samtweiche Maul. »Und so sanft.«
»Es sei denn, ich werde bedroht.« Rodian klopfte dem Pferd auf den Hals. »Dann wird sie wild. Ihr Name lautet Schneevogel. Ich habe sie selbst abgerichtet.«
Sein Gesicht verwandelte sich in eine Maske, als ihm klar wurde, dass er etwas Persönliches preisgegeben hatte. Wynn wusste, dass er sie nicht gebeten hatte, ihn zu begleiten, weil er über Herzogin Reine oder sein Pferd sprechen wollte. Sie wartete geduldig.
»Aus welchem Grund seid Ihr wirklich zu Meister a’Seatts Skriptorium gegangen?«, fragte Rodian schließlich.
Wynn wusste nicht recht, wie sie antworten sollte. Bisher war sie bei ihrer Lüge geblieben, wonach ihre Absicht nur darin bestanden hatte, der trauernden Imaret einen Besuch abzustatten. Aber inzwischen schien der Hauptmann genug zu wissen, um diese Erklärung in Zweifel zu ziehen.
»Um herauszufinden, was wirklich mit Jeremy und Elias geschehen ist«, sagte sie.
»Ihr glaubt also, dass die beiden Morde und der Einbruch mit dem Projekt der Gilde in Zusammenhang stehen?«
»Ja«, bestätigte Wynn.
»Dann helft mir«, sagte Rodian. »Selbst wenn Ihr über den Inhalt der Folianten nicht Bescheid wisst – was habt Ihr von den Fernländern mitgebracht?«
Wynn starrte ihn an und erinnerte sich an das so harmlos wirkende Gespräch während des Ritts zurück zur Gilde. Du hinterlistiger Mistkerl , dachte sie.
Deshalb hatte er ihr all die Fragen über Weise, Reisende und Aufträge gestellt. Es war keine höfliche Konversation gewesen, sondern der Versuch, mehr herauszufinden.
Wynn wandte sich von Schneevogel ab.
»Ich bin vor allem der Gilde verpflichtet«, sagte sie kühl. »Daher fühle ich mich auch an die mit der königlichen Familie getroffene Verschwiegenheitsvereinbarung gebunden. Aber ich habe andere Informationen, die Ihr bekommen solltet.«
»Und die wären?«, fragte Rodian.
»Jeremy arbeitete ohne das Wissen der Gilde für einen Geldverleiher, der im Mittelpunkt einer Ermittlung des Generalanwalts stand.«
Der Ärger über die Enttäuschungen dieses Morgens verschwand aus Rodians Gesicht.
Er schüttelte langsam den Kopf. Wynn vermutete, dass er als Kommandeur der Stadtwache von dem genannten Fall wusste, ihn bisher aber nicht mit dieser Angelegenheit in Verbindung gebracht hatte.
Rodian klopfte Schneevogel noch einmal auf den Hals und deutete dann zur steinernen Sitzbank auf der linken Seite. Wynn folgte dem Hauptmann, nahm neben ihm Platz und wiederholte, was Nikolas ihr über Selwyn Midton und die gefälschten Kontobücher erzählt hatte. Rodian hörte aufmerksam zu.
»Warum habt Ihr mir das gestern nicht gesagt?«, fragte er.
»Weil ich es erst gestern Abend erfahren habe. Bitte lasst Diskretion walten. Selbst Euch dürfte klar sein, dass die Gilde dadurch in Verruf geraten könnte.«
»Selbst ich?«, erwiderte er, ging aber nicht weiter darauf ein. »Von wem wisst Ihr das?«
Wynn schüttelte den Kopf. »Das kann ich Euch nicht sagen.«
Neuer Ärger zeigte sich in Rodians Gesicht.
»Das ist noch nicht alles«, sagte Wynn.
Sie wusste nicht genau, wie sie beginnen sollte, denn Herzogin Reine hatte eine der beteiligten Seiten erwähnt.
»Kennt Ihr Baron Twynams Sohn Jason?«
»Warum?«, fragte Rodian vorsichtig, was Wynn für ein »Ja« hielt.
»Er und Elias umwarben dieselbe junge Frau, eine Kaufmannstochter namens Elvina. Eines Abends stellte Jason Elias zur Rede und drohte, ihn zu töten, wenn er sich nicht von Elvina fernhielt. Ich glaube, Elias war an dem Abend, als er starb, mit ihr verabredet.«
Rodian sah sie groß an. »Wo habt Ihr das gehört?«
Wynn schüttelte erneut den Kopf. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Ihr mit diesen Informationen etwas anfangen könnt. Was Ihr damit anstellt, bleibt Euch überlassen, aber denkt daran, diskret zu sein. Andernfalls könnt Ihr keine weiteren Hinweise von mir erwarten.«
Wynn stand auf und ging über den Hof, ohne dass der Hauptmann sie daran hinderte.
Rodian musste allen möglichen Spuren nachgehen, aber die königliche Familie hatte ihn davor gewarnt, die Weisen unter Druck zu setzen.
Wynn versuchte, rational zu bleiben. Sie
Weitere Kostenlose Bücher