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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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Eingangsraum des Skriptoriums.
    Wynn hielt unwillkürlich den Atem an. Das war … Chane.
    Das letzte Mal hatte sie ihn in den Fernländern gesehen, in der Gesellschaft von Welstiel, Magieres untotem Halbbruder. Eine halbe Welt entfernt in den Pockenhöhen, in der Bibliothek von Li’käns Burg, hatte er versprochen, ihr nicht zu folgen.
    Er hatte es versprochen. Und doch: Hier war er und hielt einen Folianten in der Hand.
    Wynn starrte verwirrt.
    Es war unmöglich. Die Art und Weise, wie die Opfer gestorben waren … das passte nicht zu ihm. Andererseits hatte Chane Welstiel lange Zeit begleitet. Und Welstiel war von Ubâd ausgebildet worden, dem Nekromanten, der Magieres unnatürliche Geburt vorbereitet hatte.
    Welstiel war ein Beschwörer. Als Edler Toter hatte er viele Jahre Zeit gehabt, seine Fähigkeiten zu verfeinern. Und was mochte Chane, selbst ein Beschwörer, von Welstiel gelernt haben?
    Wynns Gedanken rasten in verschiedene Richtungen, und überall fanden sie Chane.
    Sie erinnerte sich an Geister, wandelnde Leichen und Körperteile, die in Ubâds Versteck in trüben Flüssigkeiten schwammen. Chane war ebenfalls dort gewesen und hatte versucht, sie zu retten, aber wenn sie jetzt daran zurückdachte …
    Plötzlich hatte sie einen sehr bitteren Geschmack im Mund.
    Er war es. Chane hatte die Weisen umgebracht … die Mitglieder ihrer Gilde.
    Plötzlich klemmte er sich den Folianten unter einen Arm, und in der Dunkelheit erschien eine lange silberne Linie vor ihm.
    Wynn begriff sofort, dass er sein Schwert gezogen hatte. Aber auf wen zeigte die Klinge? Er schaute nicht in ihre Richtung, sondern zur anderen Seite. Sie wandte den Blick nach links, zur anderen Ecke des Ladens.
    Eine schwarze Gestalt geriet dort in Sicht.
    Wynn riss die Augen auf, und ihr Blick folgte dem Fremden. Dann zuckte sie plötzlich zusammen.
    Chane sah sie an. Auch seine Augen wurden groß, aber seine Aufmerksamkeit kehrte sofort zu der schwarzen Gestalt zurück.
    Ein Ruf hallte über die Straße.
    »Hinein!«
    Ein starker Arm packte Wynn von hinten und hob sie vom Boden.
    Chane hörte draußen die Stimme eines Mannes und dann einen Schrei von Wynn.
    Er sah zum Fenster, doch in der schmalen Lücke zwischen den Fensterläden zeigte sich kein Gesicht mehr. Und die schwarze Gestalt kam direkt auf ihn zu, zwang ihn zum Rückzug.
    Chane dachte nicht einmal daran, mit seinem Schwert auszuholen. Die Klinge ausgestreckt wich er zur Tür zurück und versuchte, das Gesicht unter der Kapuze zu erkennen.
    Die Gestalt zögerte. Galt ihr Blick dem Schwert? Dann sprang sie vor, und Chane schlug zu.
    Die Spitze des Schwerts schnitt in den Bauch des Fremden.
    Chane spürte keinen Widerstand – es fühlte sich an, als würde die Klinge durch leere Luft gleiten. Er war so überrascht, dass er die Balance verlor. Die Klinge prallte gegen den Türrahmen, und im gleichen Moment schoss die von schwarzem Stoff umhüllte Hand der Gestalt nach vorn. Instinktiv hob Chane das Heft des Schwerts, um den vermuteten Schlag mit nach oben geneigter Klinge abzublocken.
    Die schwarze Hand glitt durch den Stahl und drang ihm in die Brust.
    Kälte breitete sich in ihm aus, und mit ihr kam Schmerz. Die Kälte war so intensiv, dass sie zu brennen schien. Etwas nagte an ihm, tief in seinem Innern.
    Schwäche erfasste ihn, und Chane spürte, wie seine Knie weich wurden. Plötzlich hörte er ein dumpfes Stöhnen, aus dem schnell ein schrilles Heulen wurde, das in seinen Ohren Schmerz erzeugte.
    Die schwarze Gestalt riss ihre Hand aus Chanes Brust und hob zitternde Finger – sie schien die gleiche schreckliche Kälte zu spüren.
    Chane taumelte und stieß mit der Schulter gegen die Tür.
    Ein Zischen fuhr durch den Laden.
    Das Geräusch schien aus allen Richtungen zu kommen, als sich die Finsternis unter der Kapuze der zitternden Hand zuwandte. Ihre Finger zuckten, und die Hand wich durch den Tresen zurück. Dann drehte sich der Kopf der Gestalt wieder, und Chane fühlte den Blick von Augen auf sich gerichtet, die unter der Kapuze verborgen blieben.
    Außerdem fühlte er, wie die Kälte aus ihm wich und seine Kraft zurückkehrte.
    Er wusste nicht, was gerade geschehen war, aber es schien nicht das gewesen zu sein, was der Angreifer erwartet hatte. Als die Hand seinen Körper verlassen hatte, war die Schwäche verschwunden. Der Fremde schien versucht zu haben, seine Kraft aufzunehmen, doch offenbar war ihm das nicht gelungen.
    Bei jenem kurzen Kontakt hatte Chane das Fehlen von

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