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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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und Sex hatten, der aber nicht lange andauerte. Carsten war nicht in Form; um die Situation zu überspielen, verlagerte er seinen Körper nach unten und wollte Tatjana mit der Zunge befriedigen. Sie hob ihre Beine an und legte ihm die Schenkel über die Schultern, um ihm einen optimalen Zugang zu ermöglichen. Da sie die Augen geschlossen hatte, bemerkte sie nicht, dass Carsten im nächsten Moment das Blut aus dem Gesicht wich. Ihre Vagina, die er mit Daumen und Zeigefinger aufgezogen hatte, offenbarte ein schreckliches Geheimnis: Er blickte direkt in ein tickendes Uhrwerk hinein. Vor seinen Augen griffen in der Tiefe ihres Körpers winzige Zahnräder ineinander; ein metallisches Geflecht, das völlig lautlos, aber mit hoher Geschwindigkeit und Präzision in Bewegung war.
    Tatjana, die Augen noch immer geschlossen, gab ein tiefes Stöhnen von sich. Carsten gelang es, sich nichts anmerken zu lassen. Er erwog, ihr an die Kehle zu gehen und Antworten zu erzwingen … doch verwarf er den Gedanken wieder. Da es sich bei Tatjana um einen Roboter handelte, konnte er nicht davon ausgehen, dass die Androhung von Gewalt sie gefügig machen würde. Zum anderen war es wahrscheinlich, dass sie in Kontakt mit ihren Auftraggebern stand, und Carsten, wenn er sie angriff, den einzigen Vorteil verspielte, den er im Augenblick hatte – dass er nämlich die Mittel seiner Feinde nun besser kannte, als diesen bewusst war.
    Er verschwendete keine Zeit, sich zu fragen, wie es möglich war, dass er mit diesem Maschinenwesen viele Male geschlafen hatte, ohne seine wahre Natur entdeckt zu haben. Obwohl er Tatjana nicht wirklich geliebt hatte, empfand er den stechenden Schmerz in seinem Inneren, den der Verrat eines Verbündeten auslöste. Nun war niemand mehr da, der zu ihm hielt oder dem er vertrauen konnte. Alles in ihm verkrampfte sich, während die menschenähnliche Maschine mit der guten Figur durch Geräusche und Bewegungen den Eindruck erwecke, sie empfände einen Orgasmus.

    *

    Zwei Minuten später schlüpfte Tatjana aus dem Zimmer und ging duschen. Carsten versuchte in der Zwischenzeit, seinen Schock niederzukämpfen. Sie durfte ihm nichts anmerken!
    Später frühstückten sie noch gemeinsam. Die Maschine in der menschlichen Gestalt schien zu diesem Zweck eine heitere Stimmung erzeugen zu wollen, denn sie schaltete das Radio ein, trocknete sich demonstrativ vor ihm ab, warf dabei anzügliche Seitenblicke in seine Richtung und zog schließlich, als sie angekleidet war, mit einem energischen Ruck die Jalousie vor dem kleinen Kippfenster hoch, so dass grelles Sonnenlicht ins Zimmer flutete.
    Carsten schmierte derweil mit unbewegter Miene sein Toastbrot. Er antwortete einsilbig auf das, was Tatjana sagte. Das würde kein Misstrauen erregen, da er sie häufiger auf diese Weise abblockte, wenn er ihren Mitteilungsdrang bremsen wollte. So aßen sie größtenteils schweigend, während das Radio spielte und zwischen den Songs die Moderatoren schnatterten. Für zwei Toastscheiben mit Nutella und Marmelade benötigte Tatjana eine Ewigkeit. Ihre gerunzelte Stirn sollte ihm signalisieren, dass er ihr zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. Sie machte noch einen Versuch, ihn aus der Reserve zu locken, indem sie mit kummervollem Blick von ihrem Großvater erzählte, dessen Bauchspeicheldrüsen-Krebs in dieser Woche erstmalig bestrahlt werden würde. – Die Maschine spekulierte auf sein Mitgefühl! Carsten konnte die Wut, die in ihm kochte, nur mit übermenschlicher Anstrengung bezwingen.
    Einem Abschiedskuss konnte er ebenso wenig ausweichen wie ihren Händen, die streichelnd die seinen umfassten. Als sie endlich verschwunden war, begann sein Verstand auf Hochtouren zu laufen. Ihm war ganz plötzlich eine Idee gekommen, wie er die Situation zu seinem taktischen Vorteil nutzen könnte. Er ging davon aus, dass Tatjana ein Spion war, und zwar ein effektiverer als Eckart. Wahrscheinlich speisten die Verschwörer ihr Hauptwissen über Carsten aus den Informationen, die Tatjana ihnen zutrug. Wie jedes technische Gerät musste aber auch sie manipulierbar sein. Wenn es ihm nun gelänge, eine Fehlfunktion bei ihr herbeizuführen? Wenn er sie als Spion nicht außer Gefecht setzte, sondern stattdessen “zufällig“ so weit beschädigte, dass die Verschwörer durch sie keine brauchbaren Daten mehr erhielten?
    Carstens Herz hatte zu rasen begonnen. Ganz sicher würde er dadurch Zeit gewinnen. Eine solche Aktion würde in den Reihen seiner Gegner Verwirrung

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