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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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erreicht«, verkündete Brandon froh. Unter den niedrigen, verkrüppelten Ästen des Baumes machten sie es sich halbwegs bequem. Für den kühlenden Schatten nahmen sie auch das ohrenbetäubende Gekreisch der Zikaden direkt über sich in Kauf. Das karge Picknick bestand aus vier Müsli Riegeln und einer kleinen Flasche mit warmem, kohlensäurelosen Mineralwasser. Halb dösend hielten sie ihre kurze Siesta.
    »Hier unten müsste es so was wie den Kournas-See geben«, seufzte Brandon. »Ich glaub', ich würde den halben Tümpel leer trinken.«
    Auf ihrem Weg zur Westküste hatten sie einen kurzen Abstecher zu diesem einzigen Süßwassersee auf Kreta gemacht. Eingebettet zwischen hohen Bergen hatte plötzlich ein atemberaubendes Blaugrün gefunkelt, ein Naturschauspiel, welches erst in der glühenden Dürre dieses Tales seine wahre Schönheit offenbarte.
    »Was glaubst du eigentlich dort oben zu finden, das Goldene Vlies oder die Krone von König Midas persönlich?«, startete Heather einen eher halbherzigen Versuch, ihren Mann noch umzustimmen.
    Brandon hob lächelnd die Schultern. »Wer weiß? Off Road Touren sind voller Überraschungen.«
    Ein leises Rascheln direkt neben ihr ließ Heather zusammenzucken. Sie konnte gerade noch sehen, wie ein schmaler, etwa daumendicker, gelb braun gemusterter Körper unter einem Dornenstrauch verschwand. Mit angstverzerrtem Gesicht sprang sie aus dem Schatten heraus.
    »Eine Schlange!«, schrie sie entsetzt. »Direkt neben mir. Oh, mein Gott, eine Schlange!«
    Brandon nahm einen handtellergroßen Stein vom Boden und untersuchte vorsichtig die Stelle, an der seine Frau gerade noch gesessen hatte. Mit erhobenem Arm trat er geräuschvoll gegen mehrere Büsche, aber nichts bewegte sich. »Die Gefahr scheint gebannt«, sagte er bereits wieder lächelnd und schleuderte den Stein in hohem Bogen ins Unterholz. »Wahrscheinlich hat sich das arme Tier mehr erschreckt als du. Vielleicht war's ja auch nur ein vorwitziger Gecko.«
    Heather stemmte ihre Hände in die Hüften. »Nein!«, schrie sie immer noch mit zittriger Stimme. »Es war eine widerliche Schlange. Eine Schlange, hörst du? Aber du scheinst das alles ja wieder für einen besonders köstlichen Scherz zu halten. Du hättest dir das Biest sicher seelenruhig über den Bauch kriechen lassen, nicht wahr?«
    Brandon verdrehte die Augen hilfesuchend himmelwärts. »Nein, natürlich nicht«, stöhnte er. »Aber selbst wenn es eine Schlange war, so war sie sicher harmlos.«
    » Sicher! Wenn ich das Wort schon höre. Für dich ist ja alles so sicher . Genau wie die Gegenspur vor einer Bergkuppe.«
    Da die Ruhe nun ohnehin zerstört war, verließen sie ihr schattiges Lager und begannen, den Gegenhang zu erklimmen. Auch für Heather gab es nun kein Zurück mehr; angesichts der unerfreulichen Tierwelt verspürte sie wenig Lust dazu, allein unten im Tal auf die Rückkehr ihres Mannes zu warten.
    An seiner Basis stieg der Berg zuerst recht sanft an. Niedrige Büsche und Unkraut boten den Füßen ausreichend festen Halt. Erst im zweiten Drittel wich die Vegetation allmählich zurück und machte losem Geröll Platz. Jeder Schritt musste nun mit Bedacht gewählt werden. An einigen steileren Stellen pressten sich die beiden Wanderer notgedrungen eng gegen den Berg und schoben sich vorsichtig mit Händen und Füßen weiter nach oben. Bis auf ein paar Richtungsangaben sprach niemand ein Wort. Die Luft drang wie dichte, glühende Wolle in ihre Lungen; in der sengenden Hitze schien jede Bewegung die zehnfache Kraft zu erfordern. Ab und zu lösten sie zwar einige kleinere Steinlawinen aus, sie rutschten aber glücklicherweise nie mehr als einen halben Meter ab. Heather war daher auch mehr als erstaunt, als sie nach weniger als zwanzig Minuten die Höhlen direkt vor sich auftauchen sahen. Sie entdeckten fünf große Öffnungen, von denen sich einige nochmals zu unterteilen schienen. Einige der Löcher wirkten wie der geöffnete Rachen eines riesigen Ungeheuers. Brandon trat neben sie, mit hochrotem Kopf und schwitzend, aber über das ganze Gesicht grinsend. Sie war schon darauf gefasst, wieder eine von seinen typischen ›Na-siehst-du-alles-halb-so-wild‹-Bemerkungen zu hören. Stattdessen deutete er nur mit dem Kopf nach rechts. »Beruhigend zu wissen, dass wir nicht die einzigen Verrückten sind, die bei dieser Bullenhitze hier herumkraxeln.«
    Heather blickte in seine Richtung und sah sechs oder sieben magere Ziegen, die recht apathisch unterhalb der

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