Diablo III: Sturm des Lichts (German Edition)
darauf achtete, dass Tyrael nicht sehen konnte, was er in den Schatten hinter seinem Rücken verborgen hielt.
„Endlich haben wir einen Käfig gefunden für unseren Vogel mit den gestutzten Schwingen“, begann Balzael. „Ich hatte es dir doch versprochen, Tyrael, weißt du noch? Eigentlich hatte ich ja gehofft, du würdest hierher zurückkehren. Doch ich muss zugeben, ich war mir nicht sicher. Du bist wohl doch kein so elender Feigling. Du kamst sogar früher, als ich es erwartet hatte. Und du hast deine Freunde mitgebracht.“
„Löse meine Fesseln“, wiederholte Tyrael leise. „Dann zeige ich dir, wer hier der Feigling ist.“
Balzael lachte. „Wohl kaum. Obwohl ich es genießen würde, dich bluten zu lassen, Sterblicher. Du widerst mich an. Weißt du, was der Rat bei seiner letzten Sitzung entschieden hat? Du bist nicht länger ein Erzengel. Doch sie wissen einfach nicht, wie sie dich jetzt nennen sollen. Verräter vielleicht? Man wird dir den Prozess machen – falls du lange genug überlebst. Die Strafe für deine schändlichen Vergehen ist ohnehin der Tod. Wer könnte also etwas dagegen haben, wenn ich das Urteil schon ein wenig früher vollstrecke? Es würde nur Zeit und Mühe sparen.“
„Früher oder später kommt der Tod zu uns allen.“
„Zu allen Sterblichen, ja. Ich rieche deinen Gestank bis hierher. Du hast dich auf die Seite des Abschaums von Sanktuario gestellt. Und jetzt wirst du ihr Schicksal teilen.“
„Imperius weiß nicht, dass der Stein ihn manipuliert“, erklärte Tyrael. Der ehemalige Erzengel wurde der Spielchen des Luminarei allmählich überdrüssig. „Er manipuliert euch alle! Siehst du nicht die Verderbnis, die Dunkelheit, die sich in eurer Mitte immer weiter ausbreitet? Bald werden die Himmel fallen, und die Brennenden Höllen werden sich erheben und ihren Platz einnehmen!“
„Imperius ist nicht an deinen Theorien interessiert.“
„Hol ihn her. Was immer er mir sagen will, er soll es mir ins Gesicht sagen.“
„Imperius? Warum sollte er dich sehen? Er ist mit der Aufstiegszeremonie beschäftigt, und ich will ihn nicht wegen solcher Kleinigkeiten belästigen.“ Wieder lachte Balzael. „Du hast keine Ahnung, was wirklich vor sich geht, nicht wahr? Vielleicht bist du gar nicht so schlau, wie du vorgibst, kleiner Vogel. Vielleicht hat die Sterblichkeit schon deinen schwachen Verstand zerrüttet.“
Ein Schauder rann über Tyraels Rücken bei diesen Worten. „Imperius weiß gar nicht, dass ich hier bin?“, entfuhr es ihm überrascht. „Wenn nicht mein Bruder, wer steckt dann hinter alldem? Wer hat den Zerstörer auf uns gehetzt? Und die Kreaturen, die uns verfolgt haben?“
„Das geht dich nichts an“, entgegnete Balzael. „Doch ihr wart uns eine große Hilfe, indem ihr den Hort der Nephalem gefunden und die Tür für uns geöffnet habt. Jetzt ist es Zeit, dass deine Freunde zu Ende bringen, weshalb sie gekommen sind. Du hingegen wirst dich ihnen leider nicht mehr anschließen.“
Er holte hervor, was er hinter dem Rücken gehalten hatte, und warf es vor Tyraels Füße: Klirrend rollte der Kelch der Weisheit über den Stein, bevor er knapp außerhalb seiner Reichweite zu liegen kam. Trotz allem spürte der Erzengel, wie das Verlangen in seiner Brust emporstieg. Er fröstelte.
„Wir haben dich im Auge behalten“, erklärte Balzael. „Jetzt bist du ein Sklave des Kelchs. Und du wirst alles tun, um wieder in seinen Tiefen zu baden. Doch keine Sorge! Du wirst nicht mehr lange unter Entzug leiden. Denn ich fürchte, du und dein Freund hier, ihr werdet bei der Flucht aus den Himmeln getötet werden.“
Tyrael schluckte hart, doch was ihn noch mehr erschütterte, war, was der Luminarei zuvor gesagt hatte. Denn so sehr er sich auch dagegen sträubte, auf erschreckende Weise ergab es Sinn: Ihr wart uns eine mächtige Hilfe … Jetzt ist es Zeit, dass deine Freunde zu Ende bringen, weswegen sie gekommen sind . Ihre Suche nach den Katakomben, das Wissen, dass die Phantome sie belauerten … In jener Nacht in Neu-Tristram, als sie den Tavernengast getötet und Jacob ihr Mal eingebrannt hatten, bereits da hätten sie die Horadrim überwältigen können. Doch sie hatten sich zurückgezogen. Und dann die Schlacht in den Bergen, als sie zwischen den Bäumen über dem Berghang umhergeschwirrt waren, ohne anzugreifen. Warum hatten sie sich zurückgehalten?
Tyrael brachte ein grimmiges Lächeln zustande. „Was sollen sie zu Ende bringen?“
„Imperius und der Rest
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