Dhampir
ihnen abspielte.
Welstiel stand voller Anspannung da und fasste sich mühsam in Geduld.
Vielleicht befand sich die Burg direkt vor ihnen. Das Ende dieser abscheulichen Existenz konnte nahe sein.
17
Die Nacht zog sich dahin. Magiere ging neben Leesil und achtete darauf, dass Wynn in der Nähe blieb. Sie rief gerade genug von der Dhampir in sich wach, damit sie in der Dunkelheit sehen konnte. Doch ohne Mondschein fiel es ihr selbst mit erweiterter Sicht schwer, Einzelheiten in der Finsternis zu erkennen.
Leesil sprach nicht mehr über seine Mutter, und Wynn war so erschöpft, dass sie kaum plapperte. Die Anmaglâhk, insbesondere Sgäile, blieben in sich gekehrt und darauf konzentriert, das Ziel zu erreichen. Es gab nur einen Ort auf der Welt, wo man Magiere so akzeptierte, wie sie wa r – Miiska. Doch viele Meilen trennten sie von der Heimat.
Sie versuchte, weder an die Vision zu denken, die sie auf Nein’as Lichtung gehabt hatte, noch an die dunklen Flecken auf der Birkenrinde oder das, was sie in Crijheäiche erwartete. Stattdessen dachte sie an Leesil.
Er war der Fantasievolle von ihnen beiden, nicht sie. Nach Nein’as Kaltherzigkeit wollte Magiere, dass er sich irgendwo willkommen fühlt e – er sollte wissen, dass er zumindest sie hatte, für den Rest seiner Tage. Er erinnerte sie daran, dass es für sie beide in dieser Welt einen Platz gab, an dem andere darauf warteten, ihr Jawort zu hören. So nervig Leesil manchmal auch sein konnte, in diesem Punkt hatte er recht: Dies war nicht der richtige Zeitpunkt.
Seine Worte zeichneten ein Bild in Magieres Gedanken, und sie stellte sich eine Feier vor, mit Karlin, Caleb, der kleinen Rose und vielleicht auch Tante Bieja. Vor dem inneren Auge sah Magiere, dass Leesil sein Haar im Nacken zusammengebunden hatte und ein sauberes weißes Hemd trug, eins, das noch nicht so oft geflickt worden war.
Sie konnte es kaum abwarten.
Der Wald, durch den sie kamen, wirkte vertrauter, und Magiere bemerkte das matte Licht von Laternen zwischen den Bäumen. Sie kamen an einer riesigen Eiche vorbei, deren Stamm wie angeschwollen wirkt e – ein Wohnbaum.
»Wir sind nahe«, sagte sie.
»Oh, ich freue mich auf ein Bad und saubere Kleidung«, ächzte Wynn.
Fréth war die ganze Zeit über vor Leesil unterwegs gewesen und ließ sich nun zu Én’nish zurückfallen.
Magiere fand das seltsam. Dann sah sie, wie ihnen jemand entgegenlief, mal im Schein der Laternen erschien und dann wieder in der Dunkelheit zwischen den Wohnbäumen verschwand.
Sie erkannte Leanâlhâms gelbes Hemd. Das Mädchen lächelte und lief mit baumelndem Pferdeschwanz zu Sgäile. Er drückte es an sich, und Leanâlhâms Blick glitt über die Gesichter der anderen Wanderer, bis er Wynn fand.
»Ich bin so froh, dass sie dich gefunden haben«, sagte sie mit so großer Erleichterung, als wäre sie seit Jahren mit Wynn befreundet. »Urhkarasiférin meinte, du hättest dich im Wald verirrt, aber ich wusste, dass Sgäilsheilleache dich finden würde.«
Wynn lächelte müde.
Magiere wartete auf die Fragen des Mädchens. Doch als Leanâlhâm zu Wynn gehen wollte, schlang Sgäile den Arm etwas fester um sie und hielt sie zurück. Magiere wusste, dass er sie nicht von Wynn fernhalten wollte, sondern von ihr.
Sgäile richtete einige scharfe Worte auf Elfisch an Leanâlhâm, in deren Gesicht Enttäuschung und Schmerz erschienen. Sie wollte etwas erwidern, doch Sgäile kam ihr zuvor.
» Bârtva’na !«, zischte er und hinderte sie daran, Einwände zu erheben.
Magiere hatte Wynns elfische Übersetzungen gehört und erinnerte sich an dieses Wort. Sgäile forderte das Mädchen damit auf, ihm zu gehorchen. Leanâlhâm sah ihn mit unverhohlenem Ärger an.
»Er hat sie aufgefordert, zu ihrem Wohnbaum zurückzukehren«, sagte Wynn leise. »Sie soll nicht mit uns sprechen.«
»Und warum nicht?«, fragte Leesil.
Es war nicht richtig von Sgäile, das Mädchen so scharf zurechtzuweisen. Er wollte nicht, dass seine Cousine dem unnatürlichen Etwas zu nahe kam, das er in seiner Gruppe entdeckt hatte. Aber so besorgt er auch sein mochte, Sgäile konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass Magiere fähig gewesen wäre, Leanâlhâm etwas anzutun. Sie hatte ihr Wort gegeben und versprochen, über das Mädchen zu wachen, wann immer ihr das möglich war.
Sgäiles Besorgnis musste noch viel tiefer gehen, als Magiere bisher gedacht hatte.
Sie beobachtete die anderen Anmaglâhk. Bei den meisten von ihnen waren die Gesichter
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